argwan,
argwon
(beide Formen bis zum Ende der Epoche mit ungefähr gleicher Häufigkeit belegt), der
;-s/
–.1.
›Argwohn, Verdacht, Vermutung eines schuldhaften Verhaltens oder eines dadurch herbeigeführten Zustandes, Verdacht gegen jn.‹; vereinzelt mit deutlicher Handlungskomponente: ›Verdächtigung von jm.‹; auch metonymisch: ›Verdachtspunkt, Verdachtszeichen‹; offen zu 2 und 3.Bedeutungsverwandte:
bezicht
misdunken
suspicion
verdacht
verdächtigkeit
verdächtnis
verdenken
vermutung
zweifel
argwönigkeit
argwonung
Syntagmen:
oft mit Ellipse der Sache oder Person, auf die sich ein Verdacht richtet; (den) a. anrichten / anzetteln / aufschreiben / beweisen / benemen / hinlegen / verhüten, a.
(auf etw., in jn., auf jn., zu jm.
) haben, a. von wegen e. S. haben, a. an jn. legen, auf jn. werfen, auf jn. empfangen
; a.
(Subj.) auf jm. / in etw. liegen, aus etw. erfolgen, a. vor augen sein
; dem a. folgen
; jn. auf a. richten / enthaupten, jn. von a. wegen zu tod schlagen, jn. aus a. brengen, in a. kommen, in a. auf jn.
(auch: sich
) sein, jm. etw. von a. zulegen
; blosser / falscher / grosser / schlechter / zweifellicher a.
; a. der missetat / verwechslung (des kindes) / liebe, a. des diebstals
; ane (allen) a.
(Rechtsformel: ›unverdächtig‹).Belegblock:
Luther, WA
30, 3, 233, 2
(1530
): das man solt schlechtem argwahn und bosem duͤnckel odder auch boͤsen meulern [...] folgen.
Kohler u. a., Bamb. Halsger.
27, 3
(Bamb.
1507
): wo wir nachmals redlich anzeigung melden, da woͤllen wir alwegen redliche warzeichen, argkwan vnd verdacht auch gemeint haben vnd damit uͤbrige woͤrtter abschneiden.
Kohler u. a., Peinl. GO Karls V.
15, 1
(o. O. 1532
): so der cleger den argkwon der missethatt bewiesenn hat.
Sachs
13, 504, 23
(Nürnb.
1558
): Köng Alexander [...] | [...] | Hat Philotam, mein lieben sun, | Unschuldig lassen richten nun | Allein auff ein blossen argwahn, | Samb er sich unterstanden han, | Ein bund in seinen todt zu schwern.
Vetter, Pred. Taulers
399, 14
(els.
, 14. Jh.
): Diser neigunge sol man allewegent in eime argwone sin uf sich selber.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
2, 3, 13
(Straßb.
1466
): bei der hebreischen kierchen paulus wart gehabt in falschem argwone als ein zustoͤrer dez geseczes.
Fuchs, Murner.
4
Ketzer 280 (˹wohl Straßb.
˺ 1509
): Ich glaub es selber nit do bey, | Doch ist argwon des zolles frey.
Koller, Ref. Siegmunds
143, 2
(Augsb.
, um 1440
): sol ain pischoff sein pfaffhait umb kain gelt straffenn, wann darinn ligt vil arckwan.
Henisch
107
(Augsb.
1616
): Argwohn wirckt zorn. [...] Dem argwohn gehoͤrt ein beil. Argwohn ist kein beweiß. Ein gut gewissen darff keines sorgens noch argwohns. Ein fromb glaubig hertz / soll sich nicht allein fuͤr boͤser that / sondern auch fuͤr boͤsem argwohn vnd leumund huͤten.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
168, 33
(moobd.
, 1478
/81
): Umb diss argkwans willen eilt er in seinem gähen zorn haim.
Wolf, Norm im sp. Ma.
30, 12
(oobd.
, 1486
): das dy eefrauen solchs alters sein, das von jn kain arckwan mag enspringen.
Leidinger, V. Arnpeck
515, 31
(moobd.
, v. 1495
): di frauen liess er enthaubten in seinem gahen zoren durch ainen arkbon, den er het zu ainem frumen ritter.
Winter, Nöst. Weist.
3, 564, 25
(moobd.
, 1628
): und sich das authographum [...] in ernannt unserm archivo [...] unversehrt ohne allen argwohn befunden.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch
5118
; Allg. Schau-Buͤhne
34, 25
; Thiele, Minner. II,
15, 205
; Chron. Nürnb.
2, 283, 24
; 4, 119, 7
; Kohler u. a., a. a. O.
11, 2
; 73, 3
; Corr. 267, 21
; Dies., a. a. O.
5, 4
; 35, 4
; 61, 3
; v. Birken. Erzh. Österreich
83a
, 20; Harsdoerffer. Trichter
3, 128
; Bihlmeyer, Seuse
484, 9
; Rennefahrt, Staat/Kirche Bern
97, 11
; Kottinger, Ruffs Etter Heini
15, 67
; Bächtold, N. Manuel
193, 1681
; Lauater. Gespaͤnste
27r
, 16; Sappler, H. Kaufringer
4, 79
; 9, 201
; Chron. Augsb.
2, 70, 24
; 308, 23
; 4, 109, 8
; 130, 6
; 251, 6
; 8, 89, 10
; 9, 381, 5
; Barack, Zim. Chron.
3, 477, 9
; Karnein, de amore dt.
74, 21
; 97, 6
; 162, 287
; Leidinger, a. a. O.
528, 32
; Turmair
4, 322, 5
; Fischer, Eunuchus d. Terenz
36, 12
; Mell u. a., Steir. Taid.
28, 25
; Voc. inc. teut. b IIIv;
Voc. Teut.-Lat. b VIIr;
Dasypodius
290v
; Schöpper
63b
; Maaler
25r
; 29r
; 222v
; Rot
307
; 319
; 354
; Henisch
106
-107 (hier viele Sprichwörter); Dietz, Wb. Luther
114
; Rwb
1, 817
.2.
›bösartige, feindselige Haltung, Haß von jm. gegen jn.‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. abgunst
abkust
akust
anfärung
arglist
argwönigkeit
Belegblock:
Luther. Hl. Schrifft. 1. Tim.
6, 4
(Wittenb.
1545
): Wortkriegen / aus welchen entspringet / Neid / Hadder / Lesterung / böse Argwahn.
Ebd. Sir.
37, 11
: HAlt keinen Rat mit dem / der ein argwon zu dir hat / Vnd nim nicht zu Rat / die dich neiden.
Vetter, Pred. Taulers
13, 31
(els.
, 14. Jh.
): daz ist der vigent der vichtet dich an mit arghertzikeit, mit bittern gedenken, mit argwan, mit urteil, mit hasse und roche.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
2, 221, 4
(Straßb.
1466
): von den do werdent geborn neyd krieg spot vbel arckwon.
Henisch
107
(Augsb.
1616
): Hoffart / zorn / grim̃ vñ argwohn / richten nichts guts an. [...] Wo lauter murren / gruntzen vnd argwohn ist / da wohnt der Teuffel.
Sermon Thauleri 9ra,
18
.3.
›Mißtrauen, Zweifel, Unsicherheit hinsichtlich eines Tatbestandes, Befürchtung von etw.‹.Bedeutungsverwandte:
verdacht
zweifel
abwank
Syntagmen:
ane a.
(Bestätigungsformel in Rechtstexten).Belegblock:
Thiele, Minner. II,
10, 162
(Hs. ˹nalem.
/sfrk.
, 1470
/90
˺): herr, wissent das an argwan: | nyemant stirbt e sinr zitt.
Sachs
13, 401, 11
(Nürnb.
1558
): das ich an dem ort | Hab sein getrewe lieb verletzt, | In ein argwan und zweiffel gsetzt.
Bihlmeyer, Seuse
229, 26
(alem.
, 14. Jh.
): so ich allein einen arkwan hab, daz du von minen verschulten gebresten din antlút habest unwertlich von mir gewendet.
Fuchs, Murner.
4
Ketzer 2453 (˹wohl Straßb.
˺ 1509
): „Das du gaͤntzlich habst kein argwon, | Syh zuͦ“ / sprach er / „das sacrament | [...] | Das ist mein suͦn [...]“.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen
161, 7
(halem.
, 1430
): den sol inen die herrschaft bestaͤttigen allein ein iar [...] oͧch aͧne argwan.
Rieder, St. Georg. Pred.
195, 26
(Hs. ˹önalem.
, 1387
˺): daz ist im tôgen und waiss es nit won von argwan
[›etw. auf Verdacht wissen‹ als Gegensatz zu
etw. für war wissen].
4.
›Aberglaube‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. abglaube
aberglaube
Belegblock:
Winter, Nöst. Weist.
4, 141, 15
(moobd.
, 1670
): ist eine zeit hero in zauberischen sachen ein großer argwohn und fantessei bei villen eingeschlichen.