1
anliegen,V., unr. abl.;
zu
mhd.
(-)ligen
›liegen‹
(Lexer
).1, 1915
1.
›auf etw. aufliegen; auf etw. angesetzt, gerichtet sein‹.Belegblock:
Froning, Alsf. Passionssp.
6381
(ohess.
, 1501ff.
): Nu stich, herre! iß ist zyt; | das spere gar eben anlyt.
Luther. Hl. Schrifft.
2. Mose 28, 28
(Wittenb.
1545
): man sol das Schiltlin mit seinen Ringen / mit einer gelen Schnur an die ringe des Leibrocks knüpffen / das es auff den künstlich gemachten Leibrock hart anlige.
Ebd.
2. Mose 39, 21
.2.
›an etw. angrenzen, anstoßen‹.Bedeutungsverwandte:
anstossen
abwanden
anwanden
Belegblock:
Maaler
23v
(Zürich
1561
): Anligen/anstossen. Adiacere.
Rwb
1, 687
.3.
als Part. Präs., meist als Attribut zu gut
, auch substantiviert: ›liegend, unbeweglich‹ im Gegensatz zu farend
; anliegendes gut
›Liegenschaften‹.Oobd.; rechts- und wirtschaftsgeschichtliche Texte.
Belegblock:
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
219, 37
(moobd.
, 1538
): das durch die gelter auf anligundts und vahrendts verpot geschechen.
Winter, Nöst. Weist.
3, 838, 27
(moobd.
, 1553
): wer im burkfridt nicht anligunts hat.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
512, 28
(m/soobd.
, 15. Jh.
): ainem solhem sol sein anligund guet durch die nachperschaft geschätzt werden.
Ebd.
44, 16
; Rwb
1, 687
.4.
›jm. anhängen, nachfolgen; zu js. Partei zählen‹.Bedeutungsverwandte:
anhangen
Belegblock:
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
10, 298, 1
Var. (Straßb.
1466
; Augsb.
um 1475
/80
): den andronicum vnd menelaum setzte er in gazarim die do swerlicher sich nehenten
[Var. Z-Sa:
anhiengen oder anlagen]
den burgern wann die andern. Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
27, 11
(tir.
, 1464
): Es ist gar gut anligen dem hẽrren’ vnd wandern, als er gewandert hat.
5.
›mit jm. mittun, zusammenarbeiten, sich an etw. beteiligen; an etw. beteiligt sein‹.Belegblock:
Baumann, Bauernkr. Rotenb.
47, 23
(nobd.
, 1525
): wo sie nit mit in anligen, wöllen sie in leyb und gut nemen.
Müller, Nördl. Stadtr.
480, 24
(schwäb.
, 1485
/95
): Ir soͤllend auch die hab, die ew zu verkoufen fuͤrgelegt [...] wirdet, ew selbs nit koufen noch mit niemad in koufen anligen.
Chron. Augsb.
4, 223
Var. (schwäb.
, 1529
): so sie am gwin anligen und tailhefftig sind, legen sie am verlust auch billich an.
Ebd.
9, 326, 19
(1536
): so mueßt (jeder), welcher anlag mit der zunft, die gantz zech geben.
v. d. Broek, Spiegel d. Sünders
262, 20
(Augsb.
1476
): Wiltu ab’ mit im anligẽ zegewin vñ zuͦuerlust so magst du auch wol ein gedinge mit im machen.
Müller, a. a. O.
187, 11
; Chron. Augsb.
4, 223, 15
; 9, 316, 9
; Schwäb. Wb.
1, 236
; Rwb
1, 687
.6.
›jn. anheuern, zur Dienstleistung gewinnen‹.Belegblock:
Müller, Welthandelsbr.
299, 12
(schwäb.
, 1514
/15
): wer in India will senden, der mueß vor urlaub des rex haben oder mit leuten anligen, die solhs urlaub vor über komen haben.
Ebd.
105, 9
.7.
›e. S. obliegen, eifrig nachgehen‹.Bedeutungsverwandte:
anhalten
obliegen
abwarten
anziehen
Wortbildungen:
anliegung
Belegblock:
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
7, 2, 4
(Straßb.
1466
): dem gebot hab ich angelegen alz ich mocht.
Sexauer, Schrr. in Kart.
230, 19
(nöst.
, v. 1450
): sullen die zeit. di zwischen der tercz vnd sext ist. irem gepet anligen.
Ebd.
222, 4
; Maaler
23v
; Schweiz. Id.
3, 1210
; Rwb
1, 687/8
.8.
›jn. dringend ersuchen, angelegentlich bitten, mit einem Anliegen an jn. herantreten‹.Bedeutungsverwandte:
anmuten
ansinnen
anbitten
ankommen
anleinen
Belegblock:
Gille u. a., M. Beheim
82, 591
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): sie [Maria] im nit vast anlag | mit fragen, als dann uber tag | dy andern muter fragen.
Sachs
15, 478, 37
(Nürnb.
1562
): Ob gleich sein freundschafft, weib und kind | Ihn bitten und anligen sind.
Sachs
16, 223, 35
(Nürnb.
1557
): Die landschafft der fürstin anlag, | Daß sie wider heyraten thett.
Hohmann, H. v. Langenstein. Untersch.
4, 63
(moobd.
, 1. H. 15. Jh.
): daruͤmb sew also lang andaͤchtichleichen sint angelaͤgen got.
Drescher, Hartlieb. Caes.
61, 10
(moobd.
, 1456
/67
): das er dem appt an ligend was umb erlaubnũsz einer abnemung der selben pfrũnd an seinem leib.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
30, 18
; Thiele, Minner. II,
31, 568
; Altmann, Wind. Denkw.
81, 22
; Baumann, Bauernkr. Oberschw.
67, 27
; Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
137, 16
; Leidinger, A. v. Regensb.
609, 22
; Schwartzenbach
B vv
; Schwäb. Wb.
1, 236
; Rwb
1, 687
.9.
›jm. am Herzen liegen, angelegen sein‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. angehen
Wortbildungen:
1
anlieger
Belegblock:
Chron. Mainz
1, 374, 33
(rhfrk.
, 15. Jh.
): uwer schriber, den wir aller dieser unfruntlichen sachen einen trechter und anlieger halten.
Luther, WA
30, 3, 210, 28
(1530
): da ligt mir nicht an
[ral.: ›darauf kommt es mir nicht an‹].
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 317, 7
(Hagenau
1534
): Wem ein ding angelegen unnd ernst ist / der bedarff für wort nicht sorgen.
Roloff, Brant. Tsp.
814
(Straßb.
1554
): Gsell mir ligt schwerlich etwas an | Das ich dir nie geoͤffnet han.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
193, 13
(oobd.
, 3. Dr. 15. Jh.
): wiewol im doch der zug gen Vngern am maisten anlag, und mocht doch seinen willen nicht erstrecken.
Chron. Augsb.
9, 361, 10
; Dietz, Wb. Luther
1, 91
.10.
›jn. belasten, bedrücken, bedrängen, schwer auf jm. lasten‹; oft als Part. Präs., dann: ›belastend, bedrückend, schwer‹; oft substantiviert (-s/-Ø
), dann: ›Bedrängnis, Not, Last‹.Bedeutungsverwandte
zur subst. Verwendung: bekümmernis
beschwerde
1
beschwerung
gebrest
krankheit
not
die
) 1, pein
Syntagmen:
jm.
(e. P.
) /etw.
(z. B. der kirche, dem land, dem reich
) etw.
(z. B. angst, furcht, not
[häufig], nötliches, gebrechen, siechtum, tod
) anliegen
oder (vorwiegend bei sachlichem Obj.) anliegend sein, jm. etw. schwerlich a.
; anliegende not
(häufig) / gebreste.
Zum Subst.: das a. anzeigen
; a.
(Subj.) meren sich
; im a. beten, jm. im a. beiständig sein,
(jn.
) im a. trösten, im a. geduldigkeit üben, jn. von einem a. erlösen, etw. von a. erledigen
; j. des a. ledig werden
; gefärliches / schweres a.
; hinnemung des a.
Phrasematisch: was liegt dir an?
›was hast du? was bedrückt dich?‹; was im anliegt
›was er hat‹.Belegblock:
Chron. Magdeb.
2, 202, 9
(nrddt.
, Hs. 1524
): E. Churf. g. unser anligende noth [...] mögen gnediglichen bedencken.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob
6178
(omd.
, 1338
): zu aller zit | Also groz angest mir an lyt | Als dir anlyt zu diser stunt.
Luther, WA
41, 736, 20
(1536
): Cum ergo doctrina wheret ketzereien und trostet in allem anligen.
Mönch v. Heilsbronn. Fronl.
3vb, 5
(nobd.
, E. 14. Jh.
): den gepresten der vns an leit an leib vnd an sele.
v. Groote, Muskatblut
65, 69
(nobd.
, 1. H. 15. Jh.
): du salt din got | des morgens mit dem dage | ist dir an ligen groisze noit | mit andacht ym daz clage.
Sachs
16, 163, 15
(Nürnb.
1560
): Unser herr könig ist betrübt, | In schwerer trawrigkeit sich ubt. | Was im anligt, das weiß ich nicht.
Welti, Stadtr. Bern
589, 14
(halem.
, 1539
): das einer von siner anligennden not wegenn an dz gricht nit komen.
Steer, Schol. Gnadenl.
4, 54
(schwäb.
, 15. Jh.
): ain trostlicher anblick, da mit got die betriebten menschen [...] ist troͤsten vnd erloͤßen von irem anligen.
Fischer, Eunuchus d. Terenz
57, 28
(Ulm
1486
): Er sach an seiner geberd im etwas noͤtlichs anligen.
Ebd.
116, 10
: Wie eilst. Wie zitterst. wie bist betrüebt. was leit dir an?
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
346, 27
(oobd.
, 1349
/50
): siechtüem, angst und nôt, die uns anligent an leib und an sêl.
Kehrein, Kath. Gesangb.
2, 391, 29
; Tittmann, Schausp. 16. Jh. Kulm.
147, 249
; Karsten, Md. Paraphr. Hiob
6232
; 9508
; Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
681
; Luther, WA
30, 2, 425, 30
; 41, 688, 7
; Chron. Nürnb.
1, 164, 2
; Sachs
17, 44, 9
; Merk, Stadtr. Neuenb.
60, 36
; 61, 11
; Lemmer, Brant. Narrensch.
58, 32
; Welti, Stadtr. Bern
422, 12
; Vetter, Schw. zu Töß
104, 16
; Koller, Ref. Siegmunds
57, 17
; 240, 31
; Barack, Zim. Chron.
4, 161, 14
; Chron. Augsb.
4, 433, 15
; 7, 85, 15
; 102, 18
; Eschenloher. Medicus
1, 16
; 40, 18
; 54, 24
; Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
61, 9
; Leidinger, A. v. Regensb.
629, 5
; Kummer, Erlauer Sp.
5, 265
; Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
29, 14
; 81, 12
; 147, 9
; 178, 27
; Maaler
23v
; Schwartzenbach
K ijr
; Dietz, Wb. Luther
1, 91
; Schwäb. Wb.
1, 236/37
; Schweiz. Id.
3, 1210
; Rwb
1, 687
.11.
›bevorstehen‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. anstehen
Belegblock:
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
1160
(mrhein.
, um 1335
): wan vns die osterliche zit | also nahe ane lit.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
38, 46
(oobd.
, 3. Dr. 14. Jh.
): dein sel solt du bewaren | und dein rew nimmer sparen | pis ‹dir› der tod anleit
[phrasematisch: ›so lange du lebst‹].
Rwb
1, 687
.12.
phrasematisch in folgenden isolierten Belegen:Belegblock:
Luther, WA
41, 12, 16
(1535
): Ich habe zu werben, da macht an ligt
[›darauf kommt es an‹],
dir zur ehre. Vetter, Pred. Taulers
69, 11
(els.
, 14. Jh.
): do lit gros verdienen an
[›darin liegt ein großes Verdienst‹].
Müller, Welthandelsbr.
294, 36
(schwäb.
, 1514
/15
): das er sich in kain cuntrabando geb, da groß anleit
[›was große Sachen angeht‹],
dann die riber ist alletzeit mit schergen so wol bewart.13.
›mit jm. verwandt sein‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. angeboren
Belegblock:
Rwb
1, 687
.