anlassen,
V., unr. abl.
1.
›jm. die Kleider anlassen, am Leibe lassen‹.

Belegblock:

Winter, Nöst. Weist.
2, 626, 23
(
moobd.
,
17. Jh.
):
ist es aber ein frembter so soll man im anlassen das er die schamb woll bedeggt und das ander ist des gotzhauß.
2.
›etw. beginnen, mit etw. anfangen‹; phrasematisch:
angelassenes recht
›angefangener Prozeß‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
anfahen
 1,
angehen
 5.

Belegblock:

Vetter, Pred. Taulers
355, 19
(
els.
, Hs.
1359
):
Liebes kint, do lo dich an und flisse dich me an rechte gelossenheit.
Drescher, Hartlieb. Caes.
252, 10
(
moobd.
,
1456
/
67
):
Als der kampf angelassen ward.
Schwäb. Wb.
1, 230
;
Schweiz. Id.
3, 1403
;
Rwb
1, 674
.
3.
›(die Bälge des vorgerichteten und zugemachten Schmelzofens) in Gang setzen, (das Schmelzen) beginnen‹; anzuschließen an 2.
Omd.; bergbaukundliche Texte.
Wortbildungen:
anlasser.

Belegblock:

Ermisch, Sächs. Bergr.
140, 25
(
osächs.
,
1499
/
1500
):
Dy sthunde, wen man anlassen sal, sthett nicht yn der ordenung.
Ebd.
187, 7
(
1509
):
Man sall alle tag in hutten frue umb funffe anlassen.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
145, 10
(
omd.
,
1554
):
Anlassen mit schmeltzen wirdt keinem verstattet von eigenen zechen.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil.
20, 169, 40
(
schles.
,
1509
):
da soll sich der schmelzer ohne säumnis in die hütten verfügen, fürwenden und anlassen.
Ebd.
170, 2
:
wo nach dem ausleuten der glocken der anlasser oder loser in der hütten an seiner arbeit nicht befunden würde.
Löscher, a. a. O.
77, 2
;
Wutke, a. a. O.
163, 6
.
4.
›(Pferde) zum Rennen loslassen, starten lassen‹; anzuschließen an 2.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
anstellen
 3 (2. Nuance).

Belegblock:

Chron. Augsb.
7, 482, 14
(
schwäb.
, zu
1559
):
Wann man die roß anleßt, seind die zwen stimierherrn darbei.
Ebd.
483, 11
:
Wenn man die roß anläßt, muß er das gräblein wider schnuerkrat machen.
5.
›jn. zu etw. veranlassen, anstacheln, dazu bringen, etw. zu tun‹.
Bedeutungsverwandte:
veranlassen
; vgl.
anfahen
 5,
angehen
 7,
angewinnen
 8,
anrüren
 5,
anstiften
 1.
Wortbildungen
anlässer
(dazu bdv.:
anfänger
 2).

Belegblock:

Gagliardi, Dok. Waldmann
2, 157, 4
(
halem.
,
1489
):
Von Kilian Keglers wegen ist erkennt, den worten naͧchzegan, so er geredt haben, und das er von zweyen angelaͧßen sin sol.
UB Zug
1773, 97
(
halem.
,
um 1500
):
Wo zwen mit einandren uneis wurdent und der anfenger, der da anlaͤßig wer, unnd sich das erfunde, es wer mit wortten oder wercken, unnd inn welte schelten an sinen eren oder ander anlaͤßige wort, [...], so sol der anlaͤßer schuldig erkent werden unnd der ander ledig gelassen werden.
Schwartzenbach
B vr
;
Schweiz. Id.
3, 1404
;
Rwb
1, 674
.
6.
›etw. (z. B. eine Stadt) bestürmen, angreifen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
anfallen
 8,
angreifen
 14.

Belegblock:

Chron. Nürnb.
2, 67, 15
(
nobd.
,
1444
):
die paurn warn ungehorsam, sie luffen auch, als man daz stetlein anließ mit sturm, gen holcz und vermochten die haubtleut sie nit an sturm zu bringen.
7.
›etw. vereinbaren, aushandeln, beschließen‹; subst.: ›Vereinbarung, Kompromiß‹.

Belegblock:

Chron. Mainz
1, 337, 1
(
rhfrk.
,
15. Jh.
):
dar nach [...] wart ein anlaßen beschreben und versegelt zwessen unsers hern genaden von Mentze und der stad Mentze.
V. Anshelm. Berner Chron.
1, 58, 26
(
halem.
,
n. 1529
):
dass diser frid [...] von gemeltem kuͤng ufgericht und versiglet ward, wie volgt angelassen.
Vorarlb. Wb.
1, 97
.
8.
›(seinen Willen) erklären, äußern, kundtun‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
ansagen
 3.

Belegblock:

Kummer, Erlauer Sp.
5, 105
(
m/soobd.
,
1400
/
40
):
Herr, las an den willen dein, | das di ritter dein | dar umb nempmen unser guͦt, | das si wellen phlegen der huͦt.
9.
›jn. ansprechen, anreden‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
anreden
 2.

Belegblock:

Fischer, Folz. Reimp.
27, 31
(
Nürnb.
1479
):
Won do was niemant, der so leys | In west zu sweygen, als mich dawcht. | Darum ich mich dest minder schawcht | In anzulassen gancz mit ru.
10.
›sich entwickeln, sich gestalten‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
anschanzen
 2 (zweite Nuance).

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron.
6816
(
preuß.
,
um 1330
/
40
):
dô er gesach, daz nû | daz urloige sich began | etslîchir mâze wol anlân | in der dûtschin brûdre hant.
v. Birken. Erzh. Österreich
73b, 15
(
Nürnb.
1668
):
kamen beyde Heere [...] einander entgegen / und wolte es sich zu einem Haupttreffen anlassen.
Turmair
5, 174, 29
(
moobd.
,
1522
/
33
):
wie die sach übel sich an wolt lassen.
Chron. Augsb.
2, 367, 35
(
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
wie darnach unser sache daselbst vor unserm heiligen vater sich anlasse.
Dietz, Wb. Luther
1, 89
.
11.
›sich (in einer bestimmten Weise) verhalten, sich geben, sich betragen‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
anlegen
 7.
Wortbildungen:
anlassung
›Eigenschaft, Art‹.

Belegblock:

Chron. Köln
2, 305, 5
(
Köln
1499
):
Do nu Nero der keiser sich so wuest anlies, so vielen vil lande van der gehoirsamheit der Romer.
Chron. Augsb.
2, 130, 15
(
schwäb.
, Hs.
16. Jh.
):
als mein herr nun sach, daß ich mich also wol anließ.
Maaler
23r
(
Zürich
1561
):
Sich naͤrrisch / Anlassen / zum narren vnnd drippel werden. [...] Sich vast wol halten vnd Anlassen.
Turmair
1, 394, 21
(
Augsb.
1517
):
indoles ‚anlassung seiner art, anzeigen‘.