absagen,
V.
1.
›(jm.) ein Rechtsverhältnis (z. B. den Dienst, das Bürgerrecht) oder ein sonstiges faktisches Verhältnis aufkündigen‹; offen zu den Spezialisierungen unter 2 und 3; zu
sagen
1.Vorw. obd.
Bedeutungsverwandte:
abkünden
absprechen
wiedersagen
abschreiben
Syntagmen:
(jm.) die mark / trostung / vormundschaft, das bürgerrecht a.; dem teufel, den söldnern a.; (jm.) um sache / kauf a.; gewissen
(Subj.) jm. a.; a. in der bulschaft.
Belegblock:
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
106, 24
(thür.
, 1474
): daz der junge [...] vor den rath zcu Kale gegangen ist unde Guntern Lyrer daselbist, synem bruder, dy vormundeschafft abegesaget habe.
Chron. Strassb.
945, 21
(els.
, 1420
): Wer ouch das deheine unser burger sin burgerrechte abesagen wolte.
Welti, Stadtr. Bern
81, 30
(halem.
, um 1400
): wie nieman trostung absagen sol noch mag.
Enders, Eberlin
3, 203, 4
(Wittenb.
1525
): Wenn du ynn sterbender not leyst, wirt dyr dein eygen gewissen absagen, wenn du dich erkennen wirst.
Drescher, Hartlieb. Caes.
277, 37
(moobd.
, 1456
/67
): Ich hab mir fũrgesaczt Gott zu dienen und wil dir [tẽwfel] absagen.
Winter, Nöst. Weist.
2, 875, 6
(moobd.
, 1434
): der unserm obgenanten purkfrid wider recht wolte entziehn oder absagen di rechten marich.
Gille u. a., M. Beheim
347
Ü; Chron. Augsb.
1, 153, 17
; Welti, a. a. O.
230, 26
; 484, 3
; Hauber, UB Heiligkr.
2, 112, 9
; Auer, Stadtr. München
448, 2
; Siegel u. a., Salzb. Taid.
312, 41
; Schöpper
95b
; Schwartzenbach
A vv
; Ulner
7
; 48
; Paul, Wb. Bergmannsspr.
1985, 134
.2.
›(jm.) (vereinzelt: Privatpersonen, meist: Amtsträgern, auch: einer Instanz) den Frieden aufkündigen, Fehde ansagen, (bei Amtsträgern und Instanzen als Obj.:) den Krieg erklären‹; Spezialisierung zu 1.Vorw. obd.
Bedeutungsverwandte:
angreifen
anzeigen
wiederstehen
abklagen
abstreiten
Syntagmen:
(jm.) den frieden, das geleit a.; (jm.) mit brief, brieflich, öffentlich a.; den witwen / weisen, dem vater / bruder / keiser / herzog / fürst, der stat, dem land a.;
oft ohne Objekte; evangelium jm. a.; abgesagter feind / krieg, abgesagter weise
›in erklärter Feindschaft‹.Belegblock:
Luther, WA
30, 2, 32, 11
(1529
): Er ist mein abgesagter feind, des sol er sich gegen mir auch halten.
Mayer, Folz. Meisterl.
84, 41
(nobd.
, 1517
/8
): Wan uns da dürch wart ab geseit | Der gotlich frid und sein geleit | Und wart geschworn | Dy pein ewiges tottes.
Chron. Nürnb.
4, 174, 11
(nobd.
, 15. Jh.
): do saget der marckgraf Albrecht mit 24 fuͤrsten der [stat] Nuͤrmberg ab zu sunbenden und wert die rais ain gancz jar.
Jaspers, St. v. Landskron
72v, 29
(Augsb.
1484
): die on geschefft vñ on gewalt vñ on rechtz vrlaub eins lantfürstẽ absagen. vnd angreiffen lant od’ leüt.
Chron. Augsb.
8, 135, 5
(schwäb.
, zu 1561
): in wölchem dem kaiser Ferdinando auf seinen leib und leben, land und leute zemorden, zerauben, zebrennen durch dise hiebei benante 6 personen ist abgesagt worden.
Spanier, Murner. Schelmenz.
43, 11
(Frankf.
1512
): so rechen wir [schelmen] vns an dem landt | Vnd sagent witwen, weissen ab, | biß das sy gond am bettel stab.
Adomatis u. a., J. Murer. Abs.
1477
(Zürich
1565
): das einr sim vatter moͤcht absagen | Ja so fyndtlich mocht wider ston | als dann yetz thůtt der Absolon.
Leidinger, V. Arnpeck
703, 39
(moobd.
, v. 1495
): herzog Cristof und Bolfgang schlugen sich auch zu dem swäbischen pund und zugen mit in auf daz Lechfeld und sagten irem bruder ab und zugen mit rauben [...] in vil dorfer.
Schultheiss, Achtb. Nürnb.
148, 28
; Chron. Augsb.
2, 246, 16
; 251, 16
; Roloff, Brant. Tsp.
100
; Rennefahrt, Statut. Saanen
17, 13
; 58, 30
; Chron. baier. Städte. Regensb.
160, 12
; 191, 15
; Turmair
4, 318, 1
; 452, 31
; 1020, 32
; 5, 457, 9
; Winter, Nöst. Weist.
1, 431, 26
; Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
79, 18
; 105, 14
; 162, 7
; 182, 2
; Maaler
5r
; Apherdianus
196
.3.
›jn. (aus dem Leben) abberufen‹; Spezialisierung zu 1.Belegblock:
Mayer, Folz. Meisterl.
6, 102
(nobd.
, v. 1496
): Fachten fir mercklich sach mich an: | Von erst erschroklikeyt | Das mir so kurcz was ab geseyt.
Primisser, Suchenwirt
7, 50
(oobd.
, 2. H. 14. Jh.
): Doch bleibet von mir unverswigen | Des edlen herren wirdichait, | Dem der tot hat ab gesait | Daz leben.
4.
›(jm.) etw. verbieten, untersagen; jm. etw. (einen Wunsch o. ä.) abschlagen‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. ablegen
Belegblock:
Opel, Spittendorf
462, 41
(osächs.
, um 1480
): wie der rath allen unwillen den burgern abesaget hette uff dem rathause.
Winter, Nöst. Weist.
2, 641, 22
(moobd.
, 1614
): dieselbe [feierstet] soll man absagen und zu wenden anbefelchen.
Wrede, Aköln. Sprachsch.
35a
.5.
›e. S. entsagen, etw. aufgeben‹.Bedeutungsverwandte:
aufgeben
verleugnen
Belegblock:
Luther. Hl. Schrifft.
Lk. 14, 33
(Wittenb.
1545
): ein jglicher [...], der nicht absaget allem das er hat kan nicht mein Jünger sein.
Wolf, Norm im sp. Ma.
57, 67
(schwäb.
, 15.
/16. Jh.
): das si durch got haben abgesaget irem aigen willen.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
4
(alem.
, 1. H. 15. Jh.
): Der sol [...] | mir das trúlich nach tragen | Und der werlte by zit ab sagen.
6.
›etw. erklären, aussprechen, (ein Urteil) fällen, verkünden‹.Belegblock:
Luther, WA
33, 128, 2
(1531
): Das ist kurtz abgesagt.
Kisch, Leipz. Schöffenspr.
656, 11
(osächs.
, 1523
/4
): wil [...] ime [sachwalde] das rechte [...] lassen tun, was ime das rechte darzu absagt.
Kurz, Waldis. Esopus
4, 76, 38
(Frankf.
1557
): So solt man jm nach gmeinem Recht | Nach verhoͤrung antwort vnd klagen | Ein rechtmessig vrtheil absagen.
Ebd.
4, 94, 151
: Baldt forderten den Storch herfuͤr, | Vnd sprachen: „was er wird absagen, | Das sol den Parten wol behagen“.
Preuss. Wb. (Z)
1, 53
.7.
›jm. (auch einer Instanz) etw. absprechen, etw. bestreiten‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. abkünden
Belegblock:
Turmair
4, 813, 4
(moobd.
, 1522
/33
): die unsern [...] sagten dem römischen reich die ewigkait [...] ab, hielten, es würd zergên.
8.
›von erhöhter Stelle nach unten sprechen‹.Belegblock:
Chron. Köln
3, 950, 232
(rib.
, 1483
): [sie] moisten gain stain up die statt | da man die morgensprach af sacht.