abreissen,
V., unr. abl.
1.
›(jm.) etw. herab-, herunterreißen‹; auch: ›zerreißen‹; Spezialisierung: ›(Gebäudeteile) abbrechen‹.Bedeutungsverwandte:
abzerren
abrücken
abtrummen
abzetten
abzücken
abbrechen
Syntagmen:
den ast / rok / helm, die tür / kele, das tor / nez / kleinod, die kleider a.
Belegblock:
Feudel, Evangelistar
57, 18
(omd.
, M. 14. Jh.
): Der hoeste prister reyz ym abe dy cleidir.
Gille u. a., M. Beheim
99, 303
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): etlichen zach man auss dy derm, | dy keln sy in abrissen.
Koller, Ref. Siegmunds
239, 3
(Hs. P, 15. Jh.
): dennen sol man das netz abryssen und den orden nemen.
Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 53, 1
; Turmair
4, 845, 8
; Maaler
5r
; Dict. Germ.-Gall.-Lat.
10b
; Wrede, Aköln. Sprachsch.
33b
; Dietz, Wb. Luther
1, 25a
.2.
›die Hand oder Waffe des Gegners nach unten reißen‹; Fachwort der Fechtkunst, anzuschließen an 1.Belegblock:
Wierschin, Liechtenauer. Fechtk.
113, 583
(oobd.
, 1. H. 15. Jh.
): Ob dir versetzt ist vnd wie das dar komen ist, hoͤre was ich rate: rays abe, haw schnel mit dratte.
3.
›sich von jm. losreißen‹.Belegblock:
Kurz, Waldis. Esopus
3, 98, 26
(Frankf.
1557
): Vrsach zu suchen stets sich fliß,| Das sie sich von dem Mann abriß.
Schaer, Pyr.-Thisbe-Sp. II,
1682
(Basel
1616
): Ach hilff mir seinen jamer klagen | Reiss dich nun ab vnd lauff daruon,| Dein Herren must dahinden lohn.
4.
›jm. etw. auf unrechtmäßige Weise nehmen, entreißen‹; je nach angewandtem Mittel und Objekt: ›jn. übervorteilen, begaunern‹; ›jm. etw. stehlen‹; ›js. Land besetzen‹.Vorw. didaktische Texte und Chroniken.
Bedeutungsverwandte:
alefanzen
entfremden
nemen
rauben
stelen
zerren
abnemen
abzwacken
Syntagmen:
(jm.) narung / habe / geld / gut / land / almosen a.; dem gast etw. a.; etw. mit a. gewinnen.
Belegblock:
Gille u. a., M. Beheim
453, 1815
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): das die Walhen und Triester do | Sölliches gut und habe | namen und rissen abe.
Chron. Nürnb.
4, 318, 1
(nobd.
, 15. Jh.
): on alle abgeng, die uns die wirt abreissen und zu zeiten gar hin furn.
Karnein, De amore dt.
247, 95
(moobd.
, v. 1440
): wann sy [weyber] nit allain annder leüt guet vnd gelt an sich ziehen, sunder sy stelen vnd reyssen ab yren aygen mannen, was sy gehaben [...] mögen.
Niewöhner, Teichner
541, 144
(Hs. ˹nobd.
, E. 14. Jh.
˺): ich main newr die spiler | die sich anders niht fleizzen | denn newr ludern und ab reizzen.
Turmair
4, 668, 24
(moobd.
, 1522
/33
): Die Saracen haben dises land alles den Christen [...] mit gewalt und werender hant entpfrembdt und abgerissen.
Gille u. a., a. a. O.
183, 97
; 184, 43
; Karnein, a. a. O.
196, 36
; Niewöhner, a. a. O.
177, 19
; 545, 56
; Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
234, 28
.5.
›eine Zeichnung von etw. anfertigen, etw. aufzeichnen, etw. auf Karte bringen, etw. (z. B. Münzen) modellieren‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. abwerfen
Belegblock:
Buch Weinsb.
4, 221, 2
(rib.
, 1594
/5
): Disse geschichten sin folgens abgerissen und verkauft.
Luther, WA
30, 2, 367, 32
(1530
): das ich sie [Sophisten] bis her nicht recht und gnug gemalet habe, sondern allein auff ein papir schlecht abgerissen.
Bell, G. Hager
417, 2, 13
(nobd.
, 1595
): als er zum feind naus kam ge wis, | zu sinan Bassa, sein gscheft richtet ause, | Comoren er im balt ab ris; | wo es am schwechsten war.
Rennefahrt, Gebiet Bern
245, 24
(halem.
, 1618
): wann er derglichen sorten
[Münzen]
probiert und dieselben uß ir gnaden befelch söllent verruͤft und deßwegen [...] muͤßend abgerißen und offentlich zů statt und land angeschlagen werden, oder ouch sunsten nüwe müntzwürdigungen in truck ußgahn söltend. Dict. Germ.-Gall.-Lat.
10b
; Schmid, R. Cysat
6, 1
; Wrede, Aköln. Sprachsch.
33b
; Wolf, Mathesius.
1969, 236
; Dietz, Wb. Luther
1, 25b
.