ablassen,
V.,
unr.1.
›von etw. (einer Tätigkeit) absehen, etw. nicht weiter betreiben, verfolgen, mit etw. aufhören, etw. zu tun unterlassen, (eine Haltung) aufgeben‹; speziell: ›in seinem religiösen Ernst nachlassen‹; offen zu 3; 4; 10.Bedeutungsverwandte:
abstehen
aufgeben
aufhören
nachlassen
abhören
abnemen
abtreten
Gegensätze:
beharren
bestehen
volherten
Syntagmen:
oft, vor allem in letzterer Nuance, ohne Obj.; das zürnen/ächten, die klage a.; vom zorn a.; a. zu küssen; ohne a.
›unaufhörlich, ohne Unterbrechung‹ (häufig).Belegblock:
Karsten, Md. Paraphr. Hiob
1214
(omd.
, 1338
): Doch sine dri benanten vrunt | Waren also gar inzunt | [...] | Daz sy nicht wolden abe lan.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 403, 11
(Hagenau
1534
): Du wurdst nicht ehe ablassen / du gehest denn auff dem rucken zu kirchen.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
1888
(alem.
, 1. H. 15. Jh.
): Den het man für ainen hailgen man; | Wie het er so gar ab gelan.
Koppitz, Trojanerkr.
4669
(halem.
, Hs. E. 14. Jh.
): Dar umb sy nit abelie | Sy in dik all umbe vie.
Vetter, Pred. Taulers
343, 7
Var. (els.
, 14. Jh.
): sú múgent es nút lange triben und lont abe und lebent der naturen also ie von erst.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
52, 16
(oobd.
, 1349
/50
): Der hât ainen weibischen muot, der [...] schier zürnt und auch schier ablaezt.
Kurz, Waldis. Esopus
3, 82, 11
; Feudel, Evangelistar
17, 13
; 138, 1
; Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Luc.
18, 1
; 22, 68
; Mayer, Folz. Meisterl.
21, 118
; 83, 26
; Gille u. a., M. Beheim
235, 141
; Pyritz, Minneburg
5332
; Thiele, Minner. II,
16, 73
; 18, 339
; Chron. Augsb.
2, 156, 17
; Koller, Ref. Siegmunds
123, 27
; 289, 16
; Chron. Strassb.
1, 28, 3
; Banz, a. a. O.
16
; 1888
; 1892
; Vetter, a. a. O.
129, 12
; 279, 12
; 399, 13
; 423, 11
; Schöpper
105a
; Ulner 8;
74
; Schwartzenbach A IV v;
Rot
304
.2.
›nachlassen, geringer werden (von Naturereignissen und -gegebenheiten)‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. abnemen
Belegblock:
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Marc.
4, 39
(osächs.
, 1343
): der wint lîz abe, und eine grôze stilheit ist worden.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob
6505
(omd.
, 1338
): Min smerze nicht lezet abe.
3.
›auf etw. verzichten, etw. aufgeben‹; offen zu 4.Bedeutungsverwandte:
vgl. abstehen
abtun
Belegblock:
Chron. Strassb.
2, 971, 13
(els.
, 1314
): Ez ensol ouch denhein pfaffe zwei gerihte haben, geistlichs und weltliches: het er geistlichs, so sol er daz weltliche abelaun, het er weltlichs, so sol er daz geistliche abelaßen.
Chron. Augsb.
3, 36, 2
(schwäb.
, E. 15. Jh.
): die stett můßten all pünd ablassen.
Ebd.
2, 51, 22
.4.
›etw. (z. B. ein Urteil) aufheben, annullieren‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. abtun
Belegblock:
Große, Schwabensp.
152 a, 31
(Hs. ˹nd.
/md.
, um 1410
˺): Swa eyn ortel vorbaz gezogen ist, daz ne mach der richter [...] nicht abe gelan ane des willen, deme iz tů gůte gefůnden ist.
5.
›(ein Gut) verlassen, aufgeben; jn. von seinem Gut abziehen lassen‹.Belegblock:
Winter, Nöst. Weist.
4, 5, 15
(moobd.
, A. 16. Jh.
): die hern von Khunigsperg haben freie gueter zu Zigerwerg aufzufarn und abzulassen.
Ebd.
239, 1
(1528
): das ain ieder richter soll in vierzehen tagen auf- und ablassen.
6.
›sich von jm. abwenden, von jm. abfallen‹.Bedeutungsverwandte:
verlassen
abwenden
Gegensätze:
verbinden
1
keren
Belegblock:
Päpke, Marienl. Wernher
4521
(halem.
, v. 1382
): Er lerte sú geloben an ainen Got [...], | Ir abgoͤtte ablassen.
Chron. Strassb.
2, 674, 12
(els.
, A. 15. Jh.
): derumb lies er den keyser abe und hielt sich donoch zů der stat.
Voc. Teut.-Lat. a III v.
7.
›jn. aus einem Amt entlassen‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. abtun
Belegblock:
Franz u. a., Qu. hess. Ref.
2, 147, 8
(hess.
, 1532
): sal man keinen castenmeister ablassen, er habe den alle [...] schult bezalt.
Opel, Spittendorf
458, 37
(osächs.
, um 1480
): auch haben die alten geschickten gebeten, das man sie abelassen wolte unde andere an ihre stedte köre.
Voc. Teut.-Lat. a III v.
8.
›(Tiere) los-, frei-, herauslassen‹; ›(Menschen) aus einem Abhängigkeitsverhältnis entlassen, freigeben‹.Bedeutungsverwandte:
ablösen
Belegblock:
Chron. Magdeb.
2, 156, 21
(nrddt.
, Hs. 1601
): ein beckerknecht [...], der die schweine wolte abelassen.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
145, 20
(oobd.
, 1349
/50
): wenne man in [leopard] zuo jagen ablaezt.
Rintelen, B. Walther
24, 7
(moobd.
, 1552
/58
): yedoch wann ein Hold vor dem Herren noch unvertragne Rechtsachen het, so ist in der Herr abzulassen nit schuldig.
9.
›jm. das Handwerk legen, js. Machenschaften unterbinden‹; mit Tendenz zu: ›jn. vernichten‹.Bedeutungsverwandte:
abtun
Belegblock:
Koller, Ref. Siegmunds
225, 10
(Hs. ˹Augsb.
, um 1440
˺): man sol [...] gantz und gar die Pegeün und Nolharten ablassen.
10.
›jm. etw. (das er zu leisten hat, z. B. finanzielle Auflagen) ermäßigen, mindern, herabsetzen oder vollständig erlassen; etw. (z. B. Steuern) aufheben, abschaffen‹.Bedeutungsverwandte
mit ersterer Nuance: nachgeben
ringern
Syntagmen:
steuer / ungeld / strafe / einung a; etw. an der busse a.
Belegblock:
Dinklage, Frk. Bauernweist.
20, 37
(nobd.
, 1466
): was er also [...] an der buße oder frevel ablasset und nachgeit.
Chron. Augsb.
2, 100, 8
(schwäb.
, Hs. 16. Jh.
): daß man im den vierttail aller schuld solt ablaßen.
Ebd.
52, 9
: man solt alle ungelt ablaßen auf burger und auf gest.
Ebd.
73, 10
; 120, 24
; 3, 208, 17
; 9, 231, 17
; Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst
1, 251, 34
; Welti, Stadtr. Bern
76, 20
; 519, 19
.11.
›jm. (Sünde) vergeben, Absolution erteilen‹; dadurch: ›jm. (Sündenstrafe) erlassen‹; Spezialisierung zu 10; schwach belegt.Belegblock:
V. Anshelm. Berner Chron.
4, 279, 18
(halem.
, n. 1529
): dass Got in ablassung der schuld ouch ablasse die pin.
Ebd.
24
: Dass ein iezlicher priester on einiches praͤlaten uszug sinem undertan [...] soͤlle ablassen schuld und pin.
12.
›(Waffen, z. B. den Bogen, die Armbrust) entspannen‹.Belegblock:
Große, Schwabensp.
198 a, 16
(Hs. ˹nd.
/md.
, um 1410
˺): der sol sinen bogen vnde armborst abe lazen.
Maaler
3 v
(Zürich
1561
): Abgelassen armbrust/ Wider entspannen. Arcus retentus.
Schwäb. Wb.
1, 40
.13.
›(die Segel) lösen, aufziehen‹; und umgekehrt: ›(die Segel) streichen‹.Belegblock:
Turmair
4, 1155, 16
(moobd.
, 1522
/33
): ehe si vom land faren, die segel ablassen und die änker aufziehen.
Maaler
3 v
(Zürich
1561
): Den saͤgel Ablassen vnd zůsamen leggen.
Golius
185
.14.
›(stehende Gewässer, z. B. Teiche) auslaufen lassen‹.Belegblock:
Lohmeyer, K. v. Nostitz
77, 16
(preuß.
, 1578
): muß man sie [teich] alle herbst ablassenn.
Ebd.
9, 8
; 110, 1
; Maaler
4 r
; Preuss. Wb. (Z) 1, 39;
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
9 a
.15.
›(Flüssigkeiten, vor allem Wein) abzapfen, abfüllen, umfüllen‹; mit Verschiebung des Obj.: ›(Fässer o. ä.) leeren, umfüllen‹.Bedeutungsverwandte:
auslassen
entzäpfen
abgiessen
abseihen
abstechen
Belegblock:
Schmidt, Frankf. Zunfturk.
1, 97, 3
(hess.
, 1418
): Das selbe faß mochten sie also abelassen.
Loose, Tuchers Haushaltb.
113, 12
(nürnb.
, 1514
): das er mir dicz jar ob 80 aimer wein abgelaßen.
Ebd.
59, 2
; Kocher, Rechn. Schönenwerd
249, 77
; Voc. Teut.-Lat. a III v;
Maaler
2 v
; 4 r
; Golius
350
; Pfälz. Wb.
1, 51
.16.
›etw. hinabgehen lassen; niederschweben‹; offen zu 17-18.Belegblock:
Gille u. a., M. Beheim
331, 56
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): da schass ich im [vederspil] daz luder, | pis er sein edels muder | liess ab auff daz gevild.
Drescher, Hartlieb. Caes.
230, 33
(moobd.
, 1456
/67
): chindel, das [...] auff staig bis auff die hoͤhe des chreücz und so snelle sich her wider ab liesz in gestalt des prots der ostyen.
17.
›etw. hinabwerfen, zerstörend niederreißen‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. abschlagen
Belegblock:
Bernoulli, Basler Chron.
4, 289, 26
(alem.
, 1448
): als hattend die boͤszwich die brucke úber das wasser abgelossen.
18.
›sich herunterlassen, abseilen, hinabspringen‹.Belegblock:
Qu. Brassó
5, 456, 33
(siebenb.
, 1613
): weil vormals der Nagy Gergely und Farkas Miklos sich hatten durch die Wurflöcher abgelassen und darvon kommen.
19.
›sich setzen (von schwereren oder unreinen Teilen einer Flüssigkeit), Bodensatz bilden‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. absetzen
Belegblock:
Lexer, Tucher. Baumeisterb.
116, 25
(nürnb.
, 1464
/75
): auch soll man sich versehen, das es [öl] abloß und laüter und nit dick oder voll kötz sei.