tyran,
der
;-en/-en
;aus
lat.
tyrannus
›Gewaltherrscher‹
(Georges
).2, 3277
›als Gewaltherrscher semantisierter und pragmatisierter Machthaber, Person, die andere wider Recht und Herkommen mit Gewalt, Drohungen, Strafen beherrscht, unterdrückt, peinigt, (speziell:) die jm. seinen Glauben und seinen Willen o. Ä. aufzwingt‹; die Prädikationen über den Tyrannen spiegeln die politischen, konfessionellen und theologischen Auseinandersetzungen und die damit wechselseitig verbundenen Zuschreibungen des 16. Jhs., insbesondere im Gefolge der Reformation;
Luther
verwendet tyran
häufig als legitimationsberaubendes Schimpfwort gegen den Papst und die katholische Kirche.Zur Sache:
Lex. d. Mal.
f.8, 1153
Beleghäufung für das 16. Jh.
Bedeutungsverwandte:
bluthund
bösewicht
bube
halsherre
leutfresser
mörder
türke
unterdrücker
wüterich
Syntagmen:
die tyrannen dahinraffen / erwürgen / strafen / stürzen / umbringen, einen t. töten, zu busse (der bösen) haben, got jm. einen tyrannen geben
; jn. einen t. nennen
; tyran(nen)
(Subj.) eine strafe, wie ein schürstecke sein, jn. berauben / bescheren / gezämen / unterdrücken, von sich stossen, zum tode verurteilen, pein volbringen, sich grosmächtig nennen, jm. schaden, etw. angewinnen / ausreuten
; j. als ein t. fliehen
; den tyrannen gefallen
; bei tyrannen wonen
; der betriegliche / blutdürstige / böse / epikureische / geizige / gewaltige / grausame / greuliche / grosse / römische / unbarmherzige / ungelerte / unmenschliche / untreue t
.; rache über die tyrannen
.Wortbildungen:
tyrannentöter
Belegblock:
Chron. Magdeb.
2, 147, 33
(nrddt.
, Hs. 1601
): haben die beide Tyrannen mit ihren feusten die armen Kinder vor ihre bruste gelaufen und also unmenschlich von sich gestossen.
Schöpper
67b
(Dortm.
1550
): Tyrann wuͤterich bluthundt vnderdrucker lewtfresser.
Luther, WA
6, 583, 17
(1519
/20
): das ich solchen elendenn gefallen priester die ehe geratten habe, die yhn yhr Romischen tyrannen und seel morder genommen habt widder got und recht.
Ebd.
7, 395, 12
(1520
/1
): [das sie] lassen sich nicht yrren des Romischen Tyrannen und Endchrists vorkerete, frevele gesetze, welcher ausz lautter mutwillen eyne gestalt und das halbe Sacrament nimpt von den Christen.
Ebd.
7, 441, 13
: Der [Bapst] weidet nu die schaff Christi mit eyszen, buchszen, feur und ist erger denn der Turck, [...] ist dennoch darumb kein ketzer noch Turck noch morder noch Tyran, szondernn Christus stathalter.
Anderson u. a., Flugschrr.
17, 6, 32
([Wittenb.
] 1523
): Wie wol die geystlichen tyrannen ein welltlich vberkeyt aus d’ Christe͂heit gemacht habe͂.
Ebd.
12, 32
: itzt aber wollen vnser tyrannen eyttel wolff vnd diebe haben.
Ebd.
18, 5, 3
(Straßb.
1523
): Der gewalt dir vffgeladen wider gottes wort [...] muͦssz mit den ersten Tyrañen wider Chistum mit dem geist seines munds erlegt werden.
Ebd.
6, 8
: sye woͤllen dañ offenbar [...] tyranne͂ wider den glauben vnd gottes wort erfunden werden.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
30, 11
(Frankf./M.
1550
): ein fromme Oberkeit / so jhr volck beschirmet fuͤr den Tyrannen vnd boͤsen buben.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth
1, 67, 6
(Frankf.
1563
): Gottes rach über ein tyrannen. Ein reicher und gewaltiger tyrann [...] erfand ein neuwerung über die ander, darmit er seine underthanen peinigte.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
8, 6
(Frankf./M.
1568
): Roͤmisch Koͤniglich Maiestat gut / | Die vngehorsamen straffen thut / | [...] | Am Tuͤrckn vnd andren Tyrannen | [...] | Die stuͤrtzt er.
Thür. Chron.
10r, 25
(Mühlh.
1599
): Dieser [Bawr] stund dem gemeinen nutz wol für / das jhm das Volck geneigt vnnd günstig war / doch so war er darneben ein Tyran.
Ebd.
12v, 13
: [Tyberius] der ward Keyser nach jhm / Ein grosser Traͤncker vnd Tyran.
Ebd.
14r, 6
: Toͤdtet sich der vnmenschliche Tyran selbst mit einem Schwerdt.
Sachs
1, 211, 4
(Nürnb.
1531
): Die ehrenpord der zwölff sighafften helden [...] wider den blutdurstigen Tuͤrcken und ander thyrannen.
Grundmann u. a., A. v. Roes
201, 20
(alem.
, 15. Jh.
): Er was ouch ein großer tyrannus, vil unrehtes und schadens tet er der pfaffheyte.
Ebd.
257, 4
: das die cristenheyt het einen [...] tyrannen zuͦ einer busse der boͤsen.
Dasypodius
246v
(Straßb.
1536
): Tyrannoctonus, Eyn tyrannen toͤdter.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 84, 6
(Hagenau
1534
): wenn Got eyn landt straffen und plagen will / so gibt er yhm einen Tyrannen.
Ebd.
2, 272, 2
([Augsb.
] 1548
): Ain Tyrann / ist wie ain schürstecke.
Maaler
412r
(Zürich
1561
): Tyrann vnnd halßherr. [...]. Grausammer Tyrann.
Rot
357
(Augsb.
1571
): Tyrann, War vor zeyten ein ehrlicher nam / heyst ein Koͤnig / Fuͤrst / Regent / zu vnsern zeyten wirdt ein wuͤtterich / vnbillicher vnnd beschwerlicher herrscher damit verstanden / Ein vnbarmhertziger / wilder / rocher mensch.
Roth, E. v. Wildenberg
38, 27
(moobd.
, v. 1493
): kumen dahin die Götten mit irem könig und [...] machten freundtschaft und geselschaft als tirenten wider alles ertrich in Europa.
Reithmeier, B. v. Chiemsee
95, 8
(München
1528
): got erkent kainen tyrannen.
Luther, WA
6, 59, 30
; 6, 66, 23
; 6, 592, 16
; 19, 404, 18
; 28, 655b
, 20; Peil, Rollenhagen. Froschm.
543, 1160
; 671, 5165
; Kopp, Volks- u. Gesellschaftsl.
60, 33
; Österley, a. a. O.
1, 9, 8
; 4, 10, 22
; Thür. Chron.
16r, 9
; Anderson u. a., a. a. O.
1, 2, 18
; 2, 6, 25
; 15, 11, 17
; Gille u. a., M. Beheim
99, 271
; 608
; Franck, Klagbr.
223, 44
; 231, 30
; Reichmann, Dietrich. Schrr.
124, 7
; 264, 12
; Goldammer, Paracelsus. B. d. Erk.
65, 50, 27
; 51, 5
; Jörg, Salat. Reformationschr.
273, 23
; Ukena, Zuger Trag.
2354
; Williams u. a., Els. Leg. Aurea
40, 13
; Strauch, Schürebrand
5, 34
; 20, 6
; Goedeke, Fischart Flöhhaz
2969
; Österley, Steinhöwels Äsop
360
; Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
1282
; Roth, a. a. O.
6, 3
; Schweiz. Id.
13, 1204
.‒
Vgl. ferner s. v. abscheuen
, 1
ächtig
1, ausreuten
4, bad
1, barbarisch
, halsherre
3, jungfrau
6, paulus
, peinlich
6.