trauen,
V.
1.
›jm. vertrauen, sich auf jn. (oft speziell: auf Gott) / etw. verlassen; auf jn. / etw. hoffen, etw. erhoffen; jm. etw. zutrauen‹.Vielfach Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘, auch narrative Texte.
Bedeutungsverwandte:
1
glauben
bauen
bestehen
betrauen
denken
gedingen
gelassen
gesinnen
getrauen
getrösten
Syntagmen:
(nicht) t
. ›(nicht) vertrauensselig sein‹; trauen, zu
[+ V. im Infiniv, z. B. zu erarbeiten / finden / haben / verdienen
], t
. [+ Infinitivsatz, z B.: ere zu behalten, hinauf zu kommen
]; (jm.) e. S
. (Gen.obj., z. B. des lobes
) t
.; jm
. (z. B. Christo / got, dem herren, den gelerten / jungfrauen / mönchen
) t., e. S
. (Dat.obj., z. B. z. B. dem zufal, der gnade / tugend / welt, einem wort, js. gelübde
) t., jm. etw
. (z. B. ere und eid
) t
.; jm. hart / übel / wol t
.; auf jn
. (z. B. auf Christum
) t., auf etw
. (z. B. auf den eid, das werk
) t
.Wortbildungen:
trauenhänder
trauig
trauwol
Belegblock:
Oorschot, Spee/Seifert. Proc.
464, 26
(Bremen
1647
): Daß man dem hencker / weilen er hiebey zu prosperiren allein nicht trawe: weil sie offtmals selbsten zeuberer sein.
Luther, WA
32, 115, 14
(1530
): das man noch frome leut findet, die Gott glauben und trawen.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
74, 975
(Magdeb.
1608
): VLysses sagt du darffst nicht trawn / | Der Raubvogel hat scharffe klawn.
Ebd.
568, 1946
: du [der alte Mann] fuͤrchst der alten haut / | Es wehr thorheit / das man dir trawt.
Palmer, Tondolus
639
(Speyer
um 1483
): Do komen wir an einen engen steg der ging von einem hohen berg / vnd ie me ich ging [...] ye minner getruwet ich wider hin vff zu kommen.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
158, 12
(Nürnb.
1548
): will der liebe Gott mich auff das bette lassen kommen / so trawe ich seinen genaden.
Sachs
21, 300, 11
(Nürnb.
1565
): Doch, mein esel, brauch kluger sinn, | Wan Traw-wol rait das pferd da-hin.
Dietrich. Summaria
18v, 31
(Nürnb.
1578
): wer auff jn [Christus] trawet / wird nit fehlen.
v. Keller, Ayrer. Dramen
3101, 3
(Nürnb.
1610
/18
): So gehts mit [...] | [...] dem München nicht gar recht zu. | Der Teuffel soll jhn trauen!
Chron. Strassb.
484, 6
(els.
, A. 15. Jh.
): Also fuͦr er [keyser] [...] zuͦ kloͤstern und stiften, do er gros heiltuͦm truwete zuͦ vindende.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst
1, 332, 22
(Straßb.
1522
): Wir [Woͤlf] haben sie [Lemlin] also gewent, das sie unß uͤbel truͤwen.
Roloff, Brant. Tsp.
522
(Straßb.
1554
): glücks zuͦfall ist nit zuͦ trauwen.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 553, 2
(Hagenau
1534
): Wer Got trawet / hat wol gebawet.
V. Anshelm. Berner Chron.
2, 258, 3
(halem.
, n. 1529
): Wir hond noch êr und guͦte pfand, | Die trûwen wir ze bhalten.
Koller, Ref. Siegmunds
303, 11
(Hs. ˹Basel
, um 1440
˺): darzuͦ wurden erwelt gelert und dennen wol zuͦ truwen was er und eit.
Maaler
406v
(Zürich
1561
): Trauwenhender / Hinder den etwas zebehalten gelegt wirt / Ein verwarer vnnd huͦter gehaltner dingen.
Enders, Eberlin
2, 90, 35
(o. O. 1521
): Man sagt, trawe keinem, so bescheisst dich keiner.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
119, 36
(moobd.
, 1478
/81
): dem gelübd des künigs ist nicht wol zu trawen.
Mieder, Lehmann. Flor.
513, 13
; Peil, a. a. O.
153, 3378
; Quint, Eckharts Pred.
1, 218, 5
; Schade, Sat. u. Pasqu.
3, 10, 21
; Perez, Dietzin
2, 294, 1
; Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
244, 22
; v. d. Broek, Suevus. Spieg.
152r, 47
; Thür. Chron.
23r, 27
; Goedeke u. a., Liederb.
35, 14
; Sachs
19, 215, 15
; Dietrich. a. a. O.
19r, 14
; 23r, 21
; Banz, Christus u. d. minn. Seele
623
; Vetter, Pred. Taulers
129, 12
; Kurz, Murner. Luth. Narr
4566
; Goedeke, Fischart Bündnis/Erlustigung
6
; Steer, Schol. Gnadenl.
1, 14
; Qu. Schweiz. Gesch.
1, 63, 12
; UB Zug
730, 17
; Schib, H. Stockar
94, 7
; Klein, Oswald
10, 103
; 22, 69
; Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
42, 7
; Weber, Füetrer. Poyt.
19, 1
; Schweiz. Id.
14, 1589
f.; 1592
ff.; Schwäb. Wb.
2, 330
; 334
.‒
Vgl. ferner s. v. babst
1, bag
, bauer
(der
) 3.2.
›etw. annehmen, vermuten, glauben; jm. Glauben schenken; jm. etw. glauben‹.Bedeutungsverwandte:
1
glauben
2
meinen
vertrauen
1
achten
argwonen
1
belauben
gedenken
gissen
Syntagmen:
t
. (absolut); etw. t., nicht t., das [...]
; js
. (Gen.obj. d. P., z. B. sein
) / e. S
. (Gen.obj.) (nicht) t
.; dem eid t
.Wortbildungen:
traunis
Belegblock:
Schöpper
9b
(Dortm.
1550
): Gleuben glauben geben treuwen vertrauwen.
Opel, Spittendorf
425, 29
(osächs.
, um 1480
): do tradt er [rathsmeister] hinzu und gebott ihnen [schuller] fride und traueten, er wolde sie in die stöcke und thorme werfen.
Chron. Augsb.
2, 269, 13
(schwäb.
, Hs. 16. Jh.
): [der Truchseß] trauet, er hett sein feind angriffen und hett nit unrecht getan.
Klein, Oswald
112, 121
(oobd.
, 1433
): trawt man daruber seinem [des redners] aid, | sundt man daran, daz ist mir laid.
Gereke, Seifrits Alex.
1098
(oobd.
, Hs. 1466
): er [kunig Philipp] traut nit das mit solher chraft | der kunig von Brithania | in sein landt wer chomen so.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
224, 27
(moobd.
, 1478
/81
): da die Pöckler gen Rengspurg [...] kumen, da verparg etlicher seinen pock [...], das sy sich des schambten vor hertzog Albrechten, [...] zu den er sein nit traunüss het.
Turmair
5, 453, 8
(moobd.
, 1522
/33
): Da der gefangen künig das schlos ansichtig ward, [...], sagt er: ,[...] ich hab sein ie nit traut, das ich solt dermassen also daher gefangen gefüert werden‘.
Köbler, Ref. Wormbs
80, 13
; Williams u. a., Els. Leg. Aurea
529, 6
; Chron. Strassb.
53, 10
; Fuchs, Murner. 4 Ketzer
3048
; Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst
1, 145, 10
; Rennefahrt, Statut. Saanen
103, 33
; Vock, Urk. Hochst. Augsb.
373, 38
; Schweiz. Id.
14, 1592
f.‒
Vgl. ferner s. v. angesiegen
1.3.
›jm. etw. anvertrauen, überlassen‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. anantworten
anbefelen
angeben
anvertrauen
betrauen
getrauen
heimlegen
lassen
Syntagmen:
jm. eine heimlichkeit, die krone, leib und leben t., einem schif ein gut t
. ›anvertrauen‹; jm. e. S
. (Gen., z. B. des briefs
) t
.; sich den stätten t
.; jm. zu etw. t
.Belegblock:
Lappenberg, Fleming. Ged.
186, 53, 60
(Lübeck
1638
): [ein Vogel] fleugt hier und da umbher und traut sich sichern Stäten.
Ebd.
516, 57, 1
(1631
/9
): Ein Kaufman, der sein Gut nur einem Schiffe traut.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
137, 2933
(Magdeb.
1608
): Was sonst sich Niemand vnterfing / | Schickt so meisterlich alle ding / | Das sie mir trawn jhr heimligkeit.
Ebd.
5422
: So war kein Frosch so klug vnd from / | Dem sie wolten trawen die Kron.
Kurz, Murner. Luth. Narr
346
(Straßb.
1522
): Sie [narren] haben mir truwet leib vnd leben.
Peil, a. a. O.
263, 70
; Buchda, Schöffenspr. Pössneck
4, 300
; Behrend, Magd. Fragen
159, 27
; UB Zug
635, 26
; Chron. Augsb.
7, 129, 8
; Bastian, Runtingerb.
2, 107, 15
; Klein, Oswald
74, 15
; Schweiz. Id.
14, 1596
f.4.
›sich etw. trauen, zutrauen; etw. wagen‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. beisetzen
bestehen
getrauen
geturren
Syntagmen:
trauen
[+ Infinitivsatz ohne zu
, z. B.: etw. entberen, ane jn. genesen
]; trauen, zu
[+ Infinitivsatz, z. B.: t., etw. zu behaupten / geniessen
], refl.: sich t., zu
[+ Infinitivsatz, z. B. eine stat zu halten, etw. darzubringen, e. S
. (Gen.) zu behelfen., etw. vor got zu verantworten, das volk ins babsttum umzupredigen, ane jn. zu leben
].Belegblock:
Luther, WA
32, 509, 35
(1532
): Das auch ich [...] gar leichtlich trawete mein volck jnn zwo odder drey predigten widder umb zu predigen jnns Bapstum.
Wunderlich, Fierrabr.
41, 34
(Simmern
1533
): hieruff nam er [Oliuier] des Heyden Krebs / vnnd andern Harnisch / des er sich trawet zubehelffen.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
68, 28
(omd.
, 1487
): Sÿ haben das alder, thuͦn was sÿe trawen vor gott vorantworten.
Roloff, Brant. Tsp.
1129
(Straßb.
1554
): Dann er [Künig Cyrus] on dich [Daniel] nicht trouwt zuͦ leben.
Klein, Oswald
16, 45
(oobd.
, vor 1407
?): Ich traut deins scheines wol emberen.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
56, 3
(oobd.
, 3. Dr. 15. Jh.
): der kunig von Franckreych [...] pekriegt den hertzogen [...], was er nicht trawt ze halten, ließ er in den grundt abprechen.
Kummer, Erlauer Sp.
3, 982
(m/soobd.
, 1400
/40
): an in [Jhesus] trau ich nicht genesen | in disem ellende.
Luther, a. a. O.
41, 451, 11
; v. d. Lee, a. a. O.
21, 2
; Thiele, Chron. Stolle
418, 30
; Dinklage, Frk. Bauernweist.
95, 10
; Gille u. a., M. Beheim
8, 81
; Jörg, Salat. Reformationschr.
909, 4
; Lauater. Gespaͤnste
35v, 2
; Jerouschek, Nürnb. Hexenh.
4v, 11
; Rauwolf. Raiß
7, 7
; Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
117, 20
; Schweiz. Id.
14, 1597
.5.
›jm. etw. zutrauen‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. getrauen
Belegblock:
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
122, 30
(rhfrk.
, um 1435
): wer hette myner husfrouwen das getrüwet.
Sachs
16, 79, 17
(Nürnb.
1559
): wer hett dem bößwicht das trawt.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
1889
(alem.
, 1. H. 15. Jh.
): Wer hett im das ie getrúwet, | Das er söliches ie het gebrúwet?
Fuchs, Murner. 4 Ketzer
3141
(˹wohl Straßb.
˺ 1509
): So treüwt er mir kein arges nitt.
Sachs
21, 176, 30
; Banz, a. a. O.
1900
; Lemmer, Brant. Narrensch.
5, 32
; McClean, Havich
3596
.6.
›heiraten; jn. heiraten; sich verheiraten; jn. mit jm. verheiraten‹.Vorwiegend nrddt. und md.
Bedeutungsverwandte:
vgl. befreien
begeben
bemannen
beschwestern
beweiben
kirchen
mannen
statten
Syntagmen:
j. jn. t
. (z. B. ein könig js. tochter
), jn. zur ehe t
.; eine frau sich mit jm. t. lassen, j. jm. getraut sein
(z. B. ein weib einem manne
) / werden
(z. B. die jungfrau Joseph)
.Wortbildungen:
traubet
trauring
Belegblock:
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron.
7345
(preuß.
, um 1330
/40
): sî [...] lîz sich offinbâr | mit im trûwin zu der ê.
Chron. Köln
3, 736, 16
(Köln
1499
): die [vrauwe] wart krank ind starf, [...] ind ir eeman lies ir durch [...] jamers wille irren truwerink an dem vinger.
Ebd.
882, 2
: hatte der roemsche konink Maximilanus getruwet des herzogen dochter.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
128, 24
(thür.
, 1474
): so daz wip deme manne getruwet wirt.
Große, Schwabensp.
61a, 5
; Fischer, Brun v. Schoneb.
1997
; Quint, Eckharts Pred.
1, 214, 1
; Chron. Köln
2, 509, 21
; Buch Weinsb.
2, 197, 20
; 346, 12
; Leman, Kulm. Recht
2, 4, 97
; Grothausmann, Stadtb. Karpfen
61, 4
; Mylius
H 5r
; Golius
204
; Schwäb. Wb.
2, 329
.