trüb,
Adj.
1.
›unklar, undurchsichtig‹; speziell: ›unrein, dreckig, schmutzig, verunreinigt, ungenießbar‹ (von Flüssigkeiten wie z. B. Wein und von Gewässern); ›schleimig‹ (vom Nasenschleim); ›gärend‹ (vom Wein, Most); auch ütr.
Phraseme:
alle wasser trüb machen
›für alles verantwortlich sein‹;
die trübe hefe aussaufen
›die Suppe auslöffeln‹.
Bedeutungsverwandte:
gemenget
; vgl.
glum
,
grau
(Adj.) 4,
impur
,
mat
(Adj.) 3.
Gegensätze:
klar
(Adj.) 1,
lauter
(Adj.) 1; 4; 5,
rein
(Adj.) 2,
sauber
(Adj.) 2.
Syntagmen:
das wasser t. sein / werden, die brühe / lake t. werden
;
das wasser t. machen
;
der trübe anlauf / buz / hafen / kengel / trank / wein, die trübe eiche
(im Gegensatz zu
lautere eiche
)
/ hefe
,
das trübe mer / wasser
.
Wortbildungen:
trübe
(
die
) 1 ›Gär-, Kelterrückstand bei der Weinherstellung; Bodensatz‹ (dazu als Wortbildung:
trübeiche
›Maß verschenkten, noch trüben Weines‹; a. 1621; Genaueres:
Pfälz. Wb.
2, 553
;
Schwäb. Wb.
2, 409
),
trübe
(
das
) ›abfließender Gesteinsschlamm im Bergwerk; Grubenwasser‹;
trübwein
›trüb gewordener Weinrest im Fass‹ (a. 1527),
trübzisterne
›Schmutzlache‹ (dazu bdv.:
grundsuppe
,
kotlache
,
misthüle
,
mistlache
,
pfütze
 3).

Belegblock:

Schöpper
77b
(
Dortm.
1550
):
LACUNA. Mistlach kottlach pfuͤtz grundsuppen misthuͤle truͤbcistern.
Luther, WA
44, 393, 9
(
1543
/
5
):
Das ist der Teuffel, Wenn das Wasser truͤb wird, so fischt er gern.
Ebd.
52, 366, 37
(
1544
):
Wie sie [die sich lassen duncken, sie seind klug] in dem Juͦdischen volck sind hinweg geworffen, unnd allein die trübe hefen davon geblieben.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
49, 185
(
Magdeb.
1608
):
So wol hab jhm geschmecket nicht / | Was er sonsten [...] | [...] aß vnd tranck. | Als das truͤb Wassr so in der flucht / | Sein durst zu leschen wart gesucht.
Quint, Eckharts Pred.
2, 603, 5
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
gienge ich über ein wazzer und wære ez gemenget und trüebe, sô enmöhte ich mîn antlütze dar inne niht gesehen.
Dedekind/Scheidt. Grob.
200, 2
(
Worms
1551
):
Ein sauber wasser ist dein nutz / | Ein truͤbs wischt dir nit ab den schmutz.
Perez, Dietzin
1, 132, 1
(
Frankf.
1626
):
damit das alte Sprichwort wahr bleib: [...] das truͤbe Wasser de͂ Fischern sonderlich bequaͤm.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
215, 2
(
omd.
,
1554
/
1633
):
Weschen werden uf den stollen nicht gestattet, damit die mit den trüben nicht verschlemmet.
Keil, Peter v. Ulm
475
(
nobd.
,
1453
/
4
):
sol meyden als trübs tranck vnd wasser.
Gille u. a., M. Beheim
267, 36
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Sie hat ain zweidig nasen, | [...] | dar auss so hangen vasen | von puczen und von kengel trub.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
224, 14
(
Nürnb.
1548
):
werffen sie den Christen allen jammer [...] auff den halß / [...] alß haben sie [...] allein alle wasser truͤb gemacht.
Sachs
18, 295, 17
(
Nürnb.
1566
):
Zulecz aber der gottloß hauffen | Der muß die trüb hefen außsauffen.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
213r, 12
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1400
˺):
Wer welle truͤben win luter machen, der / nem winstain.
Stopp, Kochbuch S. Welserin
182, 8
(
Augsb.
1553
):
damit die brie nit trieb werd, múgt aúch ain wenig haúsenblater daranthon.
Winter, Nöst. Weist.
1, 291, 31
(
moobd.
,
1. H. 16. Jh.
):
so hebt sich die trueb an, so ist er di trueb dem pergherrn verfallen sambt dem völligen pergrecht.
Ebd.
303, 21
:
kombt er vormittag mit wolgeschmachen trüeben most, so soll sich der herr zallen lassen.
Luther, WA
23, 28, 28
;
Gille u. a., a. a. O.
257, 25
;
Morrall, Mandev. Reiseb.
36, 7
;
166, 19
;
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
26a
;
Maaler
410r
;
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
537
;
Pfälz. Wb.
2, 552-555
;
Schwäb. Wb.
2, 409
;
410
.
Vgl. ferner s. v.
1
abliegen
 2,
anlauf
 5,
ast
 1,
aufheben
 7,
baldrian
,
brül
.
2.
›trüb, dunkel, neblig, wolkenverhangen‹ (vom Wetter).
Bedeutungsverwandte:
dunkel
(Adj.) 1,
finster
,
gewolkt
,
neblig
,
rau
 3,
schwarz
,
unruhig
,
wolkecht
,
wolkig
,
wüst
.
Gegensätze:
heiter
 3,
lauter
(Adj.) 3,
liecht
(Adj.) 3, 4,
schön
; vgl.
1
hel
 3,
klar
(Adj.) 3.
Syntagmen:
der trübe himmel / tag, die trübe luft, das trübe wetter, trübe wolken
.
Wortbildungen:
trübe
(
die
) 2 ›Dunkelheit‹ (von der Nacht).

Belegblock:

Lappenberg, Fleming. Ged.
470, 22, 2
(
1635
):
Als eure Ankunft, Herr, uns wurde kund getan, | da hub die trübe Luft sich an bald abzuhellen.
Schöpper
32b
(
Dortm.
1550
):
Nubilum. Truͤb dunkell gewolckt wolcket wolckig neblich.
Beckers, Bauernpr.
58, 24
(
Köln
1515
/
8
):
die son hait mail des morgens dair vnder drune wolcken.
Feudel, Evangelistar
113, 1
(
omd.
,
M. 14. Jh.
):
alse her [hemel] des morgens rot ist, so sprechit ir, iz werde trube weter.
Maaler
410r
(
Zürich
1561
):
Truͤb waͤtter / Gar finster vnnd dunckel. [...]. Truͤber vnd raucher lufft.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
207, 23
(
oobd.
,
1349
/
50
):
wan ain iegleich tier fräut sich des liehten lautern luftes mêr denn des trüeben.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
485, 6
(
moobd.
,
1473
/
8
):
Darumb der nachte trüebe | des streites in da lenger nicht wolt gunnen.
Gajek, Seidelius. Tych.
10, 18
;
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
413, 17
;
Munz, Füetrer. Persibein
15, 4
;
Schöpper
75b
;
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
537
.
Vgl. ferner s. v.
arbeiten
 6,
aufwelgen
,
barre
 2.
3.
›stumpf, trüb (von den Augen, der Sehkraft); unscharf, schlecht sehend‹.
Bedeutungsverwandte:
finster
; vgl.
beisehend
,
gläsern
 1.
Gegensätze:
klar
(Adj.) 2,
lauter
(Adj.) 2.

Belegblock:

Gille u. a., M. Beheim
238, 72
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
dein augen sten in trüben plancz, | als wellestu erplinden.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
261, 34
(
oobd.
,
1349
/
50
):
all slangen habent trüebz gesiht und dar umb siht si daz ir widerwärtig ist selten.
Klein, Oswald
22, 138
;
Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib.
1989, 285
.
4.
›traurig, betrübt, schwermütig‹ (von Personen, der Seele, Tätigkeiten und Handlungen des Menschen); im Einzelnen z. B.: ›traurig blickend‹ (von den Augen); ›traurig klingend‹ (von Liedern).
Gehäuft ˹älteres und mittleres Frnhd.; Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.˺ – Bdv.:
bekümmert
1,
betrübt
2,
leidenhaft
1,
leidig
2,
traurig
1,
trübig, trübselig, unmutig
; vgl.
krank
(Adj.) 2,
melancholisch
,
melastos
.
Wortbildungen:
trübhaft
,
trübheit
›Not, Verzweiflung‹,
trüblich
,
trübsam
›unglücklich‹.

Belegblock:

Reissenberger, Väterb.
3203
(
md.
, Hs.
14. Jh.
):
Sin truplich weinen was vil heiz.
Oorschot, Spee. Trvtz-N.
222, 36
(
wmd.
,
1634
):
Eia thut von hertzen klingen | Lauter trübe Liedelein.
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
10792
(
rib.
,
1444
):
Synt yr in deser groisser droifheit | Mir zo helpen sijt bereit.
Karnein, Salm. u. Morolf
347, 5
(
srhfrk.
, Hs.
um 1470
):
do erkant niemant den elenden man, | dar umb der tegen edele | vil trübe ougen do gewan.
Stackmann u. a., Frauenlob
2, 7, 5
(Hs. ˹
schles.
,
14. Jh.
˺):
Wer slug Egipten kummer tragender vlamme? | wer gap, verkoufter Joseph, heil der trüben sel?
v. Groote, Muskatblut
82, 46
(
nobd.
,
1. H. 15. Jh.
):
Der werlt glaub die macht mich druͤb.
Sachs
1, 465, 25
(
Nürnb.
1542
):
wo du hast auff mich [Glück] vertrawt, | So hast du auff ein eyß gebaut. | Ich mach trübsam das menschlich leben.
Niewöhner, Teichner
505, 12
(Hs. ˹
oschwäb.
,
1368
˺):
nuͦ sint die fuͤrsten truͤbhaft.
Ebd.
564, 2274
(
moobd.
,
n. 1400
):
also ist auch truͤbhafft | von natur der geittig man.
Ebd.
325, 127
;
Schöpper
26b
.
5.
›verwirrt, irre, unverständlich, schwankend, unklar‹ (von Handlungen).
Bedeutungsverwandte:
vgl.
confus
(Adj.),
hauptscheu
,
irre
(Adj.) 2.
Gegensätze:
lauter
(Adj.) 11; vgl.
klar
(Adj.) 8.

Belegblock:

V. Anshelm. Berner Chron.
4, 258, 26
(
halem.
,
n. 1529
):
[Risseg] hat zuͦ êren sinem allerheiligesten vater dem truͤben Luther einen kampf angeboten
(Wortspiel).
Ebd.
5, 20, 19
:
dass si [oberkeit] weder ganz luther, noch ganz trieb kont sin, sunder [...] uf und ab handlet.
Primisser, Suchenwirt
13, 4
(
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Wie vor di maister han gelesen | Dy veynen wart auz trueben vesen.
6.
›vermischt, nicht eindeutig identifizierbar‹ (von Farben).
Bedeutungsverwandte:
vgl.
gemischt
.

Belegblock:

Sudhoff, Paracelsus
14, 419, 39
(
um 1567
):
Calcedonius ist ein stein von vil lautern und trüben farben.