stimmen,
V.;
vgl. die etymologische Anmerkung unter 5.
1.
›tönen, lauten‹; auch: ›sprechen‹.
Phraseme:
der stimmende / stimmige buchstabe
›Vokal(zeichen)‹.
Bedeutungsverwandte:
lauten
 1; 9; vgl.
aufhellen
,
ausklingeln
 1,
halgeben
,
hallen
,
1
gellen
 1; 2; 3.
Wortbildungen
stimbuchstabe
›Vokal‹ (dazu bdv.:
vocal
; vgl.
lautbuchstabe
),
stimlich
›der menschlichen Stimme ähnlich‹ (16. Jh.),
stimmer
›Vokal‹ (dazu bdv.:
lautbuchstabe
,
vocal
),
stimmig
,
stimwerk
1 generell für ›Musikinstrument‹.

Belegblock:

Voc. Teut.-Lat.
ff iijv
(
Nürnb.
1482
):
Stymmen oder lauten mit der rede.
Volz, Prophet Daniel W
3, 5
(
Worms
1527
):
so jr der hoͤrner geschell / die man blasenn wirt / hoͤret / sampt den harpffen / schwegeln / psalter / stimmwerck
[
Luther
1545:
Lauten
]
/ vnd allerley gesang.
Hulsius
R jv
(
Nürnb.
1596
):
die stimmende buchstaben / les voyelles.
Harsdoerffer. Trichter
1, 126, 3
(
Nürnb.
1650
):
daß wir die Stimmer / (vocales) und Mitstimmer (consonantes) nicht ohne Urterscheid vermischen.
Dasypodius
256r
(
Straßb.
1536
):
Vocales, Die stimmbuͦchstaben.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
508
(
Genf
1636
):
stimmig / das eine stimmt hat oder gibt. [...] stimmige buchstaben / Les voyelles.
Kohler, Ickelsamer. Gram.
12, 15
(wohl ˹
Augsb.
1. Dr. 16. Jh.
˺):
das, f, würdt geblasen durch die zene, auf die vntern lebtzen gelegt, vn̄ stym̄et wie naß oder gruͤn holtz am feüre seüt.
Rot
359
(
Augsb.
1571
):
Vocal, Ein laut Buͦchstab / stimmer / der ein lautte stimm vnnd thon gibt / als a, e, i, o, u, y.
Klein, Oswald
111, 147
(
oobd.
,
1436
):
Auss der ratschrann | ward er geweist [...] | den Juden für, Pilatus stimmt: | [...].
Kohler, a. a. O.
13, 23
;
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
508
.
Vgl. ferner s. v.
j
.
2.
als Part. Prät. (an 1 anschließbar): ›lautend, tönend‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
halbärlich
.

Belegblock:

Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
16, 13
(
oobd.
,
1349
/
50
):
diu widerlaufend [stimm] die haizet ze latein echo, und geschiht wenn der gestimt luft sich widerstôzt an paumen oder an häusern.
Ebd.
210, 27
:
wan wenn man sein [pellicânus] haut ab seim flaisch zeuht, sô ist si gestimt reht als si sing.
Ebd.
240, 6
:
Sirene sint merwunder gar wol gestimmet, sam Aristotiles spricht.
3.
›etw. auf den gewünschten, angemessenen, richtigen Ton einstellen‹.
Wortbildungen:
stimmung
1 (Beleg s. v.
intonation
).

Belegblock:

Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
74, 6
(
Frankf./M.
1568
):
Mach Zim͂bel Schellen / groß vnd klein / | Zum Schlittenzeug / sauber vnd rein / | Auch wol gestimbt auff die Stech Bahn.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
508
(
Genf
1636
):
stimmen / die stimme außtheilen wan man singen will.
4.
›mit etw. / jm. übereinstimmen, zu etw. / jm. passen, im Einklang mit etw. / jm. stehen; e. S. zustimmen, beistimmen, beipflichten‹; trans.: ›etw. in Gleichklang, Harmonie bringen‹.
Bedeutungsverwandte:
accordieren
 1; 2,
gatten
,
reimen
 3; 5,
vergleichen
; vgl.
bequemen
,
gehellen
.
Syntagmen:
überein / miteinander / zusammen s
.;
die seiten
(Subj.)
s
.;
jm. (etw.) s.
;
mit etw./ jm. s., jm. zu etw. s., zu etw
. (z. B.
zu dem banne
)
s
.,
etw.
(z. B.
die predig
)
auf jn.
(z. B.
auf den man
)
s., mit etw
. (z. B.
mit den zeugnissen / worten
)
/ mit jm
. (z. B.
mit Paulus
)
s
.; trans.:
die herzen ineinander s
.

Belegblock:

Schöpper
103b
(
Dortm.
1550
):
Quadrare. Reimen gatten stimmen vergleichen.
Luther, WA
15, 621, 30
(
1424
):
es stimmet und reimet sich auch mit der sachen.
Ebd.
17, 2, 123, 3
(
1525
):
So muͦs das hertz mit dem munde stymen.
Ebd.
21, 148, 18
(
1528
):
ALle Euangelion sind eine predigt, [...], alle stimmen und klingen sie auff den man.
Ebd.
30, 2, 517, 18
(
1530
):
So schadets doch nicht das viel mit einander stimmen und dem teuffel deste stercker begegen.
Mieder, Lehmann. Flor.
820, 2
(
Lübeck
1639
):
Wenn ein oder zwo Seiten nicht stimmen / so wird der Concent verderbt.
Gropper. Gegenw.
19r, 1131
(
Köln
1556
):
darin die Euangelisten / vñ der H. Apostel Paulus mit einander stimme͂.
Mayer, Folz. Meisterl.
75, 69
(
nobd.
,
1517
/
8
):
Welcher gotlichen persan das pas het gestimt | Dan Got des vatters pild?
Reichmann, Dietrich. Schrr.
129, 6
(
Nürnb.
1548
):
das er [Got] sie [eheleut] also regirn / vnd jre hertzen also in einander stimmen woͤlle.
Trunz, Meyfart. Rhet.
1, 37, 8
(
Coburg
1634
):
wann der KirchenRath einhelliglich zu den Bann gestimmet / wurde ein Trawr vnd Fasttag drumb / daß ein Glied von dem Geistlichen Leibe JEsu solte abgeschnitten werden / verkuͤndiget.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 542, 24
(
Hagenau
1534
):
Es stehet eynem biderman ubel an / wenn mundt und hertz nicht eynig seind / unnd zusammen stymmen.
Jörg, Salat. Reformationschr.
198, 8
(
halem.
,
1534
/
5
):
Darzuͦ wott jmm ouch stimen d(octor) Bastion von Schafhusen.
Enders, Eberlin
3, 270, 37
(o. O.,
1526
):
dieweil sie anfencklich zuͦr sach gestymbt haben vnd zuͦr rottung geholffen.
Luther, WA
52, 675, 20
;
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
72r, 3
;
293v, 38
;
Henisch
1576
;
Schweiz. Id.
11, 416
.
Vgl. ferner s. v.
accordieren
 2.
5.
›etw. festsetzen, festlegen, bestimmen; jn. nennen; den Wert e. S. festlegen, schätzen‹. In dieser Bedeutung graphisch und semantisch durchaus mit der Sippe von
stimme
verbindbar; aber auch Anschluß an
stima, stimieren
möglich (vgl.
Dwb
10, 2, 2, 3088
).
Bedeutungsverwandte:
aufsetzen
 14,
ordenen
 6,
schätzen
 5,
setzen
; vgl.
bestimmen
 2,
stellen
 4,
stimieren
.
Syntagmen:
den lon, einen rechttag, die münze / wärschaft / zeit, einen vogt, ein gericht, stätte / ziel s
.,
den markt auf einen tag, das gericht auf
[eine Zeit]
s.
;
etw. also s., das [...]
;
der ob gestimte M
.
Wortbildungen:
stimme
11 ›Festlegung einer Abgabe, Taxe‹ (möglicherweise zu
stima
zu stellen),
stimmung
2.

Belegblock:

Luther, WA
10, 1, 1, 618, 8
(
1522
):
will nit harren nach wartten derselbigen tzusagung, stymmet unnd setzt tzill, stett, tzeytt unnd weyße seyner hulffe.
Ebd.
49, 507, 22
(
1544
):
aber sihe, gleichwol drauff, es ist ihnen zeit gestimpt.
Qu. Schweiz. Gesch.
1, 92, 21
(
halem.
,
1470
):
Und setzend üch heim ein gricht zuͦ stimmen, dem woͤllind sy ghorsam sin?
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
995, 17
(
halem.
,
1500
):
Es ist angesechen, ein múnntz und waͤrschafft zuͦ stymmen, ordnen und halten wie Berrnn.
Maaler
389r
(
Zürich
1561
):
Einem ein tag Stimmen. Diem alicui constituere. Ein gewüsse zeyt Stimmen vnnd ordnen inn woͤllicher einer ab der vogtey ziehe.
Bastian, Runtingerb. 3, S. 
296
(
oobd.
, o. J.):
Gibt man auff die stimm den herrn von 100 ℔ 12 ß.
Luther, WA
41, 334, 17
;
UB Zug
1876, 7
;
2151, 8
;
Schweiz. Id.
11, 419
;
Vorarlb. Wb.
2, 1313
.