steigen,
V., unr. abl.
1.
›sich steigend, kletternd o. ä. von einem niedrigeren auf einen höher gelegenen Punkt hin bewegen (meist von Personen); von unten nach oben steigen, aufsteigen (von Sachen, etwa von Rauch gesagt)‹; mehrfach in Bildern.Bedeutungsverwandte:
klettern
klimmen
2
steifen
Gegensätze:
fallen
Syntagmen:
empor / herauf / hoch s., der bal s., der rauch in die nase, der stul auf die bank s., j. an das kreuz, an das bette, auf die wolken, auf die kanzel / kuh, den berg / turm, auf die magd, aus dem grab, in die höhe, zu der höhe, zu got, gen himmel, in das schif, nach gemsen, zu dem altar / berge s
.; das steigen des gebirges
.Wortbildungen:
steig
ai
-Schreibung im Beleg Grothausmann, s. u., zur
. Hochstufe von 2
steigen
, mhd. steic
), steigegerät
steigen
steigfarre
steighengst
steigig
gach
steil
steigrieme
steigleder
Belegblock:
Schöpper
38a
(Dortm.
1550
): Adscendere. Steigen klimmen klettern.
Luther, WA
31, 2, 677, 19
(1530
/1
): ziegen die steigen gern.
Apherdianus
138
(Köln
1575
): Equs admissarius, qui ad equas admittitur sobolis procreanda gratia, steig / stallhengst.
Stoltzius, Chym. Lustg.
57, 9
(Frankf./M.
1624
): Keiner wird hinfort mehr dergleichn | Begehren in die hoͤh zusteign.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
16, 10
(osächs.
, 2. H. 14. Jh.
): welchir teyl des roris stigit uf das andir von unsir czoubernisse, wen di geschit, der gewint.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
114, 27
(omd.
, um 1559
): das nach steigens und fallens der gebirge [...] die genge aus ihrem streichen vorruckte.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
71r, 36
(Leipzig
1588
): Da jemand einem Diebe [...] Leitern / Stuͤle / Bencke / vnd andere Steigegerethe zutreget.
Thiele, Minner. II,
13, 210
(Hs. ˹nalem.
/sfrk.
, 1470
/90
˺): unadel ist zu ferr | uß dieffem dal uff hoen berg gestigenn.
Dasypodius
429r
(Straßb.
1536
): Steigig / da man steigen mag.
Wiessner, Wittenw. Ring
1676
(ohalem.
, 1400
/08
): der ze höch im stigen wil, | Der fleugt inn graben ze dem zil.
Wyss, Luz. Ostersp. Marg. zu
9835
(Luzern
1545
): Saluator stygt vs dem grab.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
505
(Genf
1636
): Der berg ist nicht (steigig).
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 143, 9
([Augsb.
] 1548
): Wann die Stuͤle auff die Bencke steigen / so wirdts nicht guͦt.
Barack, Zim. Chron.
2, 439, 18
(schwäb.
, M. 16. Jh.
): Das walt Got! sprach pfaff Petter, do stieg er uf die magt.
Henisch
29
(Augsb.
1616
): Je hoͤher die Affen steigen / je lecherlich sie scheinen.
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
24, 4
(noobd.
, 1347
/50
): Daz zehende zaichen haizzt der stainpok, daruͤmb, daz deu sunne danne ze perg steigt, als ain stainpok.
Buijssen, Dur. Rat.
15, 1
(moobd.
, 1384
): zu der stund hat Christus gestigen ans chrewcz.
Winter, Nöst. Weist.
4, 63, 37
(moobd.
, 1477-94
, Hs. 16. Jh.
): Es soll niemand ungewondlich weg treiben oder steigen
(›[Vieh] hinauftreiben‹, tropisch).
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
124, 22
(mslow. inseldt.
, 1563
): [dos śie baide] durch die keer, die auf des Paul Mośngals land iśt ein fraien Staig vnnd Weg haben wolten.
Rechn. Kronstadt
1, 144, 28
(siebenb.
, 1510
): pro Stig rÿmen ad sellam provincialem asp. 5.
Luther, WA
10, 3, 224, 8
; 21, 296, 24
; Peil, Rollenhagen. Froschm.
575, 2285
; M. Cunitia. Ur. Prop.
175, 10
; v. Ingen, Zesen. Ged.
397, 26
; Bell, G. Hager
516, 2, 3
; Thiele, a. a. O. II,
13, 185
; Wiessner, a. a. O.
810
; Spechtler, Mönch v. Salzb.
32, 15
; Maaler
388r
; Schweiz. Id.
1, 903
.‒
Vgl. ferner s. v. ablassen
16, 1
an
4, anblasen
2, 3
auf
5, aufdecken
2, 1
bal
2.2.
›wo (mit unterschiedlichem Grad der Gewaltanwendung, auch militärisch) eindringen, einbrechen, einfallen‹, die Bewegungsrichtung von unten nach oben ist dabei mitgedacht, gegenüber 1 aber reduziert; auch bildlich.Bedeutungsverwandte:
stürmen
1
aufbrechen
Syntagmen:
in den markt / sal / weingarten, in die behausung / stat, in das haus / geschlos s
.Belegblock:
Große, Schwabensp.
170a, 12
(Hs. ˹nd.
/md.
, um 1410
˺): Grebet in diep eines nachtes in ein huͦs oder stichet dar in.
Bernoulli, Basler Chron.
4, 4, 66, 8
(alem.
, 1462
): fruͤy am morgen wart die statt Mentz gestigen und gewunnen.
Martin, H. v. Sachsenh. Tempel
846
(schwäb.
, 1455
): verzich du [Maria] mir | Das ich so lange schwig | Und nit mit worten stig | In dines lobes sal!
Seemüller, Chron. 95 Herrsch.
125, 10
(oobd.
, Hs. 1. H. 15. Jh.
): er [...] liez den graben da füllen und stigen in der stat, die sich auch ergab.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
140, 26
(oobd.
, 3. Dr. 15. Jh.
): Der [...] stayg haymlich inn das guet gschloss Eppenstain.
Ebd.
159, 28
: an derselbigen weyssen stygen des Wolfftarffers dienner nahent pey der kirchen inn den marckt.
Große, a. a. O.
192a, 33
.‒
Vgl. ferner s. v. 2
al
(Adj.) 4, behaltung
12, inne
(Adv.) 1.3.
›steigen, sich erhöhen, sich in Aufwärtsentwicklung befinden (von Sachen)‹.Belegblock:
v. Tscharner, Md. Marco Polo
18, 18
, (osächs.
, 2. H. 14. Jh.
): als sich stegit dy summe der dube, also meren sich di kulin slege bi sibin bis an sibin hundirt.
Ebd.
26, 15
: Von der stigit di muncze uf x floren.
Weizsäcker, Graupn. Bergb.
181, 19
(osächs.
, 1544
): es steige di zeche ader falle, so sol der Jocuff Thize von Bartel Schotten bezalt werden.
Chron. Nürnb.
4, 149, 15
(nobd.
, 15. Jh.
): da galtz korn 8 ℔. in der vasten und uber ein jar 11 ℔. und staig auf pis auf 32 ℔.
4.
›hoch aufsteigen, sich erheben, hoch aufschwingen, über sich hinaus steigen‹, jeweils räumlich in der Richtung von unten nach oben gedacht, meist mit negativer Wertung; Ütr. zu 1.Bedeutungsverwandte:
vgl. aufgehen
aufschwingen
aufstehen
Gegensätze:
fallen
Syntagmen:
j
. (z. B. pfaffenfürsten
) s., j. hoch, immer höher, auf das höheste s., der geist, die sele, der akzent, die stimme s., mit otmutigkeit
[wohin] s., in hoffart / gewalt, in pfründen hoch s., die sele über sich selber s., einer [vogel] über den andern s
.Wortbildungen
(hier anschließbar?): steiger
steig
steigbogen
Belegblock:
Luther, WA
37, 617, 10
(1534
): das alles hoch hin aus wil und steiget.
Stackmann u. a., Frauenlob
1, 18, 4
(Hs. ˹omd.
/schles.
, 14. Jh.
˺): Wie die döne löne schöne | schenken uz der armonien | die sich modeln, dries drien, | wie dis steige, velle schrien.
Ebd.
8, 12
[a] (Hs. ˹nobd.
, 3. V. 15. Jh.
˺): Wie pfaffenfürsten sint gestigen, | man hat verswigen.
Sievers, Oxf. Benedictinerr.
9, 24
(hess.
, 14. Jh.
): zu der himmelscher irhoungen, dar man stigen sal mit otmutkeide disses gegenwurtdigen libes, so wirt uns uff zu stigene mit guden werken die leitere uff gericht.
Müller, Faustb.
904, 12
(Frankf.
1587
): Deßgleichen sahe er viel Heydnische verworffene Tempel. Jtem / viel Seulen / Steigbogen.
Strauch, Par. anime int.
13, 7
(thür.
, 14. Jh.
): di sele bekennet fon nature daz bilde Godis an ir und stigit uber sich selbir und smeckit Got.
Hübner, Buch Daniel
6211
(omd.
, Hs. 14.
/A. 15. Jh.
): Vrunt ir vrunde verterben, | Stigen, vallen bi en ist.
Gajek, Seidelius. Tych.
9, 21
(Breslau
1613
): Je hoͤher sie bißweilen stiegen / | Je tieffer nachm fall sie vnten ligen.
Opitz. Poeterey
32, 35
(Breslau
1624
): Die mittele oder gleiche art zue reden ist / welche zwar mit jhrer ziehr vber die niedrige steiget / vnd dennoch zue der hohen an pracht [...] nicht gelanget.
M. Cunitia. Ur. Prop.
147, 40
(Öls
1650
): Weil aber der [...] Geist / oder Seele nicht ruhen kan; sondern ie weiter und hoͤher steigt / ie mehr sie funden / ie mehr zu wircken und suchen begehret.
Koller, Ref. Siegmunds
137, 42
(wobd.
, um 1520
): so er [hocher meister] je höcher steigt in pfründ und gewalt [...], es gat alls in die hell.
Strauch, Schürebrand
39, 20
(els.
, E. 14. Jh.
): do was ich in eime walde bi Wintertur, [...], bi gar erbern priestern eins ordens heißent die Steiger.
Wickram
4, 34, 5
(Straßb.
1556
): als wann sie [voͤgel] umb ein kleinat kempfften / und einer über den anderen vermeint zuͤ steigen / und mit gesang obzuͤligen.
Barack, Zim. Chron.
2, 393, 28
(schwäb.
, M. 16. Jh.
): mit ainer sonderlichen pronunciatz [...], also das der accent der stim ihe lenger ie höcher stig.
Drescher, Hartlieb. Caes.
321, 14
(moobd.
, 1456
/67
): die stym stigen und erhoͤchten sich als die edellest mwsig.
Luther, WA
41, 329, 3
; Helm, H. v. Hesler. Apok.
15978
; Bachmann, Haimonsk.
93, 29
; Barack, a. a. O.
4, 233, 37
; Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 116
.‒
Vgl. ferner s. v. anweigen
1, austeilung
4, begrausen
.5.
›nach etw. streben, etw. zu erlangen suchen; sich e. S. (z. B. der Sünde) hingeben‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. angespannen
arbeiten
bebrauten
bemühen
bestreben
geramen
stellen
Belegblock:
Helm, H. v. Hesler. Apok.
15260
(nrddt.
, 14. Jh.
): Der mut zur erden siget | Der junc zun sunden stiget | Und leider irrelichen stet.
Schönbach, Adt. Pred.
6, 39
(osächs.
, 1. H. 14. Jh.
): steg nach deme daz tu immer haben macht, daz ist got.
Heydn. maister
29v, 19
(Augsb.
1490
): die zuͦ d’ tugent steigen soltu froͤliche͂ vnd’richtu͂g gebe͂ / aber die sich gebe͂ in muͤßsikeit soltu v’lassen.
6.
›sich von oben nach unten bewegen, herabsteigen (von Personen)‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. absteigen
beissen
stehen
Belegblock:
Luther, WA
12, 538, 24
(1522
): das gottes sun ist von dem himel gestigen.
Eggers, Psalter
32, 14
(thür.
, 1378
): Her neygete dy hemele vn̄ steig nedir
[
fur herabLuther
1545, Ps. 18, 10: ].
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
611, 17
(els.
, 1362
): Do erschrag der keyser vnd steig von sime rosse.
Maaler
385v
(Zürich
1561
): Ab dem baum Steigen.
Hohmann, H. v. Langenstein. Quästio
191, 134
(moobd.
, 1. H. 15. Jh.
): Also steygtt der aff herab
[vom
pawm].
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
88, 34
(moobd.
, 1478
/81
): Sy staig von dem wagen zu der erden mit ser wainenden augen.
Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 110
.