ordinieren,
V.;
zu den Formen, zur Verteilung des Verbs über die Textsorten im älteren Frnhd. sowie zur Etymologie s.
Rosenqvist, Frz. Einfluß.
1932, 167
;
1943, 394
;
vgl. auch
Eckel, Fremdw. Murners.
1978, 137
; gegenüber
ordenen
weniger dicht belegt und semantisch weniger ausdifferenziert.
– Wmd. / nobd. / wobd.
1.
›etw. (Bezugsgegebenheiten äußerst unterschiedlicher, personaler wie sachlicher, konkreter wie abstrakt gedachter, hoher wie banaler Art) schaffen, schöpfen, bilden, gestalten, so einrichten, wie es die jeweilige Situation oder Handlungskonstellation erfordert‹; von Menschen und von Gott als Handelnden gesagt, auf affizierte wie effizierte Objekte bezogen, ohne daß diese Unterscheidung für jeden Beleg handhabbar wäre; teils wird ein religiös motiviertes Ziel des
ordinierens
angegeben; im einzelnen: ›etw. in einem Schöpfungsakt schaffen‹; ›(seine Sachen) ordnen, regeln‹; ›etw. (z. B. eine Kemenate) bedarfsgerecht einrichten‹; ›(ein Land) in eine geordnete Verfassung bringen‹; ›(einen Heerhaufen) aufstellen, zum Kampf ordnen‹; ›(Wunden) behandeln, heilen‹; ›(Buchstaben) gießen‹; ›(Schriftstücke) bearbeiten‹;
vgl.
ordenen
 1; 2.
Bedeutungsverwandte:
anrichten
 6,
bestellen
 12,
formieren
,
gestalten
(V.) 1,
reformieren
 1,
regulieren
 1; 2,
richten
 3,
schicken
 3; 4,
schöpfen
,
setzen
.
Syntagmen:
got
(Subj.)
die welt, die planeten, das firmament, alle dinge o., der geist die finsternis o., j. etw
. (z. B.
buchstaben / kopeien / wunden, eine kemenate, ein hol
›eine Höhle‹,
das her, den haufen, seine sachen, sein begräbnis / geschäft / werk, Deutschland
)
o
.;
die einsiedelen sich o., j. etw
. [wie] (z. B.
christlich, bescheidenlich
)
o., j. etw
. auf etw. / jn. hin (z. B.
in got / zu got, in gottes lob
)
o
.; als partizipiales Adj.:
(Maria, das geschik) zu streite geordinieret sein, die minne
[wie]
geordinieret sein (sollen)
.
Wortbildungen
ordinator
(dazu bdv.:
meister
 3,
ordner
 1; 2),
ordinierung
1 speziell: ›Anordnung der Wagen einer Wagenburg‹ (dazu bdv.:
anschlag
 4).

Belegblock:

Fischer, Brun v. Schoneb.
6165
(
md.
, Hs.
um 1400
):
si [Maria, brut] ist allenthalben wichgar
›kampfbereit‹
| [...] | und wol geordeniret zu strite.
Reissenberger, Väterb.
20468
(
md.
, Hs.
14. Jh.
):
Ouch was gordenieret | Mit siden, silber, golde, | [...] | Min kemenate unde min bette.
Thiele, Minner. II,
26, 10
(Hs. ˹
md.
/
rhein.
,
1. V. 15. Jh.
˺):
da van hait he geformert | de werlt gans und geordineert | planeten und daz firmament.
Jostes, Eckhart
68, 13
(
14. Jh.
):
Daz aht ist, daz du alle dein werk solt ordinieren in bescheidenheit.
Chron. Köln
2, 2v, 40
(
Köln
1499
):
up dat dye ghene dye nu syn. nae den vergangen dyngen. yre gegenwerdiche sachen schicken vnd ordinieren.
Chron. Nürnb.
2, 486, 14
(
nobd.
,
1450
):
der hauf was von gemainem volck [...]. Und also was gantz geordinirt daz geschick zu dem streit.
Ebd.
523, 25
(
1449
):
anslege und ordinirung der wagen und wie vil der sind.
Langen, Myst. Leben
209, 9
(
nobd.
,
1463
):
Das / fünffte ist, das er schol vor ordiniren sein begrebnusse in got.
Mayer, Folz. Meisterl.
8, 152
(
nobd.
,
v. 1496
):
Zum funfften soltu ziren, | Dein geschefft ordinieren | Genczlich yn Got.
Sachs
1, 346, 15
(
Nürnb.
1540
):
Teutsch-lands ich mich an numb | Christlich zu ordinieren | Und wider reformieren.
Ebd.
3, 565, 8
(
1539
):
Wie wol hat Gott all ding ordniert!
Eichler, Ruusbr. obd. Brul.
1, 203
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
daz ist, daz er geborn wirt von dem vatter svnder vnderlaz, vnd daz der vatter in im vnd durch in bekent vnd schoͤpfet vnd ordinieret vnd rihtet alle ding in himel vnd in erden.
Cirurgia H. Brunschwig
34rb, 19
(
Straßb.
[
1497
]):
erheischet die noturfft zuͦ schriben das regiment vñ cur der selbigen wunden wie die genant sint ouch zuͦ ordiniere͂ nach dem bestenn.
Lauterbach, Orhein. Rev.
525, 6
(
nalem.
,
v. 1509
):
wie sÿ [latin, die sproch] Latinus het vsß welsch geordiniert.
Maaler
314r
(
Zürich
1561
):
Ordner / Meister. Moderator. Ordinator. Ordner. [...]. Der etwas ordnet.
Rot
334
(
Augsb.
1571
):
Ordinirn. Recht ordnen / bestellen / zusamen richten / setzen oder legen.
Reissenberger, a. a. O.
190
;
39014
;
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
15, 5
;
Gille u. a., M. Beheim
137, 7
;
Rieder, St. Georg. Pred.
173, 6
;
Maaler
20v
;
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 256
.
2.
›jm. einen Befehl / Auftrag erteilen, etw. verfügen / gebieten / bestimmen‹ (allgemein); speziell: ›jn. [wohin] beordern, zu gehen anweisen‹; ›jm. etw. ärztlich verordnen‹; ›(jm.) die Gestaltung eines Rituals (z. B. einer Hochzeit, eines Begräbnisses) in Auftrag geben‹; ›dem Lauf der Gestirne gebieten, daß [...]‹.
Bedeutungsverwandte:
besetzen
 13,
bestellen
 7,
bieten
(V.) 5,
schicken
 3; 4; 7; 9,
setzen
,
weisen
.
Syntagmen:
gesetze / sachen / ein begräbnis / selgeräte, eine messe, den lezten willen o., Christus worte zu etw. o., gottes gnade jm. etw. o., dem schimpfe die zucht o
. ›dem Schimpfspiel
zucht
verordnen‹,
jm. etw
. (z. B.
eine purgaz
)
o., jn. zu etw. o., jn
. [wohin] (z. B.
in eine kamer, in eine luke
)
o., die kirche
(Subj.)
o., zu
[+ Infinitivsatz],
j. / got (jm.) o., das [...]
.
Wortbildungen
ordinierer
›Gestalter, Ausrichter eines Begräbnisses‹ (dazu bdv.:
ordinator
; vgl.
ordner
 1; 2).

Belegblock:

Wyss, Limb. Chron. U
126, 5
(
mfrk.
,
1373
):
so han ich [...] mẏn selgerede unde testiment gemachet, besast unde geschicket, machen unde ordniren in disem gengenwortigen uffinbar instrument in alle der masse und in alle wijs, als [...].
Chron. Köln
2, 254, 17
(
Köln
1499
):
desglichen doet ouch die hillige kirche als si ordiniert, zo vieren of gedechtnisse zo halten in der kirchen van dem leven der hilligen.
Gille u. a., M. Beheim
13, 65
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
auch die wort werden gesprochen und volfürt, die Cristus darczu ordenirt und weiste.
Ebd.
453, 1722
:
Der wart geordiniret in | die abgeschossen luken hin.
Engel, Rats-Chron. Würzb.
157, 9
(
nobd.
, Hs.
M. 17. Jh.
):
etlicher zal der weppner, von der statt darzu geordnet, nemblich schultheß Peter [...] und Hans Jeger ordenierer, [...], getragen worden.
Fischer, Folz. Reimp.
43
(
Nürnb.
um 1491
):
das ym der arzt all ding ordinier vor dem eyngang des pades daryn̄ vnd auch darauß
(Überschrift).
Sachs
17, 255, 3
(
Nürnb.
1562
):
Eins mals lag ich bey einem wirt, | Der mich zu abends ordinirt | In ein weyte kammer besunder.
Menge, Laufenb. Reg.
1078
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Also hett gott gezieret | Gericht vnd ordenieret | Das das gestirne sunder won | Kein zyte sol stille ston.
Maaler
314r
(
Zürich
1561
):
Ordner / Meister. Moderator. Ordinator. Ordner. [...]. Der etwas ordnet.
Primisser, Suchenwirt
13, 53
(
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Er was, der ye dem schimphe | Mit recht sein tzucht ordnieret.
Leidinger, A. v. Regensb.
596, 3
(
oobd.
,
um 1430
):
also halst sy in und tet im offenwar all sachh, dy durch der weysen rat von ausrichtum wegn dez künkreichs und ir hochczeit waren geordinirt.
Chron. Magdeb.
2, 231, 21
;
Herborn u. a., Rechn. Jülich
60, 4
;
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
307, 6
;
Wyss, a. a. O. U
120, 57
;
Wolf, Norm im sp. Ma.
49, 52
;
Langen, Myst. Leben
205, 13
;
Fischer, a. a. O.
43, 42
;
Rwb
10, 367
.
3.
›jn. in ein Amt, in eine Funktion einsetzen, mit der Ausübung eines Amtes betrauen; eine Amtsstelle mit jm. besetzen‹; speziell: ›jn. ordinieren, in ein geistliches Amt einführen‹.
Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld):
1
befelen
 6,
berufen
(V.) 3,
besetzen
 11,
bestellen
 10,
einsetzen
 2,
ordenen
 8,
verordnen
,
weihen
,
zälen
.
Syntagmen:
ein gericht
(z. B.
mit schreiben
)
o., jn
. (z. B.
einen pfarherren / predikanten / visitator, ritter, leviten, ratsgesellen
)
o., jn. nach gottes lob, zu einem dienst o., jn. o., etw
. (z. B.
ein hauptman
)
zu sein
.
Wortbildungen:
ordinat
›amtskirchlich zugelassenes Kirchengerät‹ (am ehesten hierher),
ordinierung
2 ›Ämterbesetzung‹ (dazu bdv.: vgl.
besetzung
 2).

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron.
832
(
preuß.
,
um 1330
/
40
):
di
[bezogen auf die Ordensritter]
ouch geordiniret | sin nâch gotis lobe | des ordins amtin obe.
Wyss, Limb. Chron.
78, 17
(
mfrk.
,
3. Dr. 14. Jh.
, Hs.
2. H. 16. Jh.
):
[ein minerbruder] hatte me dan dri dusent gewihet unde geordiniret acoliten, subdiaconen, diaconos unde pristere.
Thiele, Chron. Stolle
484, 16
(
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
Dye unsern von erffort sullen [...] den gerichten oren frien loufit wullen geen lossen, dye wir [...] mit personen unnd schriberns bestellen, besetzen unnd ordenern mogen.
Pfeiffer, Frk.-bay. Landfr.
180, 19
(
nobd.
,
1396
):
da ordenirten wir darzu Hansen Sporlin vnsern ratgesellen, heubtman zu sein vnter vnsern gesellen.
Baumann, Bauernkr. Rotenb.
412, 24
(
nobd.
,
n. 1525
):
Der ausschuß ainer gemaind alhie war mit obgeschribner seiner newen ordinerung und besatzung der ampter bißher noch nit gar fertig worden.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
6, 406, 14
(
Straßb.
1466
):
wy dauid salomonem machet zu einem kuͤnig. Vnd wie er die leuiten ordiniret vnd zelet zu dem dienst des tempels.
Rot
334
(
Augsb.
1571
):
Ordiniren [...] eim ein ampt geben oder verordnen.
Siegel u. a., Salzb. Taid.
224, 1
(
smoobd.
,
1624
):
Verpotten artigkel. Auf kelch und ander ordinat zu kirchen, auf gegrabne sigel, roß und ander vich und gewand auch anders, [...], soll niemants kaufmanschaft treiben.
Rwb
10, 368
.
4.
›etw. (z. B. ein Kloster) / jn. (z. B. die Kurfürsten) von einer höheren (rechtlich oder religiös begründeten) Position aus leiten, steuern, regieren, befehligen‹.
Bedeutungsverwandte:
gubernieren
 1,
leiten
 4,
regieren
 2,
vergewaltigen
.
Syntagmen:
got das firmament, die creaturen, alle dinge, der heilige geist den menschen, der keiser die kurfürsten, die regel das kloster, ein weibsbild ein volk o., jn. durch den geist o., jn. o., das [...]
.
Wortbildungen
ordiniererin
(dazu bdv.:
regiererin
 2),
ordinierung
3 ›Herrschaft (Gottes)‹.

Belegblock:

Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
5554
(
rib.
,
1444
):
Were dat also, so moist ouch sijn | Alle andere ordineringe sijn | Gar zo brochen.
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch
11295
(
rhfrk.
,
um 1405
):
du
[Maria]
bist dieser welt regiererynne | Und des hiemels ordeniererynne.
Sachs
2, 339, 22
(
Nürnb.
1537
):
Die Beham daucht unbillich sein, | Das ein weibs-bild [Libussa] solt gar allein | Ein sollich grosses volck regiern, | Vergwaltigen und ordiniern.
Ebd.
18, 558, 5
(
1543
):
all ding stent in seiner hent: | Himel, erd und daß firmament. | Al creatur er ordinirt, | Erhelt, ernert, schmüecket und zirt.
Vetter, Pred. Taulers
183, 10
(
els.
,
1359
):
das der mensche ze allen ziten wirt von dem heiligen geiste geordiniert und beweget, das ist, das in der geist ze allen ziten manet und tribet und locket und zúhet in ein geordnet leben.
Rieder, St. Georg. Pred.
72, 32
(Hs. ˹
önalem.
,
1387
˺):
bi dem ruͦder daz daz schiffe laitet, da bi ist úns bezaichent dú regel dú daz closter laitet und ordiniert.
Leidinger, A. v. Regensb.
621, 2
(
oobd.
,
um 1430
):
da er [kayser Karl] mit der fürsten willen und gunst ordiniret dy kurfürsten römisch reyches.
Franck, Decl. IX,
2
;
Sachs
18, 377, 30
.