niederdrücken,
V.
(rückumlautend); 1 im räumlichen Sinne zu verstehen; 2-5 als Ütr. dazu betrachtbar.1.
›etw. / jn. räumlich nieder, nach unten, zusammendrücken‹; speziell: ›(ein Schiff) versenken‹; vgl.
nieder
1, drücken
I, 1.Syntagmen:
eine mauer, blumen, gras, gewächse n., der schne die bäume, die bürde jn. n
.; die nase, ein überbein (jm.) niedergedrukt sein
; der niedergedrukte grund
›Abdruck eines Körperteils (z. B. des Fußes) auf einem Grund‹ (mixtura verborum).Belegblock:
Wyss, Limb. Chron.
51, 10
(mfrk.
, 3. Dr. 14. Jh.
, Hs. 2. H. 16. Jh.
): die nase was ime mitten nider gedrucket.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
70, 2
(osächs.
, 2. H. 14. Jh.
): si
[das
volk]
han ouch groze munde [...] unde wite ougin und ufgedunst, die nase nydir gedruct glich eyme affin. Keil, Peter v. Ulm
132
(nobd.
, 1453
/4
): Wem der kinpack auß der stat vert, [...] Dem scholtu also helffen: Greiff im mit einem finger in den mund vast hin hinder vnd truck mit dem daumen nyder.
Rupprich, Dürer
2, 209, 828
(nobd.
, 1513
/5
): so dw nun den fus jm nider getrugten grund gemacht hast, so mach jnn dornoch awffrecht jn einer anderen firung ob dem nider getrugten grund also.
Bernoulli, Basler Chron.
6, 259, 3
(alem.
, 1372
): 1372 fiel ein grosser schus am pfinstabent, das er die bom niderstruckt.
Maaler
306v
(Zürich
1561
): Die burdi Truckt mich Nider / Jch trag dz ich mich darunder bucken. [...]. Schiff, Nidertrucken vñ versencken.
Rupprich, a. a. O.
2, 206, 637
; 210, 902
; Bauer u. a., Kunstk. Rud.
180
; Schweiz. Id.
14, 826
.‒
Vgl. ferner s. v. in
(Präp.) 9.2.
›(eine schwere Speise) neutralisieren, bekömmlich machen‹, ein Vorgang, der als ,niederdrücken, senken‘ metaphorisiert wird.Belegblock:
Arndt, biechlin
C iijv
(Freiburg
1523
): Ob ein mensch lust hat zuͦ essen feißte speyß [...] die nit gesundtlich ist vnnd schwymbt embor in dem magen / der sol darnach essen speyß die nidertruckent schoppent / als keß vnd biren.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
340, 21
(oobd.
, 1349
/50
): [die wilden pirn] trückent auch daz ezzen mêr nider in dem magen, wenn man si nâch tisch izt.
3.
›jn. sozial, psychisch, (vor allem) religiös (im Prozeß der Heiligung) herabsetzen, erniedrigen, demütigen‹; speziell zur religiösen Nuance: ›jn., die sele
in den Zustand des mystischen Nichts, des Unsagbaren führen‹ (und sie damit in die Nähe gottes
bringen); vgl.
nieder
2; 4; 5; 6, drücken
I, 5; 8.Überwiegend Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
demütigen
niederneigen
niederschlagen
vernichten
zwingen
Gegensätze:
aufrichten
erhöhen
Syntagmen:
Christus, den hochfertigen, jn. in den grund n., die sele n
.; der niedergedrukte betrübte
; der geist, niedergedrukt in demütigkeit
(nachgestellt); subst.: etw. ein niederdrucken sein
.Belegblock:
Luther, WA
1, 204, 20
(1517
): Gott hat meyn crafft yn dissem leben gedemutiget und nydergedruckt. dann Christus reych steet yn einem gericht.
Ebd.
1, 707, 30
(1518
): warumb streben sy [Juden] wider und gedencken nit under Christo zu sein, sonder in irer gewalt in nider zu trucken, das doch ain vergeblich [...] fürnemen ist.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
538, 1017
(Magdeb.
1608
): Die [Freund] mich auch selber niderdruͤcken / | Nicht außhelffn / wenn mirs wil vngluͤcken.
Knape, Messerschmidt. Bris.
2, 84
(Frankf./M.
1559
): du hast on zweiffel offtmals gesehen / was stoltz / vbermut / verachtung der armen / vnd nider getruckten betruͤbten [...] arges vnd vbels / gestifft haben.
Strauch, Par. anime int.
26, 4
(thür.
, 14. Jh.
): ist daz der vigint wol icht wirkit, daz ist alle zit ein nidirdruckin und nidirneigin.
Vetter, Pred. Taulers
252, 25
(els.
, 1359
): das si [starke frije minne] in so tieffe nider trukt in den grunt, das ist in ein vernúten das grundelos ist.
Roloff, Brant. Tsp.
1585
(Straßb.
1554
): Er [Gott] truckt die Hochfertigen nider | Und erhoͤcht die demuͤtigen wider.
Bauer, Geiler. Pred.
76, 32
(Augsb.
1508
): das du gewinnest ainen armen und nidergeschlagnen gaist / der sich demuͤtigt under got und under all creaturen [...] der nit zerswollen und zerblasen ist in hochfart / sonder nidergetruckt in rechter demuͤtigkait.
Luther, WA
1, 183, 17
; Kehrein, Kath. Gesangb.
3, 182, 5
; zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
203
; Voc. Teut.-Lat.
x vr
.4.
›etw. (positiv Beurteiltes) antasten, beeinträchtigen, schmälern, unterdrücken; etw. (negativ Beurteiltes) bekämpfen, bezwingen, unterdrücken‹; als Spezialisierung hier anschließbar: ›etw. (ein Verbrechen) durch Verschweigen, Vertuschen als ungeschehen erscheinen lassen‹; vgl.
nieder
4; 5, drücken
I, 7.Phraseme:
jm. die scheitel niederdrücken
›jm. die Eitelkeit nehmen‹.Bedeutungsverwandte:
abstellen
1
beugen
4
brechen
Syntagmen:
die ere / erbarkeit / fromkeit / hoffart / Gottes wort / hofnung / tugend / warheit, das regiment / unrecht, den sitte n
. (jeweils auf Positives bezogen); die begierde / empörung / hoffart, das übel / fleisch, das weltliche geschäft, die einwurzung des unglaubens n., der saphir eine schwulst n
. (jeweils auf Negatives bezogen).Wortbildungen:
niederdruk
eidgenosschaft, des evangeliums
; a. 1442).Belegblock:
Helm, H. v. Hesler. Apok.
19414
(nrddt.
, 14. Jh.
): Wen her [Antemok, Antecrist] al ere drucket nider | Und Gotes ere wil vorkeren.
Luther, WA
9, 539, 28
(1520
): [grosse hansen] wollten gerne die warheyt ganzc zcu poden stossen und niderdrucken, das di gancz wellt davon abfiell.
Ebd.
9, 638, 29
: Die schriefft und Gottes wordt, wen man das predigt, hat es so bald vorfolgung, domit mans wil nider drucken, wilß bewgen und brechen.
Neumann, Rothe. Keuschh.
3628
(thür.
, 1. H. 15. Jh.
): di dritte [krafft], di der saffir treget, | das ist das her di swolst auch leget | unnd drockt di nider, das si vorget.
Ebd.
5323
: di zucht saltu vorslan nicht, | wan si den menschen sere smocket, | di schettelen si ym nyder drocket.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
239
(Nürnb.
1517
): die verfolgung des fleischs
[›durch des
fleisch‹]
nidertruckt die hofnung durch die heiligen ee. Chron. Strassb.
650, 10
(els.
, A. 15. Jh.
): das
[jn.
erstechen, wunden]
wurt denne nydergedrucket und verswigen durch sinre eren willen, also es billich ist. Bachmann, Haimonsk.
149, 35
(halem.
, 1530
): ich will vor dannen rytten Ruollanden hoffart nyder trucken, die ist vast gros.
Jörg, Salat. Reformationschr.
288, 6
(halem.
, 1534
/5
): dardurch alle erberkeytt und fromkeytt / guͦt sitten / und brüch / nidertrucktt
[werden].
Niewöhner, Teichner
429, 117
(Hs. ˹moobd.
, 1360
/70
˺): wer dw worhait truchet nider, | der hat got verchauft.
Karnein, de amore dt.
193, 38
(moobd.
, v. 1440
): wann alle ere, frunckait vnd tugent wirt verlorn vnd nyder gedruckt von der geitigkait.
Reissenberger, Väterb.
12906
; Baumann, Bauernkr. Rotenb.
278, 4
; Koller, Ref. Siegmunds
244, 30
; Jörg, a. a. O.
289, 23
; Karnein, a. a. O.
211, 39
; Schweiz. Id.
14, 781
; 827
.‒
Vgl. ferner s. v. abschneiden
10, ausreutern
, begierde
3.5.
›sich hinlegen‹.Belegblock:
Gille u. a., M. Beheim
332, 30
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): In diser ungeduld | ich mich da nidertruket | und lag, pis ich entnuket.