nachbarschaft,
in etwa der Hälfte der Belege
nachbauerschaft
, die
;-Ø/-en
.1.
›an ein Bezugsgebiet angrenzender, vertrauter Raum‹; tropisch: ›Herkunft aus einem solchen Raum‹; vgl.
nachbar
1.Bedeutungsverwandte:
nachort
nähe
Syntagmen:
aus der n. (an)kommen, jn. aus der n. laden, etw. in die n. tragen
(zum Verkauf), j. der n. nach Däne sein
; die gemeine n
.; die frösche aus der n., der gebrauch, die gewonheit in der n
.Belegblock:
Peil, Rollenhagen. Froschm.
519, 379
(Magdeb.
1608
): [Da] die Froͤsch aus der Nachbarschafft / | Gebeten hattn zur Geselschafft.
Fuchs, Murner. Geuchmat
47766
(Basel
1519
): Wenn yeder ietz ein hußfroun nem! | die von der nachparschafften kem.
Maaler
297v
(Zürich
1561
): Nachbauwrschafft (die) Ein naachort oder naͤhe. Vicinitas.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
332
(Genf
1636
): nachbarschafft / Grentze / [...] / Vicinia.
Moscouia
B 2v, 17
(Wien
1557
): Hab ich lang gedacht / die Varegi waͤren Schweden / Preissen / oder Dennen / der Nachparschafft nach gewest.
Peil, a. a. O.
50, 205
; Kollnig, Weist. Schriesh.
149, 19
; Grothausmann, Stadtb. Karpfen
7, 6
; 57, 6
.2.
›Verhältnis wechselseitiger nachbarschaftlicher Vertrautheit, Verbundenheit, einvernehmliches Zusammenhalten und -handeln mit den Nachbarn, wie es sich aufgrund der räumlichen Nähe als förderlich erweist und als Verpflichtung verstanden wird‹; die positive Bewertung des Nachbarschaftsverhältnisses ergibt sich oft aus einem aktuellen Anlaß; vgl.
nachbar
1; 2.Bedeutungsverwandte
(bzw. Orientierungsfeld): einigkeit
4, einung
I, 6, förderung
, freundschaft
, friede
, gütlichkeit
1, hilfe
, neigung
1, rat
(der
) 13, ruhe
3, treue
4, verwandtschaft
, verständnis
, guter wille
.Syntagmen:
(getreue / gute) n. aufnemen / bedingen / beweisen / halten / suchen
; sich (guter) n. erbieten / annemen
; in den nachbarschaften zusammen halten, um n. willen bei einem brauch bleiben, etw. um n. willen nachlassen, jm. von der n. wegen beistand tun
; die gute
(oft) / getreue / hergebrachte / vertrauliche n
.; die erhaltung / vergessung der n
.Belegblock:
Peil, Rollenhagen. Froschm.
52, 274
(Magdeb.
1608
): Nurt das jhr seid vnser Freundschafft / | Haltet getrewe Nachbarschafft.
Küther, UB Frauensee
393, 23
(thür.
, 1530
): hat er die geprechen, [...] umb nochparschafft willen nachgelassen, seinen f. g. [...] zu erkennen geben wollen.
Merk, Stadtr. Neuenb.
101, 28
(nalem.
, 1602
): daß wir beiderseits unzhäro ein guete zeit lang freündliche guete nachperschaft zuesamen gesuecht.
Wickram
4, 9, 3
(Straßb.
1556
): Es habend sich unsere voraͤlteren [...] fast beflissen / das sie sich inn den Nachbaurschafften fein früntlich zuͦsamen gehalten
(auch zu 1 stellbar).
Baumann, Bauernkr. Oberschw.
80, 26
(schwäb.
, v. 1542
): mit furbetrachter boßhayt, vergessung aller nachpaurschaft und trew.
Chron. Augsb.
4, 368, 30
(schwäb.
, v. 1536
): zuͦ erhaltung des löblichen frids, ruͦ, ainigkait und hergeprachter guͦtter nachpaurschafft.
Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
136, 17
(moobd.
, 1477
): ir wellet uns [...] in solhen noten von nachperschafft wegen mit robat ainen beistand tun.
Aubin, Weist. Hülchrath
272, 2
; Baumann, Bauernkr. Rotenb.
478, 1
; 486, 15
; Roder, Stadtr. Villingen
201, 1
; Merk, a. a. O.
94, 31
; Rennefahrt, Statut. Saanen
208, 4
; Chron. Augsb.
8, 101, 2
; Uhlirz, Qu. Wien
2, 3, 4869, 5
; Brunner, a. a. O.
149, 46
; Rwb
9, 1136
f.‒
Vgl. ferner s. v. abbiegen
2.3.
›Gesamtheit der Personen im Sinne von nachbar
1 und 2, die in enger räumlicher Nähe wohnen und in wechselseitig organisierter Verständigung den Alltag regeln‹; der für diese Gruppe in Betracht kommende Raum schwankt zwischen direktem Kontakt und den Grenzen eines Ortes, in letzterem Falle: ›Einwohnerschaft eines Ortes‹; die Organisation der nachbarschaft
erfolgt aufgrund gemeinsamen Wissens über mündliche Kontakte sowie über einberufene Versammlungen, in diesem Falle tropisch: ›mit alltagsbezogenen Rechten, Funktionen versehenes Gremium‹.Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
bürgerschaft
gemein
die
) 2, geselschaft
Syntagmen:
die n. anrufen / befragen
; die n
. (Subj.) wege machen, wandel
›Strafen‹ erkennen, einen richter erwälen, den dorfmeister bestäten,
˹sich unterstehen, schuldig sein
˺, zu [...], jn. zarten, lieb haben, lieber zum teufel faren, dan [...]
; der n
. (Dat.obj.) schaden besorgen, erlauben, weren, zu [...]
; jn. in der n. verdächtig machen, mit der n. auf sein
; die ganze / gemeine n
.; der wille, die anrufung / hilfe / nachfolgung / versamlung, das wissen / ostermal der n
.; das begeren an die n., hader zwischen den nachbarschaften
.Belegblock:
Luther, WA Br.
3, 578, 20
(1525
): das durch Schuld Eurer löblichen Stadt Burger, welches ja eine unfreundliche Nachbarschaft ist, so nahe ein Bier dem andern zu Trotz und Schaden ausstecken.
Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
219, 19
(Frankf./M.
1649
): vnd machen wir sie durch vnser Gewaͤsch in der gantzen Nachbarschafft verdaͤchtig.
Skála, Egerer Urgichtenb.
57, 13
(nwböhm.
, 1569
): man wolle den flaischhacker Anhero Pringen, Auch sein Nachtbarschaft Befragen.
Köbler, Stattr. Fryburg
204, 7
(Basel
1520
): welcher inwonder [...] nit ein sicher füerstatt / noch kemet hat / [...] / dadurch schad vnd nachteil siner nachpurschafft vnd gemeiner Statt zuͦ besorgen wer / der [...].
Maaler
297v
(Zürich
1561
): ¶ Nachbauwrschafft / Versamlung der nachbauwren. Vicinitas, Vicinia.
Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 141, 2
([Augsb.
] 1548
): so solt der Man / die Kinder / das Gesinde / unnd gantze Nachbaurschafft / lieber beim Teüfel wonen / dann bey ainem solchen Weibe.
Winter, Nöst. Weist.
1, 39, 34
(moobd.
, 1. H. 16. Jh.
, Hs. M. 16. Jh.
): so ainer [...] wolt den weg nit machen oder pössern durch sich selbs oder durch anrüefung der nachtperschaft, und so [...].
Ebd.
89, 19
(1527
): wie dann solch wendl [...] in dem eehaften taiding oder pantaiding durch die umbsessen und nachperschaft erkennt werden.
Wickram
4, 12, 15
; Rennefahrt, Gebiet Bern
469, 33
; ders., Wirtsch. Bern
215, 23
; Mell u. a., Steir. Taid.
123, 27
; Grothausmann, Stadtb. Karpfen
64, 4
; 118, 15
; Piirainen, Stadtr. Kremnitz
55
; Voc. Teut.-Lat.
x jv
.‒
Vgl. ferner s. v. abfal
1, aufsein
4.