misbrauch,
der
;-s/-bräuche
, auch -Ø
.1.
›Handlung oder Verhalten, die/das dem sozial Üblichen, Gewohnten, Funktionalen, religiös Begründeten entgegengesetzt ist; üblich gewordenes Fehlverhalten‹; im einzelnen z. B. ›nachlässige Bewirtschaftung eines Gutes; Raubbau an etw.‹; ›Überschreitung der anerkannten Grenzen der Moral, der religiösen Normen‹; ›mißbräuchlicher Umgang mittels e. S.‹ (z. B. mittels der Sprache); teils als Vorwurf gegen den jeweiligen weltanschaulichen Gegner gebraucht; vgl.
misbrauchen
1.Bedeutungsverwandte:
anmassung
lästerung
unordnung
untat
verkerung
verwüstung
Gegensätze:
ordnung
Syntagmen:
den / einen m. begehen / brauchen / haben / halten / ansehen / abschaffen / abtun / ausreuten / rächen / strafen
; m
. (Subj.) [wo] einschleichen / vorgehen / sein
; einem m. wiedersprechen
; auf den m. sehen
; der m. der güter, der freiheit / messe / sprache, des gedichtes / sacramentes / weines, eines namen, die misbräuche der geistlichen
(gen. subjectivus); der m. in den kleidungen
; der alte / äusserliche / böse / eingerissene / ergeizige / grobe / grosse / merkliche / papistische / schädliche / schändliche / schwere / simoneische / ungebürliche / vermaledeite m
.; die abschaffung / abstellung / pein
›Strafe‹ des misbrauchs
.Belegblock:
Luther, WA
30, 3, 310, 21
(1531
): der grobe eusserliche misbrauch, da die Pfaffen [...] so leicht fertig mit dem Sacrament handelten.
Stambaugh, Friederich. Saufft.
31, 27
(Frankf./O.
1557
): mißbrauch heist [...] wenn man ein ding unnuͤtzlich oder anders / denn es von Gott geordnet ist / gebraucht.
Mieder, Lehmann. Flor.
511, 14
(Lübeck
1639
): Mißbrauch ist des guten brauchs Rost der sich jmmer anhaͤngt.
Rosenthal. Bedencken
22, 22
(Köln
1653
): daß er dem Patriarchen [...] in dergleichen Ehrgeitzigen Mißbrauch vnnd anmassung widersprochen.
Perez, Dietzin
1, 317, 30
(Frankf.
1626
): Wein / dessen Mißbrauch ein Quell vnd Vrsprung aller Laster vnd vngluͤcks ist.
Anderson u. a., Flugschrr.
1, 5, 26
(Leipzig
1520
): das solcher Symonijscher misszgebrauch [...] mit anderen strefflichen handeln [...] befundenn / außgerewth [...] werden mochten.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil.
21, 5, 12
(schles.
, 1529
): in erfarung kommen, wie uf solchen bergwerg etzliche gebrechen schelnus missbreuche und unordenung weren.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
31, 4
(Frankf./M.
1550
): Welchs wol vor ein mißbrauch der Deudschen sprachen von vielen gehalten werden mag.
Goedeke, P. Gengenb.
158, 203
(o. O. um 1521
): BArm͂haͤrtziger got in dinem rich | Den grossen mißbruch ietz ansiech | Den die geistlichen ietzund triben.
Roder, Stadtr. Villingen
214, 8
(önalem.
, 1668
): daß in begehendten kündtstaufeten [...] allerhand missbraüch eingeschlichen.
Welti, Stadtr. Bern
432, 19
(halem.
, 1526
): habenn wir daruff zuͦ abstellung soͤlichs misßbruchs geordnett vnnd angesaͤchenn, das [...].
Maaler
290v
(Zürich
1561
): Mißbrauch (der) Abusus, Disperditio. Mißbrauch oder verwuͤstung der guͦteren.
Barack, Zim. Chron.
2, 641, 7
(schwäb.
, M. 16. Jh.
): die missbreuch, das niemands die abthuen oder den hundt will, als man sagt, zum fenster hinaufs werfen.
Ebd.
4, 284, 35
: Gemainlich aber ward die disputation mit den missbreuchen der gaistlichen, [...], geendet.
Luther, WA
8, 482, 1
; 8, 489, 19
; 10, 1, 2, 217, 33
; 10, 3, 26, 24
; Peil, Rollenhagen. Froschm.
24, 21
; 479, 6748
; Alberus, Barf. Vorr. Alb.
5, 23
; Köbler, Ref. Nürnberg
86, 6
; 315, 5
; Matthaei, Minner. I,
10, 1018
; Bachmann, Morgant
140, 21
; Wyss, Luz. Ostersp.
3, 87, 63
; Gilman, Agricola. Sprichw.
2, 8, 2
; Schmitt, Ordo rerum
281, 11
; Harsdoerffer. Trichter
3, 346, 1
; Rwb
9, 669
; Öst. Wb.
3, 775
; Pfälz. Wb.
4, 1342
.‒
Vgl. ferner s. v. ausfüren
3, bauman
2, bad
1, beängstigen
, beichtvater
.2.
›erotisches oder sexuelles Fehlverhalten‹; als Spezialisierung von 1 auffaßbar; vgl.
misbrauchen
2.Bedeutungsverwandte:
vgl. ablas
Belegblock:
Matthaei, Minner. I,
10, 804
(Hs. 15. Jh.
): mißbruch der lieb verwirrtt, | so das der lieb vernunfft | dritt in der narren zunfft.
Sudhoff, Paracelsus
1, 269, 19
(um 1520
): die andern gewechs komen aus misbrauch. dan ein ieglicher misbrauch gebiret ein misgewechs, so er beschicht in der empfengnus.