leid,
Adj.
(1-6), Adv.
(7).1.
›jm. Leid, Kummer, Schmerz psychischer Art bereitend (mit Subj. d. S. als verursachender Größe und Dat. d. P. für den Betroffenen); von Leid, Kummer, Schmerz erfüllt (ohne Subj. mit Dat. d. P. als Betroffenem, in 1 Beleg mit Subj. d. P. als Betroffenem)‹.Phraseme:
für jn./etw. leid sein
›jn./etw. bedauern‹; um jn. leid sein
›um jn. besorgt sein‹; jm. leid und and sein / werden
›jm. angst und bang werden‹.Syntagmen:
jm. ist / wird l.
(ohne Subj.), jm. ist etw.
(z. B. der tauf / unfal, die sünde
) l., jm. ist / wird l., das [...], jm. tut etw. l., das [...], sich etw. l. sein lassen; der adler wird l., j. wird e. S.
(Gen., z. B. des todes
) l.; leider von etw. schwätzen als [...]; die leide armut
.Wortbildungen
leidmütig
angsthaft
traurig
Belegblock:
Luther, WA
17, 2, 70, 29
(1525
): were yhm auffs hoͤhist leyd, das das gesetz weniger fodert.
Ebd.
17, 2, 435, 5
(1527
): da bitt er fur sie, und ist jm hertzlich laid, wenn sich yemant wider Gott [vergreyfft].
Ebd.
23, 95, 3
(1527
): Und mir ja hertzlich fur den man [Zwingel] leid ist.
Ebd.
47, 675, 34
(1539
): Mir ist nicht leid dafur, wirst mir meine seele nicht nemen, Aber es ist mihr leid fur deine seele, das gottes zorn uberhandt nimbt.
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron.
377, 6500
(preuß.
, um 1330
/40
): dô wart mir alsô leide, | daz mir der slâf ein teil intsleif.
Chron. Köln
3, 942, 22
(Köln
1499
): das sulche schmacheit und widerwertigkeit, [...], mit leidmoedigen und unleidigen hertzen aufgenohmen und [...] gestraft wahrt.
Fischer, Brun v. Schoneb.
2528
(md.
, Hs. um 1400
): kegen dem ougen der bosen ger | so hete si mit starker wer | daz ouge der leiden armute | daz selden herze machet frute.
Quint, Eckharts Trakt.
304, 8
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): Daz lâz dir leit sîn und lîde daz selbe mit gedult.
Cirullies, Rechtsterm. Anh.
1981, 241
(rhfrk.
, 1373
): vur 20 lib. zu schaden und hondert phunt, daz yme leyt were, daz sin wille fullengangin were.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
165, 3
(rhfrk.
, um 1435
): ewiger got wie dut mir das so leyde / das ich myn man sol sehen / vor mynen ougen hangen.
Ulner
82
(Frankf.
1577
): Der toͤdlich Abgang deines lieben Gemahls ist mir von Hertzen leid.
Spanier, Murner. Schelmenz.
39, 3
(Straßb.
1512
/3
): mancher muͦß ach! leider schwitzen | von dem schne als von der hitzen.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew.
27, 20
(Straßb.
1650
): der sich stellet, deine Kranckheit seye ihm leyd.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
305
(Genf
1636
): Leydtmuͤtig / Aangsthafftig / TRawrig.
Martin, H. v. Sachsenh. Tempel
251
(schwäb.
, 1455
): Das im nit ward der touff, | Das ist mir für in leit.
Österley, Steinhöwels Äsop
96, 2
(Ulm
1474
/82
): do ward der adler laider und sorgfeltig umb syne kind, das sie nicht mit den jungen füchsen verdürbent.
Sappler, H. Kaufringer
14, 383
(schwäb.
, Hs. 1464
): im was umb den herren laid.
Gereke, Seifrits Alex.
423
(oobd.
, Hs. 1466
): Do der kunigin wol getan | der leib grossen began, | ir was laid und antt.
Jaksche, Gundacker
4658
(oobd.
, Hs. 1. H. 14. Jh.
): seines [Jesus] todes nie mensch so laid wart | an sein muter alsam ich.
Bauer, Imitatio Haller
92, 25
(tir.
, 1466
): das sol dir laid sein, das du dich nicht pessern pist in deinem leben.
Ebd.
100, 4
: dem da laider ist die sünden seines nächsten denn vmb sein ëchtung.
Luther, WA
41, 749, 29
; Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
325a, 22
; Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
58, 30
; Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
209, 10
; Maaler
270r
; Rwb
8, 1144
.2.
›jm. Reue (im religiösen Sinne: über eine Sünde o. ä., in weltlichem Sinne: über eine böse Tat) bereitend (mit Subj. d. S. als verursachender Größe und Dativ d. P. als Betroffenem)‹.Syntagmen:
etw.
(z. B. der hochmut, die losheit / sünde / verrätnis
) ist / wird jm. l., jm. ist / wird l., das [...], sich etw. l. sein lassen, es sich l. sein lassen, das [...]
.Belegblock:
Luther, WA
21, 251, 38
(1544
): der solte doch zum wenigsten [...] Attritionem, eine halbe rewe haben und jm die Suͤnde ein wenig lassen leid sein.
Ebd.
22, 210, 3
(1544
): ist jm leid, das er wider Gottes Gebot gelebt.
Ebd.
28, 540, 31
(1529
): da die kinder von Jsrael diese jre Suͤnde des unglaubens erkandten, bereweten, beklagten und liessens jnen hertzlich seid sein.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
6050
(Magdeb.
1608
): Es solt jhm werden ewig leid.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
280
(mrhein.
, um 1335
): Ich han gesundet alzu vil | [...] | Daz ist mir innencliche leit.
Hübner, Buch Daniel
2916
(omd.
, Hs. 14.
/A. 15. Jh.
): Kumet zu des himels wec | Bichtende uwer bosheit! | Lat sie uch hie wesen leit!
Skála, Egerer Urgichtenb.
73, 6
(nwböhm.
, 1570
): Meill von Beern, sej Ime Treulich leidt das er alhier Zum diebstall khomben.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
253, 23
(Nürnb.
1548
): das er [Got] die suͤnde / die wir erkennen / vnd vns leyd sein lassen / nicht straffen [woͤlle].
Vetter, Pred. Taulers
202, 35
(els.
, 1359
): Ich enmag nieman absolvieren, im ensin denne sine súnde leit.
Roloff, Brant. Tsp.
1576
(Straßb.
1554
): als im leid ward sein hochmuͦt | Wider bekannt sich in demuͦt.
Wyss, Luz. Ostersp.
10530
(Luzern
1545
): min gott, das ich dyn glougnet han. | mir ists in grund mins hertzen leydt.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
38, 20
(moobd.
, 1478
/81
): Ich hab auch wol befunden, das im die verrätnüs an mir getan vast laid und wider gewesen ist.
Luther, WA
12, 493, 1
; 47, 119, 27
; 47, 289, 15
; Schützeichel, a. a. O.
198
; Oorschot, Spee/Schmidt. Caut. Crim.
369a, 4
; 392a, 39
; Schönbach, Adt. Pred.
28, 20
; Hübner, a. a. O.
2380
; Stammler, Berner Weltger.
481
; Sappler, H. Kaufringer
1, 326
.3.
›böse, übel (von Personen, mehrfach vom Teufel); vom Guten abführend (von der Natur des Menschen); verwünscht, unheilbringend‹.Gehäuft in Verstexten religiösen, didaktischen, chronikalischen Inhalts; meist älteres und mittleres Frnhd.
Belegblock:
Helm, H. v. Hesler. Apok.
20114
(nrddt.
, 14. Jh.
): Sal iz [kint] durch daz den leiden | Tuvelen werden der helle?
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
8497
(rib.
, 1444
): Also reyff mich de leidige tzo an, | De der leide mort moisse slain!
Henschel u. a., Heidin
1710
(nobd.
, um 1300
): Si sprach daz hat min leider man | Sich herre getan vmb din gebot.
Bihlmeyer, Seuse
137, 14
(alem.
, 14. Jh.
): wie lang wend ir [...] úwer zartes minnekliches herz dem leiden túfel lassen?
Vetter, Pred. Taulers
83, 24
(els.
, E. 14. Jh.
): so wers wol not umb die súnde und der unflat der in der leiden naturen ist.
Koppitz, Trojanerkr.
3343
(Hs. ˹noschweiz.
, 15. Jh.
˺): Owe der layden herfartt, | Söltt ain so rylich magtt zartt | Dem ze wibe werden | Der uff der braitten erden | Rechter fürre nie halben tag | Mitt sinem libe gepflag.
Stammler, Berner Weltger.
364
(ohalem.
, 1465
): Ljeben engel, jr soͤnd scheiden | Die guͦtten von den leiden!
Adomatis u. a., J. Murer. J. Man. Spieg.
1064
(Zürich
1560
): Sins vatters Rath vergaͤssen gar | und sich ghenckt an ein leide schar.
Helm, a. a. O.
4958
; Chron. Köln
1, 3723
; 5251
.‒
Vgl. ferner s. v. ageleise
2, allenthalben
1, 1
bär
1.4.
›jm. leid, zuwider, verhaßt; e. S./P. überdrüssig‹.Bedeutungsverwandte:
wieder
wiedrig
Gegensätze:
angenem
lieb
Syntagmen:
jn. l. haben, jm. etw. l. sein, jm. etw. l. machen
.Belegblock:
Luther, WA
3, 348, 28
(1522
): woͤllen wir Cristum und seinen glauben predigen, wen es gleich allen leide wer.
Chron. Köln
1, 2735
(rib.
, Hs. 1. H. 15. Jh.
): Leit is vns here vr weder moit.
Frantzen u. a., Kölner Schwankb.
2, 68
(Köln
um 1490
): alle goide dynge sullen dyr wesen leyt.
Kurz, Waldis. Esopus
1, 86, 44
(Frankf.
1557
): So leid kein Kindt sein Mutter hot, | Wenns schon die gantze nacht solt weynen, | [...] | So wirffts man doch dem Wolff nicht fuͤr.
Ebd.
2, 31, 114
: Mit solchem fegen vnd reinigkeit | Machten sie mir
[der Spinne]
mein leben leydt. Roloff, Brant. Tsp.
158
(Straßb.
1554
): Das weyß ich das es Gott ist leyt.
Jörg, Salat. Reformationschr.
185, 4
(halem.
, 1534
/5
): das der handel nit allen orten glych leid und widrig / sünder etlichen angnem was.
Sappler, H. Kaufringer
15, 44
(schwäb.
, Hs. 1464
): wär es dir lieb oder lait, | ob ain man läg bei mir hinn | hie an dem pett.
Chron. Köln
1, 41
; Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 225, 9
; Beyer, UB Erfurt
2, 258, 11
; Vetter, Pred. Taulers
381, 27
.5.
›bedauerlich, Mitleid mit jm. habend; jm. unlieb, leid, unrecht‹.Phraseme:
etw. sei (jm.) lieb oder leid
(zur Kennzeichnung der Unbeeinflußbarkeit von etw.).Syntagmen:
immer prädikativ mit sein
.Belegblock:
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. Weibe
294, 17
(Wolfenb.
1593
): Wenns ewrem bericht nach so were, hörte ichs gerne, Mir ist aber leide.
Quint, Eckharts Pred.
2, 245, 6
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): sô spriche ich: ,daz ist mir leit. Begerst dû es aber?‘ – ,Nein!‘ – ,Daz ist mir noch leider‘.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
167, 23
(rhfrk.
, um 1435
): Er müß doch hangen sprach konnig Karl / das sie liep oder leyt wem es wolle.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
24, 4
(Hs. ˹omd.
, 1465
˺): Es sei dir nu lieb oder leit, | wir wellen dir die warheit an die sunnen legen.
Sermon Thauleri
13, 26
(Leipzig
1498
): daz uns dein herr wirt sächen in seinem land, ez sei im lieb oder laid.
Rupprich, Dürer
1, 51, 34
(nobd.
, 1506
): Mir ist leid vür her Lorentz. Grüst jn vnd Steffen.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 426, 14
(Hagenau
1534
): Es ist mir leydt / das waiß Gott. [...] ich hab eyn mitleiden mit yhm.
Sappler, H. Kaufringer
13, 306
(schwäb.
, Hs. 1464
): er clagt des pfaffen krankhait, | doch was es im nit gar lait.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
25, 9
(tir.
, 1464
): In ist auch laid, das si das v̈bel nicht thun mügen, als si pegëren.
Quint, Eckharts Pred.
1, 109, 7
; ders., Eckharts Trakt.
14, 10
; Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
593
; Froning, Alsf. Passionssp.
1570
; Gilman, a. a. O.
1, 189, 12
; Müller, Alte Landsch. St. Gallen
229, 11
; Kummer, Erlauer Sp.
2, 92
; Rwb
8, 1143
.‒
Vgl. ferner s. v. parlament
2.6.
›jm. abträglich, nachteilig, zum Schaden gereichend‹.Belegblock:
Froning, Alsf. Passionssp.
1374
(ohess.
, 1501ff.
): wer anders thut, das wirt em leyt!
Klein, Oswald
44, 76
(oobd.
, 1426
): mein dienst, die sein im [lanndesfürst] widerzam, | das ist mir schad und laide.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
179, 30
(oobd.
, 3. Dr. 15. Jh.
): sunder wer inn laid, ob sy von der Weispriacher wegen aus irm frid ennthebt sollten werden.
7.
›leider, bedauerlicherweise‹.Belegblock:
Buch Weinsb.
2, 163, 39
(rib.
, 1567
): er ware leide ein wilde gesel, der sich nit raden wolt laissen.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
2124
(halem.
, Hs. um 1435
): Man vint noch laido der gar vil | Die Jhesu nach dem tode sin | Getattend an vil maͤnig pin.