lützel,
Adj.
(subst., adj. und adv. gebraucht).
– Älteres und mittleres Frnhd. (s. auch
Besch, Sprachlandschaften.
1967, 188
f.).
1.
›nicht, nichts, kein‹; ein Teil der Belege als Litotes lesbar; offen zu 2.
Wobd. / oobd.
Syntagmen:
adverbial, gradadverbial und substantivisch gebraucht.

Belegblock:

Koller, Ref. Siegmunds
194, 4
(Hs.
um 1474
):
so bedorfft man keins babsts me; sye geben ytzunden lutzel umb in.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
1469
(
alem.
,
1. H. 15. Jh.
):
,wer volkommen well sin, | Der verkoff die habe sin | Und volge mir năch.‘ | Deß was dem iúngling lútzel găch.
Primisser, Suchenwirt
3, 125
(
oobd.
,
2. H. 14. Jh.
):
Pey der andren panıͤr hielt | Ein man, der luͤtzel freude wielt, | Auf einem ors nach streites litz.
Ebd.
15, 67
:
Swert und ar
e
mbrust, pogen, phfeil | Sach man an der selben weil | Gar lutzel wenig rasten.
Weber, Füetrer. Poyt.
106, 5
(
moobd.
,
1478
/
84
):
der hanen kräd dy nacht in lützel wecket, | er schlieff pis das dy sunne klar | gen vren drein höch sich het gestrecket.
Munz, Füetrer. Persibein
442, 6
(
moobd.
,
1478
/
84
):
nw was das der tag ennd nw hett genummen, | vor vinster er lüczel wesste, | wo er zer nacht zw lewten sollte kumen.
Ebd.
398, 4
.
2.
›kaum, kaum etw.‹.
Phraseme:
wenig lüz
;
mit lützel
›mit knapper Not‹.
Syntagmen:
adverbial, gradadverbial, adjektivisch gebraucht.
Wortbildungen:
lüz
.

Belegblock:

Helm, H. v. Hesler. Apok.
2216
(
nrddt.
,
14. Jh.
):
ich waz tot und lebe nu | (Da darf man lutzel glosen zu).
v. Tscharner, Md. Marco Polo
55, 10
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
Do sint ouch elephant, do sint ouch vil eynhorn, dy luczil cleyner sind wen die elephant.
Vetter, Pred. Taulers
197, 18
(
els.
,
1359
):
Kinder, diser grunt der ist wening lútz bekant.
Bihlmeyer, Seuse
376, 29
(
alem.
,
14. Jh.
):
daz wir do etwen von vort wegen lúzel kein kurzwil da von mohtan gehaben.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
262, 26
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
die vorgesprochen stükelin, die entuont lützel oder nihtes niht zuo der lere dez gelouben.
Guth, Gr. Alex.
2581
(Hs. ˹
oobd.
,
E. 14. Jh.
˺):
Er kom mit lüczel dänn: | Gen Susis er die fluht nam.
Klein, Oswald
16, 14
(
oobd.
,
v. 1407
?):
Die junckfrau hett verslaffen, | Der knab wacht lützel bas.
Chron. Strassb.
119, 26
.
3.
›wenig‹, jeweils unter quantitativem Aspekt bezogen auf Beträge, auf konkrete oder abstrakt gedachte Mengen, auf die Länge der Zeit, die Ausdehnung von Räumen, die Intensität von Handlungen.
Phraseme:
˹
ein lützel
;
über lützel
˺ ›ein wenig‹;
viel oder lützel
.
Bedeutungsverwandte:
wenig
.
Gegensätze:
gros
(Adj.) 2,
viel
.
Syntagmen:
adverbial, adjektivisch, substantivisch gebraucht, im letzteren Falle absolut, mit partitivem Gen. oder mit dem syntaktisch regelentsprechenden Kasus.

Belegblock:

Große, Schwabensp.
144a, 23
(Hs. ˹
nd.
/
md.
,
um 1410
˺):
daz daz buͦch so luͦttel seit von der dienstmanne recht, daz Cuͦmt da von, daz [...].
Ebd.
148a, 6
:
HAt eyn man eyn wip vnde mit der kint luͦzel oder vil.
Quint, Eckharts Pred.
2, 489, 1
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
ich wil sprechen von sô getâner wârheit, die lützel guoter liute suln verstân.
Chron. Köln
1, 5594
(
rib.
, Hs.
1. H. 15. Jh.
):
Rijt en lutzel by syden her, | bys al vurleden is vr her.
Palm, Veter Buoch
27, 15
(
schles.
, Hs.
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
Arbeitet ein mvnch luczel tage vnd darnach trege wirt, der schaffet nicht.
Chron. Nürnb.
3, 171, 17
(
nobd.
,
1488
):
gar lützel seint, die ein rechten ursprung wißent.
Lauchert, Merswin
23, 13
(
els.
,
1352
/
70
):
ich slief gar lúzel zites.
Thiele, Minner. II,
13, 137
(Hs. ˹
nalem.
/
sfrk.
,
1470
/
90
˺):
den ungedruwen Kay | denn wil ich hie mit luczel worten rügen.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
216v, 5, 15
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1400
˺):
Nim ruten / vnd des venchels wurczen [...] vnd lúczel essiches.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
351, 30
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
dar nach über lüzel sprichet Jeremias: „Schrip sü in die taveln dines herzen“.
Arndt, biechlin
D ijr
(
Freiburg
1523
):
wer ein bloͤdes kranckes hirn hat / das der lützel vñ wenig weins trincken sol.
Leisi, Thurg. UB
7, 423, 25
(
halem.
,
1385
):
das soͤllint wir, [...], úns dehains wegs dehainer gen dem andern ze vigentschaft annaͤmen, waͤder lúzel noch vil.
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
2, 416, 17
(
halem.
,
1508
/
16
):
won iren ze lüzel was, zugend si demnach oͧch wider heim.
Schib, H. Stockar
58, 12
(
halem.
,
1519
):
es ist der bruch, das sy vil zusagend vnd lützel haltend ain uns bilger uff der fart.
Chron. Augsb.
1, 24, 9
(
schwäb.
, zu
1371
):
do kom ain grozzer schne [...] und ward lützel roggen und grozz urling.
Baumann, Bauernkr. Oberschw.
209, 25
(
schwäb.
,
v. 1542
):
was dutz jar schon wetter, lutzel regeß, trucken.
Jaksche, Gundacker
842
(
oobd.
, Hs.
1. H. 14. Jh.
):
daz du mit luͤtzel spîse, | [...] | spisest fûmf tousent man.
UB ob der Enns
9, 146, 12
(
moobd.
,
1376
):
als oft soln seẅ vns geben zwai phünt wienner phenning sein werd vil oder luͤtzel, was seẅ sein haben wellen.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
11, 14
(
oobd.
,
3. Dr. 14. Jh.
):
wie ich in sünden pin verpflicht, | wie lützel guts von mir geschicht.
Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
1717
(
moobd.
,
A. 15. Jh.
):
Darumb so sey deiner red luzel.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
131, 31
(
moobd.
,
1478
/
81
):
der in dick straft um sein tyrannisch leben, wie es doch lützel half.
Bauer, Imitatio Haller
61, 13
(
tir.
,
1466
):
Von dem, das lüczel menschen sint, die da lieb haben das kchreücz Kchristi.
Ebd.
62, 16
:
das der mensch [...] verprëcht grosse puesswertikchait, das ist noch alles czue lüczel.
Ebd.
104, 24
:
vnd [geistliche ... menschen] reden gar selten vnd lüczel wort vnd wachen gar vil.
Chron. Köln
1, 1716
;
Reu, Süddt. Kat.
1, 124, 34
;
Schöpper
82b
.
4.
›klein‹; subst.: ›Kind‹.
Wortbildungen:
lützelig
,
lützelkeit
(dazu bdv.:
wenigkeit
).

Belegblock:

Lauchert, Merswin
12, 18
(
els.
,
1352
/
70
):
vnd hette ein gar vsser mosen schoͤnes minnencliches lúzelliges kindelin vfe irre schosse sitzzende.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
1, 67, 20
(
Straßb.
1466
):
Vnd jhesus ruͦfft eim lútzeln: [...]. Gewerlich sag ichs eúch: wert ir nit bekert vnd wert gemachet als die lútzeln. ir geet nit in daz reich der himel. Dorumb der sich gedemútiget als der lútzel: der ist der mer in dem reich der himel
[Var. zu Z. 20: um 1470 / 1475
1
:
kind
; 1475
2
–1480:
knäblin
, 1483-1518:
kleinen jungen
;
Luther
1545, Mt. 18, 2:
Kind
].
Ebd.
72, 22
:
Do wurden im bracht die lútzeln: das er in auflegt die hend.
Ebd.
3, 156, 15
:
Mein herre du er kennest das ich hab mit mir manige lutzeln
. [Var. 1475
1
–1518:
kind(er)
;
Luther
1545, 1. Mose 33, 14:
Kinder
]
vnd berhaftige schaffe vnd ochssen.
Ebd.
453, 11
:
vnd alle ding werden gekert in lútzelkeit
[Var. 1475
1
:
kleinheit
; 1476-1480:
wenig
].
Ebd.
7, 392, 25
:
erkúnd mir die lútzelkeit
[Var. 1475
2
–1518:
wenigkeit
]
meiner tage.
Ebd.
9, 486, 17
:
vnd secht ein anders lútzel
[Var. 1475
1
–1518:
klein
;
Luther
1545, Dan. 7, 8:
klein
]
horn wart geborn von mitzt ir.
5.
›gering (vom Menschen); verschlissen, geringwertig, armselig (von der Kleidung)‹.
Bedeutungsverwandte:
einfältig
 7; 8,
klein
(Adj.) 3; 4; vgl.
alber
(Adj.),
arg
(Adj.) 1,
arm
(Adj.) 15,
armselig
 2,
bresthaft(ig)
 2,
dürftig
 1,
mangelhaft
 5.

Belegblock:

Eggers, Psalter
39, 17
(
thür.
,
1378
):
gotis orkunde ist getruwe, daz vorlyet di wishait an dem luzzelin
[
Dietenberger
1534:
einfeltigen oderr kleinenn
;
Luther
1545, Ps. 19, 8:
Albern
].
Jahr, H. v. Mügeln
2571
(
omd.
, Hs.
1463
):
der mensche lützel wirt gekleit, | wann das sin sterben wirt geseit.
Sappler, H. Kaufringer
21, 32
(
schwäb.
, Hs.
1472
):
sein enen, der alt man, | hett gar lutzel claider an.