kratzen,
1
krätzen,
V.
1.
›jn. / etw. mit einem spitzen Gegenstand ritzen‹; ›jn. / etw. reiben‹; subst.: ›Juckreiz‹; auch: ›Scabies‹.Phraseme:
krimmen und kratzen
; vorne lecken, hinten kratzen
›falsch sein‹; jm. den hinteren kratzen
›jn. belästigen‹; jm. die oren kratzen
›jm. schmeicheln‹; das kratzen zwischen den oren gewinnen
›das Nahen einer Gefahr / des Todes spüren‹.Bedeutungsverwandte:
beissen
ficken
jucken
kitzeln
krällen
krauen
raufen
reiben
reissen
schaben
scharren
zerren
Syntagmen:
den kopf / leib, das haupt, die haut, die wangen k., jn. mit händen und füssen k.
; etw.
(Subj.) jn. kratzen
; jn. / sich an dem leib, an / in der hand, auf den rücken, hinter den oren, im grind / kopf k., jn. / etw. mit den nägeln k.
Wortbildungen:
krätzeln
kratzer
krätzig
beissig
kratzung
krazbürste
Belegblock:
Mieder, Lehmann. Flor.
561, 17
(Lübeck
1639
): Wenn der Kopff Grindig ist / haben die Haͤnd Freyheit zu kratzen vnd zu saubern.
Österley, Kirchhof. Wendunmuth
2, 248, 17
(Frankf.
1602
): Eim narren geht der poß offt an, | Der fehltschlegt manchem weisen mann | [...] | Kratzt sich gern hindern ohren zu letzt.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
117, 2284
(Magdeb.
1608
): Die sind die geferliche Katzen | Die vorn lecken / hinden kratzen.
Ebd.
550, 1394
: Der Grobianischer Stieffelwischer | [...] | Zu mir mit der Kratzbuͤrst einschlug.
Luther, WA
49, 178, 35
(1540
): Si wollen kriegen contra Turcam, ja sie werden das kratzen zwisschen den ohren gewinnen.
Strauss, A. v. Villanova dt.
155v, 5
(obd.
, Hs. 1421
): gewynnet den der leyp me vnrecht hytze vnd sweyß dan vor vnd mer kratzens.
Pyritz, Minneburg
5313
(nobd.
, Hs. um 1400
): Wie er mich grimmet und kratzet | Und wie sin haßen mit mir tratzet.
Gille u. a., M. Beheim
169, 52
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): er tregt rosen mit sussen rauch | und dorn, die ubel chreczen.
Fastnachtsp.
482, 6
(nobd.
, n. 1494
): Ee du mit mir kemst zu wort, | Ich wolt dich kratzen, zerren und reißen.
Ebd.
895, 33
(nobd.
1529
): Des nachtes uff der luten kratzen, | Pfyfeu, singen, houwen, stechen.
Bihlmeyer, Seuse
46, 9
(alem.
, 14. Jh.
): sah in an soͤlichú luterkeit, daz er sich selb niene an dem libe wolte krazen noch an ruͤren.
Menge, Laufenb. Reg.
4543
(Hs. ˹nalem.
, um 1470
˺): soltu [...] | Das kindly trúknen als ich meyn | Denn so kretze es hin vnd har | An dem lybe senfte gar.
Lemmer, Brant. Narrensch.
39, 18
(Basel
1494
): Es will yetz raͤtschen yederman | Vnd triben solche kouffmanschatz | Die vornen leck / vnd hynden kratz.
Maaler
67v
(Zürich
1561
): Beyssig vnnd kraͤtzig seyn / als wenn einen raud beyßt.
Päpke, Marienl. Wernher
10166
(halem.
, v. 1382
): Si schluͦg ir hoͮpt, si roft ir har | Si craste ir liechten wangen clar.
Chron. Augsb.
4, 129, 4
(schwäb.
, v. 1536
): nun hat aber er sich in ainer handt gekretzt und verwundt an den schlossen.
Sudhoff, Paracelsus
2, 370, 4
(1525
/6
): aus dem schweiß, davon reudikeit zu einem zeichen entspringt vnd vil krazens und stechens in der haut.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 284, 17
(Hagenau
1534
): Ich / du / er gewint das kratzen hinder den oren.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
330, 28
(oobd.
, 1349
/50
): si [...] haizent prânber oder kratzper dar umb, daz si die läut kratzent oder reizent.
Ebd.
471, 25
: ain horn an dem hals [...] ist guot für die räudichait oder für daz kratzen und für grausam träum.
Bauer, u. a., Kunstk. Rud.
796
(oobd.
, 1607
/11
): 1 grataschena, damit sich die Türcken auff dem rugken kratzen.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
184, 6
; Peil, a. a. O.
510, 106
; Luther, WA
17, 2, 342, 23
; Pyritz, a. a. O.
4923
; Gille u. a., a. a. O.
202, 83
; Menge, a. a. O.
3217
; Lemmer, a. a. O.
110a, 127
; Päpke, a. a. O.
9870
; Pfeiffer, a. a. O.
455, 27
; Gereke, Seifrits Alex.
5624
; Voc. Teut.-Lat.
r ijv
; Dasypodius
354r
; 362r
; Schöpper
51a
; Maaler
251v
; Apherdianus
9
; Dict. Germ.-Gall.-Lat.
285
; Henisch
617
; Schwäb. Wb.
4, 697/9
; Schweiz. Id.
3, 929
; 932
/3.‒
Vgl. ferner s. v. abschabicht
, afterader
, aussetzel
2, bauer
(der
) 3, beissen
(V., unr. abl.) 7; 8, in
(Präp.) 5.2.
›jn. / sich / etw. plagen, quälen, jm. wehtun‹; Ütr. zu 1.Belegblock:
Luther, WA
22, 46, 18
(1544
): Das thut schwachen Christen nach jrem fleisch und blut uber die masse wehe, das sie sich jmerdar vom Teufel sollen kratzen und plagen lassen.
Lemmer, Brant. Narrensch.
33, 8
(Basel
1494
): kratz du mich / so kratz ich dich.
Fuchs, Murner. Geuchmat
5379
(Basel
1519
): Ich weiß ouch, das ichs sicher weiß: | Ich kratzt mich offt, do mich nit beiß.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
238, 5
(moobd.
, 1473
/8
): er chratzt und stiess den serpant dick darnider.
Spanier, Murner. Narrenb.
1, 10
; Dasypodius
191v
.3.
›gegen / mit jm. / etw. kämpfen, streiten, sich sträuben‹.Belegblock:
Fischer, Brun v. Schoneb.
1705
(md.
, Hs. um 1400
): der stein bezeichent di maze, | ich enruche wer da wedir kratze.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
560, 1704
(Magdeb.
1608
): Weil wir mit Wiesel vnd der Katzen | Ohn das teglich haben zu kratzen.
Luther, WA
22, 80, 32
(1544
): darff sich selbs nicht [...] mit andern Leuten beissen und kratzen durch zanck, hadder, neid und hass.
Tobler, Schilling. Bern. Chron.
1, 397, 8
(whalem.
, 1484
): der gir der treit gros úbermuͦt, | der ber und stier gar wol behuͦt | wend manlich mit im kretzen.
Österley, Steinhöwels Äsop
158, 11
(Ulm
1474
/82
): Darumb krecz dich nicht mit kainer kaczen.
Gereke, Seifrits Alex.
6194
(oobd.
, Hs. 1466
): manigen list sy betrachten | anttwerch hoch und chaczen, | das sy mit in wolten chraczn.
4.
›geizen (als Haltung des Menschen); etw. (z. B. geld
) zusammenscharren‹.Bedeutungsverwandte:
erschaben
geizen
sammeln
scharren
Belegblock:
Schöpper
19b
(Dortm.
1550
): Avaritiæ studere. Geizen scharren kratzen zuhauffsappen erschaben.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
176, 4046
(Magdeb.
1608
): So ist es doch nicht Gottes will | [...] | Das man [...] Vnter sich kratz alls Geld vnd Gut.
Luther, WA
32, 3, 26
(1530
): Es ist nichts den scharren und kraczen.
Schweiz. Id.
3, 929/30
.5.
›Kratzfüße machen‹.Belegblock:
Chron. Augsb.
6, 72, 13
(schwäb.
, zu 1536
): kunt er
[ein Bürger]
wol heichlen, kratzen, schmatzen.