heis,
Adj.
1.
›heiß, von hoher Temperatur‹, ›heiß gemacht, erhitzt‹.Phraseme:
˹heis vor dem kopf / vor der stirn sein, eine heisse stirn haben, zu heis gebadet sein
˺ jeweils ›jähzornig, leicht erregbar sein‹; heis unter den augen werden
›benommen, matt werden‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. gehizt
Gegensätze:
kalt
lau
Syntagmen:
etw.
(Subj.) h. sein / werden, etw. h. machen / trinken, jm. h. sein, etw. jm. h. tun
; der heisse ort / pilger / schmalz / sommer / spek / wind, die heisse asche / erde / glut / kole / sonne / stube, das heisse eisen / feuer / pech / wasser
.Belegblock:
Luther, WA
51, 660, 454
(um 1535
): Heis fur dem kopff.
Ebd.
51, 660, 455
: Hat ein heisse stirn.
Ebd.
21, 243, 35
(1544
): Die Hell ist nicht so heiss noch der Teuffel so schwartz, wie man jn malet.
Große, Schwabensp.
72a, 30
(Hs. ˹nd.
/md.
, um 1410
˺): zuͦ tragene daz heyze yseren.
Quint, Eckharts Pred.
2, 187, 1
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): Nû sprichet man, der mittentac sî heizer dan der âbent.
Ralegh. America
3, 33
(Frankf.
1599
): Wie er die alten Cassiquen vnnd Herren deß Landts / leibeigen gemacht / wie er sie in Ketten geschmiedet hatte / vnd sie mit heissem vnd brennendem Speck betreiffet.
Strauch, Par. anime int.
56, 23
(thür.
, 14. Jh.
): alse daz ŷsin alleine nicht heiz inwirt fon deme fuire, sundir sin gesteltnisse forlusit.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
66, 1
(osächs.
, 2. H. 14. Jh.
): Ouch sint di wassir also heys das eyn ey do in gelegit wirt gar.
Stackmann u. a., Frauenlob
3, 16, 1
(schles.
, Hs. 14. Jh.
): Noch süzer dan ein küler wint dem heizen pilgerine.
Eis u. a., Asanger Aderl.
3, 5
(sböhm.
, 1531
): Ist das glid hais, setz jn das kalt wasser, ist aber der fües kalt, setz jn ain hays wasser.
Gille u. a., M. Beheim
235, 88
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): Wer auch des hat gelauben, | das man mit haissen wasser und | haiss eisen schuldig leüt erfund.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
256, 14
(Nürnb.
1548
): Eben wie es in einem heyssen sommer gehet / da alles verdorret / vnd verschmeltzet.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
215v, 15
(Hs. ˹nalem.
, um 1400
˺): Ob dir die fuͤss we tuͦnd, so stoss arthame⸗/siam [...] mit haissem smalcz / legg das dar v́ber.
Vetter, Pred. Taulers
236, 11
(els.
, 1359
): Soltent ir in einer heissen stuben nacht und tag ligen, es solte úch ze swere dunken.
Roloff, Brant. Tsp.
839
(Straßb.
1554
): Bei disem brunnen wil ich mich kielen / | Und mir abweschen meinen schweiß | Dann mir ist auß den binden heiß.
Schmidt, Rud. v. Biberach
183, 11
(whalem.
, 1345
/60
): Der osterwint ist ein heisser, lvtter wint.
Menge, Laufenb. Reg.
245
(Hs. ˹nalem.
, um 1470
˺): ich [...] vinde | Das der sunnen nature [im fúnften Manot] | Ist getemperiert pure | Weder ze heiß noch ze kalt.
Stammler, Berner Weltger.
908
(ohalem.
, 1465
): Das ich üch fuͤre in der helle grund. | Da sol üch wesen heis vnd kalt.
Eis, Albrants Roßarzneib.
128, 37
(böhm.
/oobd.
, 1442
): Die statt brenne senfftigclich mit ainem hayßen eyßen und becken mit ainem flyemen.
Klein, Oswald
104, 38
(oobd.
, 1429
): ob in wurd allen ausgefegt | mit ainem haissen schäbe.
Ebd.
105, 54
(1432
): als ob er lëg in ainem tram | bei ainem feuer heiss.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
424, 7
(moobd.
, 1473
/8
): So muest gar all seinr veinde macht | vor im zerschleiffen als taw an haisser sunnen.
Luther, WA
22, 59, 8
; 41, 34, 1
; Karnein, Salm. u. Morolf
133, 3
; Dubizmay, kurß zu Teutze
1, 8
; Löscher, Erzgeb. Bergr.
68, 11
; Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Lk.
12, 55
; v. d. Broek, Suevus. Spieg.
147v, 1
; Adrian, Saelden Hort
1655
; Thiele, Minner. II,
13, 317
; Ott-Voigtländer, a. a. O.
205r, 26
; 216r, 7
; Vetter, a. a. O.
102, 19
; 198, 9
; Päpke, Marienl. Wernher
12223
; Morrall, Mandev. Reiseb.
19, 16
; Bauer, Geiler. Pred.
467, 14
; Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
231v, 15
; Klein, a. a. O.
23, 126
.‒
Vgl. ferner s. v. anbrennen
4, arnen
4, 1
asche
1, ausbrühen
2, auskriechen
1, austroknen
, auge
11, baden
1, badstube
, inhitzigkeit
.2.
zur Bezeichnung der heißen Primärqualität in der Vier-Elemente-Lehre und der Humoralpathologie (im Unterschied zur kalten, feuchten und trockenen Qualität): ›heiß, warm‹; von Krankheiten: ›durch Dominanz der heißen Qualität im Körper hervorgerufen‹; von Heilmitteln: ›zur Behandlung von Krankheiten geeignet, die durch die Dominanz der kalten Qualität bedingt sind‹; Spezialisierung zu 1.Zur Sache vgl.
Lex. d. Mal.
f., s. v. 5, 211
Humoralpathologie
.Gehäuft fachliche Texte.
Gegensätze:
feucht
kalt
nas
trucken
Syntagmen:
etw.
(Subj.) heisser natur sein
; der heisse geist, die heisse complexion / kraft / natur / sucht / wunde, das heisse geswer / tier
.Wortbildungen:
heissüchtig
Belegblock:
J. W. von Cube. Hortus
104, 9
(Mainz
1485
): der wirdig meister Auicenna [...] spricht daz coriander guͦt sy den heyssen geswern.
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
88, 15
(Frankf.
1535
): Gold ist heisser natur vnd heilt die außsetzigkeit vnd den grind so man das zu puluer macht vnd in die artzneyen thuͦt.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe
4, 17
(thür.
, 1421
): Das dritte synt die zwilingen, heiss unde nass, das wirket on die arme.
Keil, Peter v. Ulm
189
(nobd.
, 1453
/4
): Ein salb zu heissen wunden.
Brévart, K. v. Megenberg. Sphaera
8, 8
(noobd.
, 1347
/50
): Daruͤmb, daz sein [Mars] kraft haiz ist und truken, so zeuht er auz der erden und auz dem menschen vil behender feuhten und inhitzt den menschen, daz er leiht zuͤrnt.
Sudhoff, Paracelsus
1, 279, 6
(um 1520
): die heiß und feucht complex der frauen ist gleich also stark als des mannes.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
108, 20
(oobd.
, 1349
/50
): der kalt luft sleicht in den leip und jagt die haizen gaist in dem leib, alsô daz sich der mensch schüteln muoz.
Ebd.
119, 4
: diu haizen tier bedäutent die sinnereichen schuoler.
Ebd.
329, 3
: wer haizsühtig ist, der schol des paums pleter in ezzeich sieden.
Ebd.
373, 17
: die läut, die haiz und fäuht sint, die ze latein sangwinei haizent, die schüllen des pfeffers niht nützen.
Belkin u. a., a. a. O.
148, 12
; 198, 9
; v. Liliencron, a. a. O.
4, 15
; Menge, Laufenb. Reg.
3452
; Plant u. a., Main. Naturl. 294v, c,
28
; 300vd, 22
; Pfeiffer, a. a. O.
130, 9
; Barke, Spr. d. Chymie.
1991, 264
.‒
Vgl. ferner s. v. atrament
, beiderhand
, beifus
.3.
mit Bezug auf Emotionen und durch sie bedingte Handlungen: ›stark, heftig, hitzig, erregt; leidenschaftlich, innig, intensiv‹; Ütr. zu 1.Phraseme:
heisser mut
›Jähzorn‹.Bedeutungsverwandte:
brünstig
hitzig
anzündelich
brunstlich
heftig
heftiglich
inbrünstig
leblich
Syntagmen:
h. weinen, js. h. begeren
; der heisse jammer / laut / wunsch, die heisse begerung / busse / liebe / stimme / träne, das heisse fieber
.Wortbildungen:
heismütigkeit
Belegblock:
Quint, Eckharts Pred.
1, 303, 7
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): Diu sêle muoz mit heizer begerunge ûfgân und übergân vil wirdicheit der engel in den grôzen tugenden.
Karnein, Salm. u. Morolf
395, 1
(srhfrk.
, Hs. um 1470
): Do begunde heisse weinen kunig Salmon.
Göz. Leichabd.
261, 15
(Jena
1664
): Kan denn den heißen Wunsch nicht einmahl eine Stunde stillen?
Trunz, Meyfart. Tub. Nov.
20, 16
(Coburg
1626
): O das ist die heisse Liebe.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
1891
(nobd.
, Hs. A. 15. Jh.
): wanne swenne der gaistlich mensch sich | in diesen ernst rihtet, | sich selber hiezu verphlihtet, | so wirt er haißes jomers vol.
Vetter, Pred. Taulers
260, 27
(els.
, 1359
): die lúte die da wúrkent us heismuͤtikeit und us bitterkeit.
Wyss, Luz. Ostersp.
6842
(Luzern
1545
): sich an min kranck, verwundet hertz, | min heissen trächen mit jamer vnnd schmärtz.
Klein, Oswald
6, 30
(oobd.
, um 1425
): o sel, wo bistu morgen? | wer ist dein tröstlich ufenthalt, | wenn du verraiten solt mit haisser buss?
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
409, 7
(moobd.
, 1473
/8
): zäher haiss sach man auff ir clare wangen.
Thiele, Minner. II,
32, 433
; Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
119, 8
; Karnein, a. a. O.
299, 4
; Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
22, 21
; Eggers, Psalter
7, 18
; Schönbach, Adt. Pred.
29, 27
; Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 219, 4
; Rupprich, Dürer
1, 168, 8
; hail. altvaͤter
75v, 23
; Klein, a. a. O.
102, 28
; Schöpper
81a
; Dalby, Lex. Mhg Hunt.
1965, 86
f.‒
Vgl. ferner s. v. abwallen
, anerbitten
.4.
›(nach etw.) heftig verlangend, begehrend; eifrig‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. auskiesig
ässig
begerig
geitig
gelustlich
Syntagmen:
jm. h. sein auf / nach etw. / jm.
; der heisse magen
.Belegblock:
Thiele, Minner. II,
31, 518
(Hs. ˹md.
/rhein.
, 1. V. 15. Jh.
˺): ich han gesien das eme gar heis | was of ritters orden.
Harms u. a., Alberus. Fabeln
70, 18
(Frankf./M.
1550
): Hett ich ein solchen heyssen magen / Jch wolt ein gantz Dorff in mich jagen.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
244
(alem.
, 1. H. 15. Jh.
): Wann nach dir was mir haiß.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 430, 29
(Hagenau
1534
): Was aber heyß ist / das verzeret vil / denn die weil im menschen die natürliche hitz ist / so muͦß man dem leibe ymmer speise und tranck mitteylen / auff daß die hitz yhn selbs nit verzere.
Reissenberger, Väterb.
15303
.5.
›scharf‹; Ütr. zu 1.Belegblock:
Hajek, Gůte spise
51
(rhfrk.
/nobd.
, um 1350
): wuͤrtze niht al zvͦ heiz.
6.
›sofort, unverzüglich; eilig‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. alsbald
alzustund
angesichts
behende
händelingen
jeso
Belegblock:
Bömer, Pilgerf. träum. Mönch
5961
(rhfrk.
, um 1405
): din heymelikeit, wan er die weiß, | Verkondet er den ertzeten heiß.