gerste,
die
,der
;-n
(zu die
)/–
.1.
›Gerste (als Pflanze), Hordeum L.‹.Zur Sache: Marzell
2, 885
ff.Phraseme:
eine gähe gerste
›ein allzu schneller Mensch; voreilige Angelegenheit‹; als eine reife gerste wachsen
›nach unten wachsen‹; die gerste ist gedroschen
o. ä. ›der Erfolg ist sicher‹.Syntagmen:
g. schneiden / dreschen, das feld g. tragen
; die g
. (Subj.) schossen, in die halme einschiessen, im schwaden liegen
; für
[›statt‹] die g. jm. dornen wachsen, in den gersten jäten / kräutern
; die reife / zwei-, sechsschichtige g
.Wortbildungen:
gerstenacker
gerstenfeld
ins gerstenfeld hinein waschen / reden
›ungezielt reden‹; a. 1642), gerstengarbe
aufbinden
gerstengras
gerstenhalm
gerstenkrieche
krieche
›Pflaumenschlehe‹; zur Motivation s. u. Maaler
; wohl Klammerform aus gerstenerntekrieche
), gerstenrade
gerstenspreuer
Belegblock:
Luther, WA
49, 399, 30
(1544
): das aus dem Weitzenkorn nicht wird ein Gerstenhalm noch aus dem Gerstenkorn ein Rockenhalm.
Ders. Hl. Schrifft. 2. Mose
9, 31
(Wittenb.
1545
): ward geschlagen der Flachs vnd die Gersten / Denn die gersten hatte geschosset.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
344, 2628
(Magdeb.
1608
): auff ein warmen Tag / | Als der Gersten im Schwade lag / | Vns Gott bracht alle vier zusamen.
Ebd.
669, 5107
: Das die Koͤrb anfangen zu beben / | Vnd endlich sich all auff einmahl / | Zu den Froͤschen waltzen ins Thal / | Als sehe man GerstenGarben ringen.
Mieder, Lehmann. Flor.
835, 26
(Lübeck
1639
): Von vngleichen sagt man: Er sicht jhm so gleich / alß were er jhm außm Geseß geschlupfft: Wie ein Putzen im Gerstenacker einem Menschen.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob
11938
(omd.
, 1338
): Dysteln mir wachse vur diz korn | Und vur dy gerste scharfez dorn!
Hübner, Buch Daniel
1684
(omd.
, Hs. 14.
/A. 15. Jh.
): Ez [velt] treit blumen, viol, cle, | [...] | Rosen, lylgen, boume, dorn, | Weize, gerst, haber, korn.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
114, 27
(nobd.
, 1. H. 15. Jh.
): Und ist recht, das man dinckel, weiß, erbes, gersten, linßen und wicken schneyden mag an lawbe.
Dasypodius
473r
(Straßb.
1536
): Gerstenratte. Aegylops, aliès Festuca. Auena sterilis.
Maaler
155r
(Zürich
1561
): Gaͤrstenkriechen / Das ist / gaͤrsten farb / oder die vmb die gaͤrsten ernd kom͂end. Hordearia pruna.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 587, 30
(schwäb.
, 1588
): soll und mag auch ain yedes, wer der oder die seien, in den gersten uff iren selbst aigen ackern wol jeten.
Henisch
1521
(Augsb.
1616
): Der waͤchßt / als ein reiffe gersten / hic crescit ut maturum hordeum, id est decrescit uti solet hordeum, cum maturum. [...]. Zweyschichtige gersten / die gemein Futter gerst / nur mit zweyen zihen / quod duos ordines habet. Sechsschichtige gersten [...], cuius spicæ sex ordines habet [...]. Das tragende vnd saͤugende Vieh / Winters zeit mit Omat
[›Grummet‹]
vnd Gerstengros vnterhalten. Ebd.
1522
: Gersten Spreier / Kleyen / hordei paleæ, acera, frumenti pargamenta.
Gereke, Seifrits Alex.
7189
(oobd.
, Hs. 1466
): entrewn das wer ein gechew gerst, | dew man geset hiet aller erst.
Wackernell, Adt. Passionssp. Pf. I,
811
(tir.
, 1486
): dw pist gar ain gähe gerst, | Dw wil albeg sein der erst.
Bretholz, Liechtenst. Herrsch.
262, 30
; Maaler
170v
; Schweiz. Id.
2, 430
; 6, 1629
; Schwäb. Wb.
6, 2016
.2.
›Gerste (als Frucht, wie sie als Viehfutter, zur Zubereitung einfacher Speisen, zur Bierherstellung, auch zu medizinischen Zwecken dient)‹; begegnet in den Belegen vielfach in Aufzählungen mit anderen Getreidearten (haber, kern, korn, rocke, weisse / weize
) oder Wirtschaftspflanzen (mehrfach: arbeis, bone, linse, hanf, hopfe, malz, man
›Mohn‹, spelz, weid
).Phraseme:
jm. stöst die behemische gerste auf
›jn. überkommt die häretische Tradition Böhmens‹.Bedeutungsverwandte:
getreide
frucht
gries
treid
Syntagmen:
g. bestellen / ausfüren / (ver)kaufen / malen / neuen
›stampfen‹ / auswaschen / sieden / stampfen, auf den markt bringen
, [wohin, z. B. gen Livland
] füren
; g
. [wo] wachsen, zu brot dienen, futter sein
; mit g. mästen, aus g. bier sieden, an g. verkauf geschehen, spreu von der g. fliehen
; g. zum bier
; die reife / gedörte / gekochte / gestampfte / gewaschene / gewelte g
.; ein hafen / mut / malter / scheffel g., eine last / metze / stiege, eine hand vol g
.; ein mas der gersten, der teig von gersten, der topf vol gersten, das schif mit g
.Wortbildungen:
gerstammer
Henisch
; s. auch Suolahti, Die dt. Vogelnamen. 1909, 107
), gerstelich
gerstemand
gerstenbauch
gerstenbier
gerstenbrühe
gerstenbrauer
gerstenbrei
gerstenbrot
abwalzen
gerstenernte
gerstengerz
4, 1, 2, 3738
s. v. grütze
, Schweiz. Id. 2, 449
; s. in vorliegendem Werk grüsch
), gerstengraupe
gerstenhafen
gerstenhülse
gerstenkuchen
gerstenmalz
gerstenmüle
gerstenmus
gerstenpfründner
gerstenzehent
gerstenschuld
gerstenzins
gerst-
und gerste-
; dazu bdv.: vgl. gerstenzehent
gerstgräusse
3
graus
gersthärte
gerstling
gerstammer
Belegblock:
Ziesemer, Marienb. Ämterb.
110, 34
(preuß.
, 1383
): item 20 m. gereytsgeldes. summa der gersteczins 3100 scheffel.
Ders., Gr. Ämterb.
182, 28
(preuß.
, 1447
): Kornhuws: [...] 2 grosse habermalcz im malczhuwse, item 70 scheffel gerstenmalcz.
Ebd.
226, 3
(1427
): 20 leste gersteczenden. item 18 hengste uf dem grase.
Joachim, Marienb. Tresslerb.
76, 20
(preuß.
, 1400
): 9 scot vor 5 scheffel gerste und 7 scot vor lywandt uf die kasen.
Sattler, Handelsrechn. Dt. Orden
21, 30
(preuß.
, 1400
): habe wir czu Gotland legen bie Claus Rodaw 1600 scheffel gerste, dovon ys die gerste nicht abegerechent, die dem foythe von Gotlandt wart.
Ebd.
118, 18
: do haͤt her uns weysen und rocken, geͤrsten vor gekoufit.
Thielen, Gr. Zinsb. Dt. Ord.
4, 17
(preuß.
, 1414
/22
): 29 leste rocken, 166 sch weyse, 615 sch gerste, 350 sch malcz, 50 sch erbis, 3200 sch habir.
Luther. Hl. Schrifft. Ruth
2, 23
(Wittenb.
1545
): das sie las bis das die Gerstenernd vnd Weitzenernd auswar.
Ebd. Hes.
4, 12
: Gerstenkuchen soltu essen / die du fur iren augen / mit Menschen mist / backen solt.
Herborn u. a., Rechn. Jülich
102, 37
(rib.
/snfrk.
, 1398
/9
): van CLIII malter II ½sumber g(er)stens malts zu mache(n) ad III schilling.
Helm, H. v. Hesler. Apok.
11269
(nrddt.
, 14. Jh.
): dru maze der gersten, | Der libern und der ummersten, | Die kouft ich vor dem gerichte | Mit eines pfenninges gewichte.
Ebd.
11327
: Allein sich die gerstherten | Rechtes gelouben werten | Und sunde vor mir worchten.
Quint, Eckharts Trakt.
424, 5
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): so man einen bakoven heizet und dar în leget einen teic von habern und einen von gersten und einen von roggen und einen von weizen [...] brôt, der ander wirt rûcher, der dritte noch rûcher.
Sievers, Oxf. Benedictinerr.
231, 1
(hess.
, 14. Jh.
): Von idus gerstemandes biz man ses wochen zu ostern hat, sollen sie ummer zu nonen inbizzen.
Voc. Ex quo O
284
(nrhfrk.
, 1411
): Ordeacius gersten [...] gerstelich.
Lemmer, Amman/Sachs. Ständeb.
43, 2
(Frankf./M.
1568
): Auß Gersten sied ich gutes Bier / | Feißt vnd Suͤß.
Schmidt, Frankf. Zunfturk.
1, 89, 3
(hess.
, 1594
): daß etliche bierbrewer die gersten in großer anzahl, ehe dann sy uf den gewönlichen platz zu failem marck bracht wirdt, allein zu sich kauffen.
Hübner, Buch Daniel
2363
(omd.
, Hs. 14.
/A. 15. Jh.
): Dar nach sin sunde vluhet | Sam spru tun von der gersten.
Hertel, UB Magdeb.
3, 704, 15
(omd.
, 1503
): Es sal auch in unser Sudenburg [...] keyn weiszen ader gerstenbier zu sellen [...] zugestatet werden.
Ebd.
840, 34
: die gerstenbrawer sollen kein bier auszmessen bey pen eins reinischen guldens.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
27, 32
(osächs.
, 2. H. 14. Jh.
): wen der kunig hot groze schunen getreydis, gerstin, hirse und rys, das her heldit vier jar.
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
79, 27
(osächs.
, 1570
/7
): Wenn das vihe stirbet, sol man einen topf vol gersten nehmen, darüber waßer gisen und daßelbige am feuer 3 mahl nacheinander lasen aufsieden.
Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
231v
, 20 (md.
/oobd.
, 1446
/8
): gerstengraupen in öle geweicht vnd / darnach gestaupet vnd geseget.
Niewöhner, Teichner
726, 67
(nobd.
, Hs. 3. V. 15. Jh.
): es ist nyndert ein gersten pauch, | er sey umb das maul rauch.
Voc. Teut.-Lat. l viijv (
Nürnb.
1482
): Gerstenmuß od’ griesmel.
Pfeiffer-Belli, Murner. Kl. Schrr.
7, 48, 13
(Straßb.
1520
): Es stosset dir weiter vff die boͤhemische gersten, das du sprichst cristus sei kein haupt dan allein der frumen vnd guͦten.
Dasypodius
35r
(Straßb.
1536
): Cluma, Ein gersten hülßen.
Ebd.
332r
: gersten haffen oder geschirr zuͤ sieden.
Maaler
155r
(Zürich
1561
): Gaͤrsten muͦß (das) Bruͤye von gesottner gaͤrsten.
Ebd.
170v
: Gerstenmuͦß (das) Kochete gersten / Wirt den krancken an statt der speyß vnd trãck gaͤben.
Ebd.
326r
: Rauchs brot voll spreüwer / als gerstenbrot / oder brot voll kleyen.
Henisch
65
(Augsb.
1616
): Gerstham͂er / buntinga, vescitur hordeo & tritico, genus passeris & linariæ.
Ebd.
1521
: Er waißt weiß vnd weg / dardurch Eucrates stracks zuͦ der Gerstenmuͮhl fleucht / da man die Koͤrnlin malet
[steht für:
auff die flucht sich begeben].
Ebd.
:
Gerstenbrüe [...]. Ein geroͤstet gerstenbrot / weltzet sich. [...]. Gerstengertz / da Meel vnd Kleihen bey einander / wie es zur mastung fuͮr die Schwein vnd das gefluͤgel gemacht wirdt. [...].
Ebd.
1522
: Gerstenmond / september, sic dictus ab hordei messe.
Dirr, Münchner Stadtr.
454, 10
(moobd.
, n. 1365
): Ez sol ein iegleicher fragner mel, gerstgraͤwzz und swaz die fragner verchauffen wellent, vail haben vor iren chellern.
Deinhardt, Ross Artzney
228
(oobd.
, 1598
): Für die khelsucht Nimb ain hafen gersten vnd seudt die in wasser, Abenthawurzen.
Mollay, Ofner Stadtr.
154, 19
(ung. inseldt.
, 1. H. 15. Jh.
): [Dy fragnerin] süllen mügen türren verkaufen dyse nach geschribne ding: Dür arbais, pan, linsen, [...], haberprein, gerstenprein, dingkelprein.
Ziesemer, Marienb. Ämterb.
4, 27
; ders. Marienb. Konventsb.
24, 24
; 72, 25
; ders., Gr. Ämterb.
71, 11
; 190, 4
; Joachim, a. a. O.
98, 39
; Sattler, a. a. O.
201, 5
; Toeppen, Ständetage Preußen
1, 408, 29
; 605, 33
; 2, 9, 22
; 106, 2
; 4, 525, 27
; 5, 2, 30
; Luther, WA
18, 20, 1
; 33, 8, 16
; 37, 100, 21
; Aubin, Weist. Hülchrath
77, 27
; Helbig, Qu. Wirtsch.
2, 110, 17
; 145, 22
; Jürges u. a., Waldecker Chron.
354, 5
; Hertel, a. a. O.
3, 506, 38
; Ermisch u. a., a. a. O.
21, 44
; 151, 12
; Scholz, a. a. O.
232r
, 16; Mon. Boica, NF.
2, 1, 31, 28
; Wiessner, Wittenw. Ring
1058
; 5029
; Rennefahrt, Gebiet Bern
121, 21
; Haszler, Kiechels Reisen
327, 3
; Eis, Gesundheitsl.
149, 31
; Nyberg, Birgittenkl.
1, 179, 30
; Zingerle, Inventare
32b
, 17; Rechn. Kronstadt
3, 54, 3
; Bremer, Voc. opt.
13128
; Dietz, Wb. Luther
2, 88
; Schles. Wb.
1, 405
; Schweiz. Id.
5, 1293
; Öst. Wb.
3, 828
.‒
Vgl. ferner s. v. arbeis
, ätzen
1, aulauch
, ausschiffen
3, ausschlagen
6, balg
2.3.
›Gerstenbrei, ein einfaches Mus aus gerste
2‹.Phraseme:
[wenn nicht A], so ist gerste kein mus
o. ä. eine alltagspraktische Beteuerung der Sicherheit von A.Wortbildungen:
gerstenfresser
gerstensak
gerstensak
gerstentrank
Belegblock:
Ermisch, Freib. Stadtr.
53, 9
(osächs.
, Hs. v. 1325
): Hat ein man korn, daz he ezzen wil, oder gerste, di he zu sime tranke wil, oder vleisch zu siner spise [...], daz insal ein man alliz zu rechte nicht verschozzen.
Ders. u. a., Haush. Vorw.
21, 6
(osächs.
, 1570
/7
): Des abends: zwei zugemüse, als gersten, graupen, ein essen gebacken obst, und ein molken.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
207r
, 21 (Hs. ˹nalem.
, um 1400
˺): nemen papellen bletter vnd epfen / vnd marrabium vnd honig vnd gersten, vnd / temperier das ze samend ze ainem pflaster.
Barack, Teufels Netz
13471
(Bodenseegeb.
, 1. H. 15. Jh.
): Wenn si nun ain gersten hand gessen, | So singends dennocht wol vesper und messe.
Menge, Laufenb. Reg.
4341
(Hs. ˹nalem.
, um 1470
˺): sy [frowen] sönt ouch myden | Alle grobe herte spyse | [...] | Bonen linse myde ouch | Gersten roͮwes obs darzuͦ.
Fuchs, Murner. Geuchmat
944
(Basel
1519
): Jst das nit ein gefenglich buͦß, | So sy mir gersten ouch kein muͦß.
Ebd.
4206
: Gib jm gersten / iß du mandel / ryß!
Dasypodius
192r
(Straßb.
1536
): Ptisana [...]. Gersten wasser / oder ein gersten tranck.
Bächtold, N. Manuel. Barb.
165, 886
(Zürich
1526
): Ist das nit geschrift, so ist gerst nit muͦs!
Henisch
1522
(Augsb.
1616
): Gerstenfresser / fabarij, sic dicti cantores, quia reliquis cibis abstinebant, solis leguminibus contenti: ut reliqui scholastici hordeacei.
Ebd.
Gerstentranck / die dicke bruͤe von gesottener gersten
. Hauber, UB Heiligkr.
2, 464, 14
; Uhlirz, Qu. Wien
2, 3, 4115, 87
; Schwäb. Wb.
3, 427
.4.
›Gerstenkorn (am Auge)‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. grüzgraupe
Wortbildungen
(verdeutlichend): gerstenkorn
Belegblock:
Henisch
1522
(Augsb.
1616
): Gerstenkorn / am Auge / am liede vnten an / Augen habern.
Schwäb. Wb.
3, 425
; 6, 2016
.