2
gerade,Adj.
(1-3), Adv.
(4-5); zu
mhd.
gerat, gerade
›rasch‹
(Lexer
).1, 871
1.
›ohne Krümmung immer in der gleichen Richtung verlaufend, geradeaus, in gerader Richtung verlaufend‹.Belegblock:
M. Cunitia. Ur. Prop.
167, 12
(Öls
1650
): Sinus recti seind grade Linien inner dem qvadranten.
Rupprich, Dürer
2, 267, 24
(nobd.
, 1513
): so tzwech dy gestalt des angsichtes einer liblich weis jn dÿse gerad geschlossen linien.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
144, 13
(Nürnb.
1548
): darumb wenn sie in die Ehe kommen / vnd es nicht aller ding gerad wil zu gehen / geben sie es dem Ehestand schuld.
Sappler, H. Kaufringer
18, 31
(schwäb.
, Hs. 1472
): der [junggesell] was cluog und auch gerad | er nam auf des tods genad | das selb weib zuo der ee.
Heidegger. Mythoscopia
58, 15
(Zürich
1698
): Euclides, under dem Schein in Socratis Nacht-Schul zu wandern / ist offt auff der graden straß nach dem Huren-Hauß ertappt worden.
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
721
(oobd.
, 1607
/11
): 1 ander türckisch dölchlin, krumb [...] 1 ander gerader dolch, oben brait, unden spitzig.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
254, 6
(m/soobd.
, 1624
): gegen dem hochgericht aldort abwerts gegen der wegschaid, so von dem Thoner weg und strassen von einander schaidet, so grat hinauß biß in die mütte der Muher.
Voc. Teut.-Lat.
l viijr
; Dasypodius
332r
; Serranus
81v
; Maaler
169r
; 190v
; 191r
; Henisch
1503
; Dict. Germ.-Gall.-Lat.
186
f.; Dietz, Wb. Luther
2, 81
; Schwäb. Wb.
3, 380
; Schweiz. Id.
6, 497
.2.
mit Bezug auf den menschlichen Körper und seine Teile: ›aufrecht, gut gewachsen, wohlgestaltet‹; ütr.: ›heil, gesund‹; in einem Teil der Belege schwer von 3 zu trennen.Bedeutungsverwandte:
schön
stark
Belegblock:
Mieder, Lehmann. Flor.
464, 12
(Lübeck
1639
): Ein hinckender kompt eben so weit / als einer der gerade Fuͤß hat.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
84, 1300
(Magdeb.
1608
): Das Heupt richt sich widerumb empor / | Der Ruͤck ward gerad.
Alberus, Barf.
176, 3
(Wittenb.
, 1542
): Bruder Simon [...] macht ein kranck Pferd gesund / vnd schaffe die nicht stehen kundten / machte er gerade.
Buch Weinsb.
2, 299, 10
(rib.
, 1575
): zu seltmalen gink ich zu miner motter, die auch nit gerat noch lustich was und zu mir quam.
Sachs
2, 216, 28
(Nürnb.
1515
): Er was schön, jung, gerad, an wandel.
v. Keller, Ayrer. Dramen
123, 7
(Nürnb.
1610
/8
): Weil ich so ein schöner Kerl bin, | Gar grad von Leib vnd krauß vom Sinn.
Cirurgia H. Brunschwig
16ra, 42
(Straßb.
[1497
]): Du müst ansehen [...] ob er auch vor gerad oder lam sy gewesen.
Ebd.
34ra, 18
: Wie iung ich wz sprach ich d‘ würt nümer me gerad.
Barack, Teufels Netz
10391
(Bodenseegeb.
, 1. H. 15. Jh.
): er hett den gredsten lib | und ist als ain suber man.
Barack, Zim. Chron.
1, 166, 34
(schwäb.
, M. 16. Jh.
): do wardt er wunderbarlich gesundt und aller seiner glider wider geradt.
Eschenloher. Medicus
47, 17
(Augsb.
1678
): da nahme sie dasselbe / machet ein Hand daraus / vnd trucket deß Kinds Hand darein / vnd befande hierauf dessen Hand von Stund an gerad.
Klein, Oswald
9, 47
(oobd.
, 1421
?): Ist ainer junck, schon, mütig, hoher gaile, | der ander starck, gerad an alle maile, | der dritte weis, er wirt ein kind | kompt er zu verren tagen.
Bauer, Zist.-Pred. Haller
63, 394
(tir.
, 1466
): Alle die da gen in das haus, die werden erlöst von aller kchrankchait, die plintten die werden gesehen [...] die gepogen die werden gerad.
Pfefferl, Weigel. Gn. S.
67, 4
(um 1571
, Hs. 1615
): also sehen die Menschen offtmals nur auf den Leib, Ob Er schön gradt vnd starckh sey.
Seemüller, Chron. 95 Herrsch.
211, 17
.3.
mit Bezug auf Menschen, Tiere und ihre Eigenschaften: ›aufrecht, von guter Gesinnung, tüchtig, gewandt, schnell‹.Bedeutungsverwandte:
bald
behende
eilends
flugs
gach
gedrate
gehlings
gering
geschwind
läuflingen
rasch
schnel
schnelliglich
Belegblock:
v. Bunge, Livl. UB
199, 27
(nrddt.
, 1398
): so weren dar gekomen xiv gerader gesellen, de des marscalkes denre weren geweeet.
Schöpper
45b
(Dortm.
1550
): Gehe schnelligklich schnell gehlings gethrad bald leufflingen gerad gering roͤsch flux eilends behend geschwind.
Chron. Köln
3, 861, 13
(Köln
1499
): welchs [perd] under den selven mit loufen ind rennen dat geraedest ind snelste were.
Kurz, Waldis. Esopus
2, 2, 2
(Frankf.
1557
): Der Tyger ist ein Thier vierfuͤssig, | Starck, frech, gerad, ist nimmer muͤssig.
Ralegh. America
21, 18
(Frankf.
1599
): Die Voͤlcker Tiuitiuas seyndt huͤpsche gerade Leut.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe
32, 15
(thür.
, 1421
): derzu gewan her mit andern weiben 50 naturliche ssone gerader menner umd gutte wepener.
Opel, Spittendorf
497, 23
(osächs.
, um 1480
): lieben gesellen, gehet gerade durch die stadt.
Rupprich, Dürer
1, 28, 42
(nobd.
, 1524
): Da hat jhm mein anherr seine tochter geben, ein hübsche gerade jungfrau.
Barack, Teufels Netz
13275
(Bodenseegeb.
, 1. H. 15. Jh.
): So tuot man den soldnar bestellen, | Die aller gredsten gesellen.
Chron. Augsb.
2, 197, 15
(schwäb.
, Hs. 16. Jh.
): wann er was ain grad, hüpsch, tugenthaft man und was gar grausam freuntlich gegen armen leuten.
Roth, E. v. Wildenberg
151, 11
(moobd.
, v. 1493
): der fürst was gar ein gerader, starcker man.
4.
›gerade, bereits, schon; ebenso, besonders‹.Belegblock:
Sachs
13, 13, 10
(Nürnb.
1556
): So wirt er mit ir könig gleich | In Franckreich, ghrad nach dem beschaid, | Wer dem parlament lieb oder leid.
Andreae. Ber. Nachtmal
75r, 20
([Augsb.
] 1557
): Dan̄ Christus hat gerad darvor gesagt / Wie mich gesandt hat der lebendig Vatter.
Kottinger, Ruffs Adam
2508
(Zürich
1550
): darumb solt din hertz rüewig machen, | grad gott befelhen disen handel.
Bächtold, Zugabe H. R. Manuel
309, 143
(Zürich
1548
): dört gsich ich schon den einen, | Es ist grad eben, den ich meinen.
Lauater. Gespaͤnste
18r, 18
(Zürich
1578
): grad vß dem das einer sicht / bildet jm einer etwã seltzame wu͂derbare ding yn.
Wyss, Luz. Ostersp.
10661
(Luzern
1545
): vff das sind etlich brüder gangen, | so nach im gehebt verlangen, | vnnd hand grad funden den bescheyd, | wie vnns was von den frowen gseyt.
Bauer, u. a., Kunstk. Rud.
1097
(oobd.
, 1607
/11
): Ein anders [schälin] gerad wie obiges in der größ, tieffe und form.
Niewöhner, Teichner
352, 71
(moobd.
, 1360
/70
): visch, wiltpraͤt und chranbit vogel | han ich heut geraet gaz.
5.
›gerade so als, als ob, gleichsam‹.Belegblock:
Reichmann, Dietrich. Schrr.
136
(Nürnb.
1548
): Gerad alß were es vmb das Eheleben ein solches leben / da man Gott nit bey dienen koͤndte.
Maaler
39v
(Zürich
1561
): Außbutzen / Auskratzen / Alt ding grad als neüw machen.