gehören,
V.
1.
›hören, die Fähigkeit haben, etw. akustisch wahrzunehmem‹, dies ohne Ergänzung; trans.: ›etw. hören, vernehmen, wahrnehmen‹.Belegblock:
Helm, H. v. Hesler. Nicod.
3151
(nrddt.
, 14. Jh.
): Do gehorten sie von gote | die stimme anderweide | sprechen.
Leman, Kulm. Recht
2, 5, 47
(Thorn
1584
): Vnd vnsynnyge lute. vnd blynde. vnd toren vnd dy nicht gehoren mugen.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
1269
(mrhein.
, um 1335
): daz ich gehorte keinen stoz | an dise dore so rehte groz.
Tiemann, E. v. Nassau-S. Kgn. Sibille
126, 28
(rhfrk.
, um 1435
): Als die fürsten daz gehorten / da danckten sye dem konnige sere.
Sievers, Oxf. Benedictinerr.
26, 17
(hess.
, 14. Jh.
): also sie gehoren daz erste zeichen der nonen, so sunderen sich von dem werke.
Allg. Schau-Buͤhne
19, 10
(Frankf.
1699
): Viel tausend Schuͤsse geschahen in und auß der Stadt mit solchem Tonnern / daß man es druͤben in Engelland gehoͤret.
Feudel, Evangelistar
2, 26
(omd.
, M. 14. Jh.
): Do sy dese rede gehorte, do irschrak sy.
Eggers, Psalter
54, 20
(thür.
, 1378
): Daz ich gehore di stimme dines lobis, vn̄ ich zcele alle dine wunder.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Joh.
6, 61
(osächs.
, 1343
): Dise rede ist hart, und wer mac si gehôren?
Palm, Veter Buoch
21, 1
(schles.
, Hs. E. 14.
/A. 15. Jh.
): er hat mir manige zit geduldiclich gedienet vnd gehorte nie gutliche rede von mir.
Pyritz, Minneburg
4321
(nobd.
, Hs. um 1400
): daz ich aller miner tag | Senlicher stymme gehoͤret nie.
Keil, Peter v. Ulm
247
(nobd.
, 1453
/4
): Etwen wirt ein geswer in den oren, etwen so vellet ein ding für sie, also daz man nicht gehören mag.
Sachs
9, 268, 33
(Nürnb.
1555
): Da ward ein glächter in dem sal, | Das man kein wort gehören kund.
v. Keller, Ayrer. Dramen
1208, 21
(Nürnb.
1610
/8
): Du weist, ich bin ein alter Mann, | Gehör gar übl vnd bin schier blind.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
749, 33
(els.
, 1362
): Do ging Clemens mit ir in das hus vnd machte disen Sysinnium gesunt vnd wider gesehende vnd gehorende.
Vetter, Pred. Taulers
10, 2
(els.
, E. 14. Jh.
): hat daz ore ein getoͤne, so gehoͤrt es niemer enkein getoͤne.
Roloff, Brant. Tsp.
2507
(Straßb.
1554
): Stossen im das wachs in die oren hinein / | Und verkleibens im wol das er nit gehoͤr.
Barack, Zim. Chron.
3, 563, 28
(schwäb.
, M. 16. Jh.
): mein herr gehört nit wol und muess man gar laut mit ime reden.
Päpke, Marienl. Wernher
7122
(halem.
, v. 1382
): do der [Andreas] alsus gehorte das, | Vil balde er sant Johansen lie | Und dar nach mit Ihesu gie.
Bachmann, Haimonsk.
23, 3
(halem.
, 1530
): Nun werdend ir erbermklich ding gehören, so der verretter Gannellon an dem hertzogen begieng.
Ott-Voigtländer, Rezeptar
213v, 26
(Hs. ˹nalem.
, um 1400
˺): Nim / gens schmer vnd troͤff das in das or, der / nihcz gehoͤret.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
253, 31
(oobd.
, 1349
/50
): Pei dem visch verstên ich die läut, die des gots wortes niht gehœren mügent.
Dirr, Münchner Stadtr.
334, 1
(moobd.
, 1340
): unsinnig laeut und plinden und toren und die nicht gehoͤrent und stummen und paennig laeut und veraecht laeut [...] die muͤgen all nicht zewch gesein.
Winter, Nöst. Weist.
3, 4, 16
(moobd.
, 1489
): geit er im antwurt, so mag in der wirt gehören was sein thuen sei.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
55, 19
(tir.
, 1464
): Es was auch da ein junger mensch, der was ain stumm vnd gehöret nicht.
Sachs
7, 142, 7
; 14, 330, 3
; 15, 322, 16
; 325, 2
; 17, 211, 21
; 212, 30
; 213, 7
; 18, 165, 22
; Wiessner, Wortsch. Wittenw. Ring.
1970, 66
; Cirullies, Rechtsterm. Anh.
1981, 181
; Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 33
; Dasypodius
351v
; Maaler
164r
; Hulsius
J ijr
; Henisch
1439
f.; Dietz, Wb. Luther
2, 47
; Dief./Wü.
609
; Pfälz. Wb.
3, 128
; Schwäb. Wb.
3, 214
f.; Schweiz. Id.
2, 1574
.2.
›jm. Gehör geben, gehorchen‹.Bedeutungsverwandte:
gehorchen
Belegblock:
Kurz, Waldis. Esopus
4, 8, 69
(Frankf.
1557
): Ich weiß, er wirdt dir gar wol schmecken, | Wirst all dein finger darnach lecken, | Wirstu mir jetzt in dem gehoͤrn.
3.
›mit etw. aufhören, etw. unterlassen‹; ohne Ergänzung, auch mit Gen. d. S.Belegblock:
Froning, Alsf. Passionssp.
4813
(ohess.
, 1501ff.
): du enmagks uns nyt erkriegen! | swigk, loß uns gehoren! | du ensalt uns nicht alßo bethoren.
Lindqvist, K. v. Helmsd.
2633
(halem.
, Hs. um 1435
): Cÿrum, der da usss frÿem muͦt | Nie kriegentz wolt gehoͤren.
4.
von Handlungen, Maßnahmen: ›jm. gebühren, zustehen; js. Sache sein‹; mit Dat. d. P.Belegblock:
Luther, WA
41, 313, 13
(o. J.): Denn des Teuffels kindern gehoͤret, das man sie sol stoͤcken und ploͤcken.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
165, 23
(thür.
, 1474
): daz ist eyn geistlich sache unde gehoret deme geistlichin richter zcu erkennen.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
34, 17
(osächs.
, 2. H. 14. Jh.
): alle andir ding tun di wip di do gehorn czu der nerunge.
Kisch, Leipz. Schöffenspr.
370, 3
(osächs.
, 1523
/4
): Ap sulch contract und handel wucher sei, gehort uns nicht.
Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 203, 74
(Nürnb.
1631
): Den HErrn doͤrffen sie toͤdten nicht, | Pilato ghoͤrt das Landgericht.
Piirainen, Stadtr. Kremnitz
31
(mslow. inseldt.
, 1537
): Zum Dritten gehort dem pergkmaister zwe das er alle tag auff den perg hinaus gehe.
5.
von Besitztümern, Territorien, Landschaften, Völkern, Organisationen: ›zu etw. gehören‹.Urkunden, Rechtstexte.
Belegblock:
Rosenthal. Bedencken
16, 6
(Köln
1653
): So werden sie es auch nit eyns werden / zu welchem Theil die Waldenser / vnd andere solche Leut / sollen gehoͤren.
Kollnig, Weist. Schriesh.
251, 44
(rhfrk.
, 1470
): hat unser gnediger herr ein hoff zu Schrießheim, der gehort zum ackergange.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
31, 21
(thür.
, 1474
): Auch so gehoret zcu gerade alle schaeff unde genße, kasten met uffgehabin leden unde andere kysten, da dy frouwen yr gerete besundern ynne beslißin.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe
38, 9
(thür.
, 1421
): die andern gegenoten dorumbe, die do ouch gehorten zu der zeit yn das konigreich zu Tryre.
Küther, UB Frauensee
341, 28
(thür.
, 1521
): das stuck lands under dem wege pober dem acker, der zcu der moln gehorth.
Thür. Chron.
4v, 15
(Mühlh.
1599
): Da zu der zeit die Tuͤringer wohneten / vnd in Meissen / Osterland vnnd vmbliegende / welche zunder zeit alle an das Koͤnigreich Trier gehoͤrten.
Schnelbögl, Salb. Karls IV
142, 6
(nobd.
, 1366
/8
): von Begnitz gen Buchenbach werts biz an ir eckermas, wie verre die get, gehort gen Turndorf.
Gille u. a., M. Beheim
111, 149
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): und da gieng ain yeglicher vort | in dy stat dar ein er gehort | oder da er waz purtig.
Dietrich. Summaria
26r, 43
(Nürnb.
1578
): Das ist je ein gewisse anzeigung / das vnsere getauffte kindlein [...] Gott gefallen / in sein reich gehoͤren.
Dreckmann, H. Mair. Troja
11, 10
(oschwäb.
, 1393
): Frigia, daz gehört zu dem land ze Troy.
Memminger Chron. Beschr.
4, 3
(Ulm
1660
): Ob Memmingen zu den Schwaben oder Albgoͤwern gehoͤre / will ich mit niemand streiten.
Ebd. Beschr.
8, 6
: Mezger-Zunfft / darzu die Haffner gehoͤren.
Edlib. Chron.
11, 15
(ohalem.
, um 1500
): die lüt [...] die zu windegg gehörend.
Langmantel, Schiltb. Reiseb.
20, 26
(oobd.
, n. 1427
): Wie der Weyasit dem chönig soldan ein stat und ein landt an vordert, das zum chönigreich (Siwas) gehört.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
233, 8
(oobd.
, 3. Dr. 15. Jh.
): als der kunig von Franckreich noch in Rom lag, gewunnen die sein ain stat, gehorund zu dem kunigreich Neapolis.
Mollay, H. Kottanerin
33, 7
(moobd.
, 1439
/40
): si solt in gen Odenburg furen, das gehoriet auch zu der heiligen kron gan Vngern.
Zingerle, Inventare
71b, 23
(tir.
, 1486
): vermerckt die stuͤck, so zuͦ der Klausen gehorend, wysen vnd ëgker.
Grosch u. a., a. a. O.
117, 13
; 119, 36
; 277, 31
; 280, 24
; 293, 22
; 294, 28
; 296, 1
; 313, 36
.6.
von Ländereien, Besitztümern, Rechten: ›jm. gehören, in js. Besitz sein, js. Eigentum sein‹.Vielfach Urkunden, Rechtstexte.
Belegblock:
Köbler, Ref. Franckenfort
100, 1
(Mainz
1509
): mehr güttere / die doch jn einen zinß gehören.
Kurz, Waldis. Esopus
3, 58, 11
(Frankf.
1557
): Ich weiß ein Schatz, leit in der Erden, | Der doch von recht der Herrschafft ghuͤrt.
Küther, UB Frauensee
137, 13
(thür.
, 1360
): wir virkouft han zvei phund heller ewiger guͤlde an unser guͤlde zu Dyͤpbach, di unser probistie gehort hat.
Bechstein, M. v. Beheim. Evang. Joh.
10, 13
(osächs.
, 1343
): Abir der mitelinc vluhit, wan her ist ein mitelinc, und di schâf gehoͤren zuͦ ime nicht.
Logau. Gott
157, 19
(Breslau
1644
): nihm Dich dessen an / das dir gehoͤret.
Rupprich, Dürer
1, 177, 33
(nobd.
, 1521
): Jch hab 2 stüber für ein gläßern püchslein, dem könig gehörent, geben.
Schade, Sat. u. Pasqu.
2, 150, 29
(els.
1521
): auch ist ain sölicher aufschlag in den dörfern mit dem opfer, mit mel, wein, aier, schmalz: das gehört dem mesner.
Weingart u. a., Seelb. Rhodt
60, 10
(pfälz.
, 1547
): eyn stuck wingarten [...] gehert den armen in die spen.
Köbler, Stattr. Fryburg
165, 10
(Basel
1520
): so sind die sippfründ nach vnserm Stattrecht schuldig / legata vn̄ geschefft / sy gehoͤren wem sy woͤllen.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
91, 22
(mslow. inseldt.
, 1609
): Zwey tiśchtuecher [...] Die hette aber von ihrem woßerman gehort.
7.
›zu etw. dazugehören; Teil eines Ganzen sein; passend, angemessen, notwendig, unentbehrlich sein‹.Belegblock:
Pfefferl, Weigel. Ges.
33, 19
(Hamburg
1646
): Die Tauffe vnd Nachtmahl, ob sie woll nach dem Buchstaben gehoren in das dritte, [...] so seind sie doch [...] mit dem ersten geboth ein Ding.
Holland, H. J. v. Braunschw. V. e. vngerat. Sohn
387, 26
(Wolfenb.
1594
): Dann auff einen bösen tag gehöret ein guter Abendt.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
562, 1764
(Magdeb.
1608
): Das end aber ist leider schwer / | Viel ghoͤrt zur steten gegenwehr.
Luther, WA
41, 96, 18
(1535
): Hie zu gehoͤret nu der Glaube, der sich des Koͤnigs anneme.
Rosenthal. Bedencken
38, 27
(Köln
1653
): die Sacramental Beicht / wie sie [...] in der Catholischen Kirchen staͤts gehalten / gehoͤrt zu der heilsamen Enge.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
38, 3
(omd.
, 1487
): Da wer vill von zcu schreiben, es gehort aber hay her nichtt.
Quint, Eckharts Pred.
1, 120, 1
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): waz ze der sêle gehœret, daz sol abegelœset sîn alzemâle.
Ebd.
1, 164, 16
: War umbe enwerden wir denne niht wis? Da gehœret vil dar zuo.
Thür. Chron.
6v, 2
(Mühlh.
1599
): Folgen die ander sechs Wunder der Welt / wiewol sie nicht hieher gehoͤren.
M. Cunitia. Ur. Prop.
167, 11
(Öls
1650
): Was aber sinus seynd / weitleufftig zubeweisen / gehoͤret zu der Geometria.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
168, 21
(Nürnb.
1548
): Vmb mich allein ist es Gott nicht zu thun gewest / es gehoͤren jr mer in dise gnadenreiche geselschafft.
Dietrich. Summaria
19r, 23
(Nürnb.
1578
): Derhalben gehoͤrt dazu / das sie klug sein / wie die Schlangen.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
717, 11
(els.
, 1362
): Daz der lebenden guͦte werk den doten nuͤcze sient, daz komet do von daz su in die einberkeit der cristenheit gehorent.
Gilman, Agricola. Sprichw.
1, 154
(Hagenau
1534
): Es gehoͤret auf alle wort kein antwort.
Wickram
4, 41, 4
(Straßb.
1556
): Was aber sunst zuͦ einer kostlichen malzeit gehoͤret / daran was kein mangel.
Sappler, H. Kaufringer
5, 53
(schwäb.
, Hs. 1464
): zucht und adel wont dir bei, | das du gehörst darzuo wol.
Brandstetter, Wigoleis
194, 37
(Augsb.
1493
): darnach lernet man jn waz zuo der ritterschafft vnnd anderer behendikeyt gehoert.
Henisch
134
(Augsb.
1616
): Auff ein astig holtz gehoͤrt ein stehlen keil.
Thiele, Minner. II,
12, 225
(Hs. ˹nalem.
/sfrk.
, 1470
/90
˺): Zu der eren gehort stete, | das darff ich nit verkunden.
Menge, Laufenb. Reg.
2684
(Hs. ˹nalem.
, um 1470
˺): Núnnelin vnd begynen | Den múnchen vnd den pfaffen lyß | Den gehöret zuͦ lichte spys.
Goldammer, Paracelsus
6, 189, 16
(1530
): die in Christo gehorent, die zeucht der vatter zu ihm.
Bastian, Runtingerb.
2, 13, 6
(oobd.
, 1389
): Auch enpfalch mein herr in zwain ain truhl, do gehoͤrnt zwen sluͤzzl zu, die han ich.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
98, 4
(oobd.
, 1349
/50
): daz gehœrt niht hie her zuo unserm schimpf.
Ebd.
195, 26
: alsô mach wir in däutschen landen die trüeben wein und allermeist die Botzner und Traminner in sölher temperung, diu dar zuo gehœrt.
Dirr, Münchner Stadtr.
385, 20
(moobd.
, um 1365
): er sol im [dem richter] aber undertaͤnig sein mit allen diensten, die zuͦ dem gericht gehoͤrent.