etwan,
ezwan,
etwen,
Adv.;
zu
mhd.
ëtewanne, ëteswenne, ëtwenne
›zuweilen; früher; irgendwann‹
(
Mwb
1, 2220
).
1.
›früher, einst, damals‹; ›zu einem (nicht näher bestimmen) Zeitpunkt, in einer (nicht näher bestimmten) Zeiterstreckung in der Vergangenheit‹; temporales Adverb; in attributiver Stellung vor Personenbezeichnungen vereinzelt mit Tendenz zum Adjektiv.
Bedeutungsverwandte:
ehemals
 1,
einest
 2,
vormals
,
vorzeiten
,
weiland
.
Gegensätze:
jezt
 1; 3,
nu
(Adv.) 1.

Belegblock:

Luther, WA
10, 3, 26, 24
(
1522
):
Es hat sich etwan ein grosser streit erhaben uber den Bildern zwischen eim Keiser und dem Bapst.
Weingart u. a., Seelb. Rhodt
3, 1
(
pfälz.
,
1480
):
Jargezijt des ersamen herren Friderich Hossen etwan pfarrers zu Rode.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
39, 33
(
thür.
,
1474
):
Caspar Moller schuldiget Hans Wentczeln, daz er etwann des genanten Caspars vaterswester zcu elichem lebin genomen habe.
Lexer, Tucher. Baumeisterb.
88, 17
(
nürnb.
,
1464
/
75
):
man hat ettwan geben fur fure, was man umb dreissig pfenning kauft hat, do hat man vier pfenning von geben; aber man muß ietzunt 6, 7 pfenning geben.
Sachs
8, 341, 35
(
Nürnb.
1545
):
Ein groß genuweschis raubschieff, | Das bracht sehr vil maydlein und knaben, | Die sie etwann geraubet haben | In dem köngreich Armonien.
Bernoulli, Basler Chron.
6, 477, 2
(
alem.
,
1525
):
Steffan Störr, der etwan lutpriester zu Liestall, [...] in diser uffruor widerumb dohin zu der pursame komen was.
Luginbühl, Brennwalds Schweizer Chron.
2, 318, 13
(
halem.
,
1508
/
16
):
Anno domini 1491 ward Thomas von Cicilia, [...], etwan ein kanzler keiser Friederichs [...] zuͦ bischof erwelt.
Morgan u. a., Mhg. Transl. Summa
255, 29
(
schwäb.
,
14. Jh.
):
Etwenne warent ir vinster, aber nu sint ir lieht in dem herren.
Morrall, Mandev. Reiseb.
17, 23
(
schwäb.
,
E. 14. Jh.
):
Die ynsel von Rodis waz etwan genant Colles.
Chron. Augsb.
5, 311, 6
(
schwäb.
, Hs.
E. 15. Jh.
/
A. 16. Jh.
):
1456 da kamen zwen menschen von des türckischen kaissers herr, die waren etwan kristen gewesen.
Langmantel, Schiltb. Reiseb.
72, 29
(
oobd.
,
n. 1427
):
[Nazareth] ist etwan gewesen ein gute stadt; nun ist es ein clain dorff.
Luther, WA Br.
8, 550
, Beil. II;
Franz u. a., Qu. hess. Ref.
2, 49, 7
;
Meisen u. a., J. Eck
13, 15
;
Tobler, Schilling. Bern. Chron.
1, 120, 7
;
Chron. Augsb.
7, 111, 16
;
Siegel u. a., Salzb. Taid.
291, 26
;
Schöpper
44a
;
Maaler
121v
;
Pfälz. Wb.
2, 985
.
2.
›manchmal, bisweilen, von Zeit zu Zeit, immer mal wieder (iterativ)‹; temporales Adverb, teils mit Tendenz zum modalen Adverb: ›zum Teil, teilweise‹; zuweilen Inhalte antithetisch gegenüberstellend bzw. additiv reihend gebraucht.

Belegblock:

Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
200, 3
(
Frankf.
1535
):
Mann macht etwan glas von blei vnd subtiler erden / on farn eschen oder heuw.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe
238, 3
(
thür.
,
1421
):
eynn grosser stern mit eyme langen zagel [...] bedutet allewege etzwas gutis ader obils zukunftiges, etzwanne die gebort eynes grossen fursten, etzwann seynen todt.
Keil, Peter v. Ulm
247
(
nobd.
,
1453
/
4
):
Etwen wirt ein geswer in den oren, [...] etwen so kriechen die wurm dor ein, etwen so seusent sie.
Vetter, Pred. Taulers
398, 19
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
wenne ein garte [...] geeget wurt von dem unkrute, so blibet do ettewenne ein wurtzelin von dem unkrute.
Chron. Strassb.
333, 6
(
els.
,
A. 15. Jh.
):
ettewenne gelag obe Pompejus, etwenne Julius
(im Kampf).
Jörg, Salat. Reformationschr.
61, 32
(
halem.
,
1534
/
5
):
es hatt [...] Zwinglj sich [...] ettwan gegen synen schuͦlgsellen / gar üppicklich mercken lan / und geredt [...] er well sim selbs noch ein ewigen namenn machen.
Chron. Augsb.
7, 119, 23
(
schwäb.
, zu
1548
):
daß gemeiner stat sachen zum allerlangsamisten und unfleißigisten [...] oder etwan gar nit ausgericht [...] worden.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
4, 17
(
oobd.
,
1349
/
50
):
iedoch ist etswenn ain menschen haupt [hirnschal] gesehen, dâ nindert ain nât an was, und daz bedäut des menschen gar langez leben.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
6, 31
(
tir.
,
1464
):
Ich han auch das vorgenant puch verwandelt nach dem tëxt vnd etwen nach dem sinn vnd han das pracht zu ainer schlëchten gemainen teücz.
Enders, Eberlin
2, 49, 31
;
Chron. Strassb.
690, 32
;
Cirurgia H. Brunschwig
25rb, 31
;
Plant u. a., Main. Naturl.
299rb, 13
;
Turmair
5, 592, 15
.
Vgl. ferner s. v.
anfechtung
 1.
3.
›irgendwann (einmal); zu einem nicht näher bestimmten (späteren) Zeitpunkt; jemals‹; temporal-modales Adverb, im Gegensatz zu 1 auf zukünftig bzw. möglicherweise eintretende Ereignisse verweisend.

Belegblock:

Sievers, Oxf. Benedictinerr.
26, 27
(
hess.
,
14. Jh.
):
ob diz etwanne geschiet
[dass eine Schwester
muzzig oder mit ydelre reden
angetroffen wird]
von summilichere, so sal man [...].
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
249, 2333
(
Zwickau
um 1540
):
Das wird auch etwan finden seinen ort.
Chron. Nürnb.
3, 132, 31
(
nobd.
,
1488
):
wie lang [...] wölt ir solichs leiden? erwacht etwan!
(hier wohl ›endlich; jetzt‹; Aufruf zum Aufstand gegen den
rat
).
Chron. Augsb.
7, 426, 1
(
schwäb.
,
um 1564
):
wover im
[dem Kind eines Kürschners, das von den Erinnyen aufgezogen wird]
etwan die sach [zuͤ hohen dingen gelangen] fehlen [...] wurde, [...] sich wider in sattel schwingen [...] möcht.
Wackernell, Adt. Passionssp. Pf. I,
942
(
tir.
,
1486
):
Wier muessen ain weil darumb vechten, | Etwan treffen wier den rechten.
Quint, Eckharts Trakt.
252, 2
;
Haltaus, Liederb. Hätzlerin
1, 73, 11
;
Chron. Augsb.
7, 427, 13
;
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
150
.
4.
›vielleicht, möglicherweise; wohl‹; modales Adverb, das die Gewissheit der Aussage einschränkt; anschließbar an 3.

Belegblock:

Luther, WA
28, 581, 27
(
1529
):
Eine [...] grosse, treffliche vermanung lesset Mose vorhergehen, ehe er die zehen Gebot anfehet [...], damit sie es jnen einen ernst sein lassen, auff das sie nicht meinen, sie hoͤreten etwan ein Fabel.
Perez, Dietzin
1, 405, 30
(
Frankf.
1626
):
[die boͤse Aufferziehung] zu allem boͤsen [...] mehr als je etwas anders anreitzen vnd verleyten kan / biß der Mensch etwan gar zu einem Todtschlaͤger / Verraͤhter oder sonst zu einem verruchten buben wird.
Sachs
7, 67, 21
(
Nürnb.
1531
):
Wie, wenn ir het nit recht gehört? | Das er euch etwan het gelehrt, | Das ewer son solt gelt gewinnen.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew.
34, 1
(
Straßb.
1650
):
Jch aber [...] gienge fort, damit nicht etwan, wo ich antwort gäbe, von jemand möchte erkannt werden.
Chron. Augsb.
5, 66, 18
(
schwäb.
,
1523
/
7
):
Es ward grosse hoffart getriben, daß man maint, es mecht ettwan bös alter nemen.
Luther, WA
17, 2, 252, 7
.
5.
›ziemlich, einigermaßen‹; ›sehr‹; teils auch: ›ein bisschen, ein wenig‹; modales Adverb, in der Regel zur Modifikation von Ausdrücken (z. B. von Adjektiven, Indefinitpronomen), die eine Relation bzw. Quantität ausdrücken; selten auch: ›ungefähr‹.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
etwie
 1.

Belegblock:

Lexer, Tucher. Baumeisterb.
223, 29
(
nürnb.
,
1464
/
75
):
Zu dem undern Galgenhoff sein ettwen vill prücklein über den Vischpach.
Bachmann, Morgant
181, 30
(
halem.
,
1530
):
Der ryß [...] wott inn inn daz hol tragen; aber do er etwann wyt kam, kam Ruolland wyder zuo im selbs und zog sin schwert uß.
Maaler
121v
(
Zürich
1561
):
Thuͦ dich von jnen Etwan lang / oder ein kleine zeyt.
Chron. Augsb.
3, 477, 16
(
schwäb.
,
1490
/
1500
):
man [...] begruͦb in und besang in, und lag also etwen lang in dem kirchhoff.
Ebd.
4, 352, 28
(
1533
):
daß wir bisher alles, das uns miglich wiewol etwan beschwerlich gewessen, von bessers frids wegen gedult und gelidten haben.
Ebd.
9, 163,
Anm. 2 (
1544
/
5
):
Es hat sich [...] erfunden, als daß ain e. rat etwan
[›ungefähr‹]
bei 2000 guldin den juden schuldig gewesen.
Baumann, Bauernkr. Oberschw.
34, 39
(
schwäb.
,
1533
/
6
):
da funden sy [feind] in
[
kaufman
, den sie einen Felsen hinabgestürzt hatten]
lebendug on alle verserung, ausgenomen am hals under dem kun hett er sich etwan
[hier wohl: ›ein wenig‹]
angestossen, sust prach im an seinem gantzen leib nichts.
Ebd.
159, 17
(
v. 1542
):
eß starben am ersten etwan ful
[Erkrankte]
ön beicht und sacrament.
Meisen u. a., J. Eck
17, 33
.
6.
›beispielsweise‹; Kommentaradverb.

Belegblock:

Luther, WA
8, 329, 15
(
1521
):
Wan nw ein mensch etwan ein leben, ein werck, ein geloͤbde in solcher meinung anhebt, das er [...] durch dasselb [...] gerecht und selig werden moͤge, so irret er.
7.
in Verbindung mit unbestimmten adverbialen und pronominalen Ausdrücken mit Tendenz zur Partikel bzw. zum Wortbildungselement: ›irgend-‹.

Belegblock:

Luther, WA
16, 515, 30
(
1524
/
7
):
bringt eyner faule stinckende Eyer [...] zu marcke, der macht sich stoͤltzer damit denn etwan eyner mit eynem kram, der etlich hundert guͤlden werd ist.
Kehrein, Kath. Gesangb.
3, 194, 6
(
Köln
1582
):
Es sehen mich mein bruͤder all, | Als etwan einen fremden mann, | Achten mich gleich eim vnbekanten.
Bachmann u. a., Volksb.
341, 5
(
alem.
,
15. Jh.
):
Gehilfest du mir nit etwan hin, daz ich mich der willen tiere erweren mög, töden sy mich.
Maaler
121v
(
Zürich
1561
):
Etwan eine. Aliqua. [...]. Etwan hin / oder an ein ort gon. Concedere aliquo.