erzälen,
V.,
rückuml.; generell dichte Vernetzung der einzelnen Bedeutungsansätze.1.
›Personen (vereinzelt) / Sachen (dies in der Regel) reihend aufzählen, auflisten, sie damit identifizieren, benennen und in eine Argumentationslinie einbringen‹; vgl. am ehesten
er-
8.Phraseme
(hierher?): nicht ganz drei erzälen können
.Bedeutungsverwandte:
auszälen
benamen
ernarrieren
sagen
Syntagmen:
jn
. (z. B. die ämptler
) e., etw
. (z. B. blutrünste / flecken / königreiche / kräfte / namen / register / stätte / tugende / werke / worte, stücke einer lere, unterschiede der gesetze
) e., etw. eigenlich e
., mit Objektsatz: etw. von punkt zu punkt, von stük zu stük e., so was [...]
; dorfschaften, hiernach erzält
.Belegblock:
Wyss, Limb. Chron.
69, 6
(mfrk.
, zu 1374
): daz si irzelten unde sageden von punten zu punten unde von stucken zu stucken, so waz der herren herlicheit, herschaft, friheit unde recht were.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
311
(pfälz.
, 1436
): in allen gliedern des menschen sint [...] jngepflantzet creffte zu manigerley wercken, die alle ertzelen gehört nicht zu diesem büchlin.
Küther, UB Frauensee
392, 5
(thür.
, 1530
): so haben sich [...] etzliche dorfschafft hiernach ertzelt zum ampt Cregenbergk gehorigk.
Fischer, Folz. Reimp.
25, 118
(Nürnb.
um 1479
): Die [sund] ich hernach erzel und verkund, | Als rumen, geuden und eitel eer.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
123
(Nürnb.
1517
): so wir erzelen die unterschied des gesetz, der natur, Moyses und Christi, befinden wir: [...].
Franck, Klagbr.
222, 2
(˹wohl Nürnb.
˺ 1529
): Diser anzal namen vnnd register woͤllen wir auch erzelen. Es sind Bischoff / Abt / Prior / Dechant.
Kurz, Murner. Luth. Narr
2529
(Straßb.
1522
): Du bist als schlechter dumer sit, | Das dich der einfaltig ritten schit, | Als kündstu nit gantz drü erzelen.
Thiele, Minner. II,
12, 72
(Hs. ˹nalem.
/sfrk.
, 1470
/90
˺): Des czymeramptes lere | will ich dry stuck erczelen.
Rot
308
(Augsb.
1571
): Ernarrirn, Erzelen / fein nach der leng hersagen.
Turmair
4, 40, 27
(moobd.
, 1522
/33
): Die stet am Lechrain hab ich schon erzelt. An der Amper ligt Weilhaim.
zu Dohna u. a., a. a. O.
107
; Vetter, Pred. Taulers
358,
Anm. 25; v. Birken. Erzh. Österreich
77b, 26
; Cirurgia H. Brunschwig
17vb, 39
; Goldammer, Paracelsus
4, 243, 10
; Edlib. Chron.
17, 24
; Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
234, 24
; Turmair
4, 7, 21
; Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 145
.‒
Vgl. ferner s. v. abmessen
4, ämptler
3, atmetzen
, austeilung
5.2.
›etw. in einer textlich vorausgesetzten oder genannten Zeitlinie Liegendes erzählen, dem Zeitverlauf entsprechend nacherzählen‹; die Faktizität des Erzählten wird dabei vorausgesetzt.Phraseme:
es braucht nicht viel erzälens
.Bedeutungsverwandte:
erkunden
referieren
verkünden
Syntagmen:
j. etw
. (z. B. den / einen handel / krieg / traum, ein übel, eine mishandlung
) e., die sünden in der beichte e., etw. in der länge e., j. jm. eine historie e
.; j. e., das [...] / wie [...], welcher massen [...]
; zu erzälen vil zeit haben
.Belegblock:
Luther. Hl. Schrifft.
Lk. 9, 10
(Wittenb.
1545
): die Apostel [...] erzeleten
[
derkuntenMentel
1466: ; Var. 1475
verkunten2
–1518: ]
im / wie gros ding sie gethan hatten. Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
69
(rib.
, 1444
): Dat mich dat dar zo hait gebracht | Den droem zo droemen in der nacht | Den ich her na sal ertzellen.
Anderson u. a., Flugschrr.
15, 2, 33
([Worms
1521
]): das dañ võ ainem zuͦm andern in der leng zuͦ erzele͂ vil zeit haben woit.
Franck, Decl.
346, 19
(Nürnb.
1531
): Hie erzele vnd ermiß / wie vil schlacht / auffruͦr / vnd niderlag hab gefüdert gemeyne trunckenheyt.
v. Birken. Erzh. Österreich
69b, 43
(Nürnb.
1668
): Es brauchte nicht viel erzehlens.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew.
23, 21
(Straßb.
1650
): vnd wann du Pater die Histori nicht weissest, will ich sie dir erzehlen.
Chron. Augsb.
8, 210,
Anm. 1 (schwäb.
, zu 1563
): Eodem die ist durch herrn Cristoff Peutinger, statpfleger, ertzelt und referirt, welchermassen herr Huldrich Fugger [...] mit seinen bruͤdern verglichen und vertragen worden.
Winter, Nöst. Weist.
3, 579, 8
(moobd.
, 1375
/1406
, Hs. 16. Jh.
): die soll der richter fur sich und der radtgeschwornen foderen und solich ier unzimlichen handl offenwaren und erzellen.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
119, 11
(tir.
, 1464
): vnd [si] hueb an zue erzëlen das v̈bel, das si tan het.
Peil, Rollenhagen. Froschm.
523, 528
; Chron. Nürnb.
1, 161, 15
; Goldammer, Paracelsus
6, 191, 5
; Haas u. a., Erasmus/Jud. Klag
14r, 17
; Jörg, Salat. Reformationschr.
380, 2
; 383, 15
; Moscouia
D 3v, 16
.‒
Vgl. ferner s. v. beichte
1.3.
›etw. (im Vergleich zu 2 eher Zustandsartiges) darstellen, darlegen, schildern‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. beschreiben
dargeben
Syntagmen:
etw
. (z. B. eine beschwerde / klage, ursachen, seine bewust / not, js. anliegen / ampt / gewalt / unflat
) e., j. e., was [...] / wie [...], jm. sein obliegen e
.; von einer hinterlassenschaft, einem testament e
.Belegblock:
Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
2479
(rib.
, 1444
): id is wale waere | Dat aen loegen gantz ind claere | Penitentie uch hait ertzalt | Yre grois ampt ind yre gewalt.
Stoltzius, Chym. Lustg., Vorr. (
Frankf./M.
1624
): so wil ich dir inn beyden die Gedancken lindern / vnnd die Vrsach dieses meines Wercks gutwillig erzehlen.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
315, 40
(thür.
, 1474
): eyn iglich geczug muß auch syne sunderliche bewust in den dingen der gelobeniß unde zcusage selbist in eygener personen unde nicht durch eyn andern ußsagen unde dy ursachen [...] in syner ußsagen erzcelin.
Franck, Decl.
334, 6
(Nürnb.
1531
): das so ich des einen vnflat erzelt hab / das auch ich deß andern straͤfflichen leben [...] ruͤge.
Wickram
4, 12, 22
(Straßb.
1556
): erzalt ir yeder was in seiner haimat landtleuffig unnd breuchig wer.
Köbler, Stattr. Fryburg
34, 12
(Basel
1520
): Weñ einer schwerer kranckheit halb nit mag wandlen / deß sol geschonet werden [...] so moͤgen die schultherren vor vns / oder dem Stattgericht ir anligen erzelen.
Klein, Oswald
18, 65
(oobd.
, 1416
): Es wër zu lang, solt ich erzellen all mein not.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
156, 16
(oobd.
, 3. Dr. 15. Jh.
): Die statt ruefft den kayser an umb hylff und erzelten im ir obliegen und mangel.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew.
48, 1
; Jörg, Salat. Reformationschr.
581, 20
.‒
Vgl. ferner s. v. afterstellig
.4.
von Personen oder Sachen (darunter Kollektiva) gesagt, die aufgrund ihrer Anzahl, ihres Ausmaßes, ihrer Würde als jede Zählbarkeit bzw. jede Charakterisierbarkeit übersteigend charakterisiert werden; oft formelhaft in Fragesätzen oder in Verbindung mit Negationen begegnend; Nähe zu Unsagbarkeitstopoi.Bedeutungsverwandte:
aussprechen
sagen
aussagen
ausstreichen
Belegblock:
Luther, WA
30, 2, 176, 6
(1529
): Wer kan allerley fahr des todes erzelen, darynn wir teglich schweben.
Ders. Hl. Schrifft.
Hiob 38, 37
(Wittenb.
1545
): Wer ist so waise, der die Wolcken erzelen könde
[
zeltFroschauer
1530: ;
würdt außspraͤchenEck
1537: ]
? Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 357, 3
(Mainz
1605
): Du hast [...] | [...] viel Wunder groß gethan, | Die niemand all erzehlen kan.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
197, 17
(Nürnb.
1548
): Wer wil aber / vnnd kan erzelen / was der Teuffel an den Juͦden im land Canaan versuchet [...] hat.
Franck, Klagbr.
222, 7
(˹wohl Nürnb.
˺ 1529
): wer kan disse freissige thier (die allein die frucht zuuerzern [...] geporen sind) all erzelen.
Ebd.
228, 38
: wer kan diß tieff meer vnnd bodenlose pfuͤtz alles vnflats der verboßten leut alles erzelen.
Kurz, Murner. Luth. Narr
2344
(Straßb.
1522
): So vil tusent cristen man, | Die nie kein mensch erzelen kan.
Wickram
4, 21, 34
(Straßb.
1556
): O freundt / den grossen kummer [...] so ich trag / nit müglich ist zuͦ erzalen.
Maaler
120v
(Zürich
1561
): Schwaͤr ze Erzellen / das kaum zesagen ist. Enarratu difficile.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
103, 15
(moobd.
, 1478
/81
): das er ewr haubtleut der pesten zwelf hat erslagen an ander, die ich nicht erzelen mocht.
Luther, WA
30, 3, 228, 14
; 30, 3, 307, 6
; 41, 308, 14
; Meijboom, Pilgerf. träum. Mönch
1725
; M. Cunitia. Ur. Prop.
181, 25
; Lemmer, Brant. Narrensch.
110a, 171
; Schorer, Sprach-Verd.
3, 21
; Goldammer, Paracelsus
2, 425, 13
; Chron. Augsb.
7, 428, 39
; Bauer, Geiler. Pred.
466, 6
; Turmair
4, 1101, 2
.5.
›(jm.) etw. als Gott oder in höherem (religiösem) Auftrag verkünden, eröffnen, vortragen, erklären‹.Bedeutungsverwandte:
offenbaren
sprechen
Belegblock:
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
70, 20
(omd.
, 1487
): sein eldern [...] darzcu vorbu̇nden sÿe ÿre kinder vnderweißen [...]. Auch dÿ gebott gottes ÿn offt irzcelen.
Gille u. a., M. Beheim
53b, 2
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): Dises peispell | ich euch erczell | und offenbare: | [...].
Mayer, Folz. Meisterl.
5, 128
(nobd.
, v. 1496
): was Cristus wirt erzellen, | Werden all engel zcewgen sein.
Gille u. a., a. a. O.
80, 28
.‒
Vgl. ferner s. v. ausfüren
12.6.
›(einen Text, Worte o. Ä.) vortragen‹.Bedeutungsverwandte:
öfnen
sprechen
teilen
weisen
Syntagmen:
das / ein lied / weistum / urteil, die bibel / fabel / gewonheit / märe / rede, rechte / worte / sprüche e
.Belegblock:
Loersch, Weist. Boppard
27, 35
(mosfrk.
, 1415
): ind na dem sal he de rechte erzellen.
Ebd.
148, 15
(1611
): Ihr höber wollet den newen höbern dieses hofs weißtumb erzelen und weisen.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
82, 12
(nobd.
, 1372
): die recht und gwonheit, dy in uff den tag an offem gerihte von den schopphen gesprochen und erzeilt und geteilet worden.
Gille u. a., M. Beheim
69, 206
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): heilger geist, dis lied han ich | in deinem lob erczalte.
Reichmann, Dietrich. Schrr.
86, 18
(Nürnb.
1548
): betten heist nit allein die wort nach einander sagen / vn̄ erzelē / Sonder ein solchs hertz mit sich bringen / dz [...].
Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 247, 6
(Nürnb.
1631
): Petro vnd andern Juͤngern, | Erzehlten sie die Maͤhr.
Lemmer, Brant. Narrensch.
14, 12
(Basel
1494
): Die Bybel er
[ein Narr]
erzelen kan | Vnd ander sunst hystorien vil. Maaler
120v
(Zürich
1561
): Ein fabel oder ein maͤrle Erzellen.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
1319
(schwäb.
, 1455
): Die mörin sprach: ,nain, Eckhart, bitt, | Bis ich min red erzele bas! | [...]‘.
Klein, Oswald
81, 16
(oobd.
, 1428
?): An hass hab ich die wort erzalt, – | nu fing wir von den freulin rain.
Opitz. Poeterey
8, 24
; Schlosser, a. a. O.
5218
; Andreae. Ber. Nachtmal
24r, 18
.7.
›jn. zu einer besonderen Person (z. B. zur mutter
) bestimmen‹.Belegblock:
Spechtler, Mönch v. Salzb.
14, 11
(oobd.
, 3. Dr. 14. Jh.
): Wann got hat dich auserwelt, | zu ainer mueter dich erzelt.
8.
jeweils im Part. Perf.: ›im Vorangehenden, im Laufe eines Rede- oder Schreibtextes bereits, soeben, gerade, schon erwähnt, behandelt, beschrieben, genannt, aufgezählt‹; vgl.
erzälen
1; 2; 3.Bedeutungsverwandte:
ob angezeigt
ob berürt
ob gemelt(et)
Syntagmen:
die erzälte orthographie / unerbarkeit / unzucht, das erzälte erbieten, oberzälte laster / possen / ursachen
.Belegblock:
Schöpper
103b
(Dortm.
1550
): Præmissum. Ob gemelt Ob erzalt Ob berurt Ob angezeigt.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
20, 5
(omd.
, 1487
): ßo du au̇ß itzt irzcallten vrsachen [geld, schöne, lüstlich werck] ein weÿpp adder man nÿmpst, hatt dein ehe kein gu̇tten gru̇ndt.
Kohler, Ickelsamer. Gram.
38, 7
(wohl ˹Augsb.
1. Dr. 16. Jh.
˺): Ich tring nit also auff erzelte Orthographia vnd Etymologia das man dardurch [...].
Mell u. a., Steir. Taid.
12, 29
(m/soobd.
, 1568
): damit solche erzelte laster, unzucht und unerberkait [...] vermiten bleibe.
Chron. Augsb.
8, 335, 28
; 366, 12
.