erweichen,
V.
1.
›etw. (Hartes, Festes bzw. Verhärtetes) weich machen, aufweichen; vorhandene Härte, Verhärtung reduzieren, beseitigen‹ (oft von körperlicher Lähmung, Steifheit von Gliedmaßen, auch Geschwüren u. dgl. gesagt); vereinzelt intrans.: ›weich, schwach werden‹; bildlich (z. B. in Bezug auf die
hertigkeit des herzens
) im Übergang zu 2;
zu
er-
 2.
Teils Fachtexte.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
aufweichen
,
lindern
 1,
malaxieren
,
mollifizieren
.

Belegblock:

Perez, Dietzin
1, 323, 23
(
Frankf.
1626
):
[die Erden] wenn sie von dem vberfluͤssigen vnd langwehrenden Regen allzu sehr erweycht wirdt / nicht leichtlich [...] erbawet werden kan.
Strauch, Par. anime int.
21, 18
(
thür.
,
14. Jh.
):
wan diz fuir irwêchit daz harte alse golt und andir metal, also irwechit dit fuir di harten herzin.
Strauss, A. v. Villanova dt.
161v, 18
(
obd.
, Hs.
1421
):
[Kolekrut] machent tzu stule gen vnd erweychen dye kele vnd dye bruste.
Keil, Peter v. Ulm
14
(
nobd.
,
1453
/
4
):
salb [...] das geeder mit altee, [...], piß das geeder erweichet.
Ebd.
182
:
laß im [der erlampt sey] die glider wol erschwitzen – vnd daz sol er oft thun, piß im die glider sind wol erwaicht.
Gille u. a., M. Beheim
69, 81
(
nobd.
,
2. H. 15. Jh.
):
Die hertichait meins herczn erweich, | du wasser meiner augen reich, | das ich mein sund peweine.
Maaler
119v
(
Zürich
1561
):
Erweichen / Lind vnd weich mache͂. [...]. Den bauch Erweichen vnd flüssig mache͂. [...]. Den stuͦlgang Erweichen.
Rohland, Schäden
399
(
nalem.
/
schwäb.
,
1400
/
33
):
es [vngentum] er weichet auch herte apostemata.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
392, 19
(
oobd.
,
1349
/
50
):
daz
[Mischung aus
saffrân
und
vaiztem wazzer
]
entsleuzt und erwaicht den leip.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
125, 12
;
Gleinser, Anna v. Diesb. Arzneib.
1989, 96
;
Schweiz. Id.
15, 210
.
2.
›einen Zustand seelisch-geistiger bzw. moralischer Verhärtung (z. B.
bosheit
) abmildern, beseitigen‹; ›jn. (der streng, unnachgiebig, rücksichtslos handelt) milde, sanft stimmen, jn. (auch: Tiere) besänftigen‹; dies vereinzelt mit Tendenz zu: ›jn. wohlwollend, bereitwillig (zu etw.) stimmen‹; teils auch: ›js. (moralische) Festigkeit, Überzeugung (auch: js. Glauben) schwinden lassen‹; vereinzelt intrans.: ›weich werden, seine seelisch-geistige Verhärtung aufgeben‹; Ütr. zu 1;
zu
er-
 2.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
begütigen
,
bereden
 4,
bewegen
 7,
ermiltern
,
sänftigen
 1,
stillen
 9; vgl.
guten
 4.
Syntagmen:
ein hirsch, js. herz e
. (absolut);
jn
. (z. B.
got, einen menschen, die braut
)
e., etw
. (z. B.
js. bosheit, js. gemüt / herz / sele
)
e., etw
. (Subj., z. B.
das sacrament, die worte, x kronen
[eine Geldsumme])
jn. e., schenkung
(Subj.)
die götter / menschen e., der glaube jm. das herz e., j. jn. durch den gesang, durch geschenke zu sünden e., tiere mit sanften worten, got mit messen e., die herzen wieder bosheit e
.

Belegblock:

Luther, WA
10, 1, 2, 407, 12
(
1526
):
Pfaffen und Münche maynen nicht anders, denn got lasse sich mit Messen und andern yren eygnenn menschensündlein erweychenn, Aber er hat ein grewel darvor.
Ebd.
10, 3, 186, 15
(
1522
):
Sihe, das ist eyn rechter lebendiger glawbe, der yhm durch erkentnis gotlicher guͤtte seyn hertz erweycht hatt.
Ebd.
19, 370, 12
(
1526
):
dem [groben, harten poͤfel] mus man es fur malen, blawen [...] und alle weyse versuchen, ob man sie konne erweichen.
Froning, Alsf. Passionssp.
5374
(
ohess.
,
1501ff.
):
were nach ßo groiß dyn klage, | ßo enmagestu
[Maria]
uns nyt erweichen!
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
37, 10
(
omd.
,
1487
):
Weiber zcur zceitt durch solche gaben [geschencke] zcu súnden irweicht werdenn.
v. Tscharner, Md. Marco Polo
13, 9
(
osächs.
,
2. H. 14. Jh.
):
sy [cristin] mochtin dy bosheit der sarracen nicht irweychin.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
149
(
Nürnb.
1517
):
so die seel erweichet ist
[durch
das feur der lieb Christi
]
, erseufzt sie manigfaltig, weinet [...] und redet frölich mit Christo.
Kehrein, Kath. Gesangb. 1, S. 
88, 13
(
Nürnb.
1631
):
da sihet man, daß [...] kein Mensch so schlecht, der nit durch ein anmuhtiges gesang koͤnte bewegt vnnd erweicht werden.
Bihlmeyer, Seuse
137, 32
(
alem.
,
14. Jh.
):
Disú fúrinú wort schussen ir glich dur ir herze und erweichten si
[eine sündige
jungfrow
]
also gar, daz si geswind irú ogen uf huͦb.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
131, 22
(
els.
,
1362
):
Von disen worten
[Klagen ihrer Eltern und Ehefrauen]
begundent der heiligen
[
marteler
, die man enthaupten wollte]
herze erweichen
(d. h., sie waren kurz davor, den christl. Glauben aufzugeben).
Maaler
119v
(
Zürich
1561
):
Ein menschen Erweichen: Bereden zethuͦn was wir woͤllend. [...]. Gott mit bitt Erweichen vnnd bewegen oder erbitten.
Anderson u. a., Flugschrr.
28, 6, 29
([
Augsb.
]
1524
):
Schenckung / miet / vñ gab erwaichen die goͤtter vñ menschen.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
36, 22
(
mslow. inseldt.
,
1606
):
in anśehung śo großer fürbitt hat śich ein Erwürdiger Rath dahin erweichen laßen, dz śie [...] dz Recht mit barmherzigkheit vermiścht.
Luther, WA
15, 501, 13
;
32, 25, 21
;
47, 165, 6
;
ders., WA Tr.
3, 569, 33
;
Neumann, Rothe. Keuschh.
4279
;
Bihlmeyer, a. a. O.
435, 11
;
Martin, H. v. Sachsenh. Tempel
1005
;
Dreckmann, H. Mair. Troja
43, 7
;
Schöpper
12a
;
Schweiz. Id.
15, 210
.
Vgl. ferner s. v.
abwaschen
 2,
art
(
die
) 14.