erbrechen,
V., unr. abl.
1.
›(zer)brechen‹; ›verderben‹; dazu speziell: ›abstehen, schal werden‹ (von Bier, Wein); häufig trans: ›etw. (konkrete Gegenstände, darunter Gefäße, auch Abstraktgrößen, z. B. macht
) zerbrechen, zerschlagen, zerstören, vernichten‹; zu
er-
4, vgl. 4
brechen
1; 7; 12; 13; 19.Gehäuft obd.
Phraseme:
jm. das herz
(Subj.) erbrechen
; sich die köpfe erbrechen
.Bedeutungsverwandte:
erschiessen
erstören
gebresten
letzen
Syntagmen:
etw
. (Subj., z. B. der faule baum, das bier, die bachen
) e
. (absolut); etw
. (z. B. [Name einer Stadt], die glocke, die ungarische macht, das haus / schlos, manig sper
) e., etw
. [wo] (z. B. im land
), [wie] (z. B. mit hilfe götlicher gnaden
) e., die stösse
(Subj.) jn. inwendiglich e
.; j. / etw
. (Subj., z. B. eine streithacke
) erbrochen sein
.Wortbildungen
erbrechenlich
erstörlich
erbrochen
Belegblock:
Ermisch u. a., Haush. Vorw.
32, 7
(osächs.
, 1570
/7
): in der geer soll man es [bier] nicht lassen erbrechen.
Mayer, Folz. Meisterl.
100, 80
(nobd.
, um 1480
): So Got weint, so ist er hartzselig oder dürftig. Mag er sich erweichen in die czere
[›Träne‹]
, so ist er zu erbrechenlich oder zu erstörlich, wan ein ytlich verwandelich dingk ist zu erstörlich. Jellinek, Friedr. v. Schwaben
8000
(schwäb.
, Hs. 1478
): Es ward geturniert und gestochen, | Manig sper erbrochen.
Chron. Augsb.
5, 105, 23
(schwäb.
, 1523
/7
): Es was ain genädiger krieg; man erbrach nichtz im land, dan was erschossen ward.
Ebd.
9, 48, 2
(1544
/5
): satzt er [kaiser] im für, mit hilf göttlicher gnaden die hungerische macht zu erbrechen und irem argen fürnemen ain widerstand zu beweisen.
Pfaff, Tristrant
68, 1
(Augsb.
1498
): Als er gedacht das land zuͦraumen, vor nit urlaub zenemen von seiner allerliebsten, [...], wolt ym sein hertz erprechen.
Stopp, Kochbuch S. Welserin
180, 23
(Augsb.
1553
): so múß mans
[das Backwerk]
fein gemechlich herabnemen / das sý nit erprechen. Zingerle, Inventare
112b, 18
(tir.
, 1489
): zwo streithacken, dy dritt ist erprochen.
Chron. Augsb.
1, 327, 11
; Klein, Oswald
114, 28
; Rwb
3, 119
; Schweiz. Id.
5, 331
; Schwäb. Wb.
2, 763
; Öst. Wb.
3, 811
; Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 174
.‒
Vgl. ferner s. v. 1
amen
1.2.
›etw. (räumlich gedachtes Verschlossenes oder Verschließendes) gewaltsam aufbrechen, öffnen‹; vgl.
er-
5, 4
brechen
2; 21.Bedeutungsverwandte:
vgl. 1
aufbrechen
aufmachen
Belegblock:
Skála, Egerer Urgichtenb.
29, 10
(nwböhm.
, 1562
): Die kirch Zu Trebendorff hetten Er vnd Schneider allein Erbrochen.
Ebd.
202, 1
(1577
): In ein bauern hoff do ein hochZeit geWesen bej der nacht, ein thruen erbrochen.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 42, 20
(nobd.
, 1464
): Wer eynen ymen
[›Bienenstock‹]
erbricht, dem geschehe als eynem, der kirchen bricht. Rwb
3, 119
.‒
Vgl. ferner s. v. bank
11.3.
›hervorbrechen, ausbrechen‹ (z. B. von einer mishellung
gesagt); meist verallgemeinernd: ›sich (aus Sicht des Sprechers: auf eine bestimmte Weise) zeigen, präsentieren‹ (z. B. von Personen, von Tieren, von zeichenhaftem Handeln); speziell: ›sich (gegen jn.) äußern, (mit jm.) überwerfen‹; vgl.
er-
3; 6, 4
brechen
4; 29.Bedeutungsverwandte:
vgl. herfürtun
merken
präsentieren
Belegblock:
Schade, Sat. u. Pasqu.
1, 167, 476
(o. O. 1587
): der bauer sich erbrochen hat. | Wenn sie komen in die stat, | Fragen sie nach dem besten wein, | Saufen sich vol wie die schwein.
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron.
1144
(preuß.
, um 1330
/40
): Bî sînen zîten ouch geschach, | daz sich ein misshellunge irbrach | zwischin dem pâbste Honôriô, | [...] | und zwischin keisere Friderîche.
Mayer, Folz. Meisterl.
69, 33
(nobd.
, um 1480
): Zart lip, nun sich | Wie ineclich | Ich mich erprich | Und dir verjich | Mein gunst deglich.
Kottinger, Ruffs Adam
2244
(Zürich
1550
): gnuog hab ich mich mit im erbrochen, | ouch inen g’seit all mengel, prästen.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
7
(schwäb.
, 1453
): In einer liechten summerzytt, | Als sich die vogel widerstrit | Erbrechen naͮch gesanges wiß.
Chron. Augsb.
7, 65, 1
(schwäb.
, zu 1548
): hat er [ain rat] sich nach seinem pracht erbrechen wöllen.
Niewöhner, Teichner
426, 138
(Hs. ˹moobd.
, 1360
/70
˺): wann er rekcht dw hant dar | [...] | da erpricht sein trewe an.
Schweiz. Id.
5, 331
; Schwäb. Wb.
2, 764
.4.
›(an jm.) ein Verbrechen, ein Unrecht begehen‹; zu
er-
4, 4
brechen
8.Bedeutungsverwandte:
vgl. beschulden
beschuldigen
Belegblock:
Jellinek, Friedr. v. Schwaben
7642
(schwäb.
, Hs. 1478
): Ich stan an meins vaters statt: | Was der an úch erprochen hat, | Die búrdin wil ich fúr in tragen.
5.
›(überschüssige Triebe an einem Weinstock) entfernen‹; vgl.
er-
6, 4
brechen
15.Wobd.; Weinbauterminologie.
Bedeutungsverwandte:
1
lauben
schneiden
Wortbildungen
erbrecher
rebman
erbrechet
erbrechen
‹ (a. 1621), erbrechig
erbrechen
‹ (a. 1621), erbrechung
Belegblock:
Argovia
4, 234, 34
(halem.
, 1457
): vnd ouch den reben andere nützliche buwe dazwüschen getan haben mit erbrechen, rennen vnd anderem buwe.
Schib, H. Stockar
147, 21
(halem.
, 1520
/9
): ist grossy nott gesin und mangel ain wyber in die reben zu werkan, erbrechen und hiefftan, wan es was unstett wetter.
Maaler
108v
(Zürich
1561
): Das Erbraͤchen der raͤben. [...]. Erbraͤcher der raͤben / Raͤbman̄.
Löffler, Columella/Österreicher
1, 237, 8
(schwäb.
, 1491
): Das die erbrechung den schoͤsslingen zuͦ tuͦnd sy.
Müller, Stadtr. Ravensb.
116, 6
(oschwäb.
, 1356
): sol man ze lon geben taglich [...] ainem leger zehen den., von erbrechend von ufbindende VII ₰.
Kocher, Rechn. Schönenwerd
163, 59
; 281, 67
; Welti, Urk. Rheinfelden
142, 9
; Dasypodius
367v
; Maaler
108v
; Schweiz. Id.
5, 330
; Schwäb. Wb.
2, 763
f.6.
›sich von jm. / etw. losmachen, freimachen‹; hier auch anschließbar: ›etw. unterbrechen‹; vgl.
er-
6, 4
brechen
25; 33.Bedeutungsverwandte:
entladen
abfallen
herausbringen
Belegblock:
Sachs
16, 27, 19
(Nürnb.
1561
): [Ich hab] Zu dir gerayst [...] | [...] dir zu eim beystand, | Dein langweyl allhie zu erbrechen | Mit jagen, rennen und mit stechen.
Bihlmeyer, Seuse
9, 26
(alem.
, 14. Jh.
): Sin [dez dieners] wilder muͦt nam des ersten menges sterben von dem erbrechene, daz er tet von úpiger geselschaft.
Ebd.
77, 1
: do er sich mit lidene und mit schaden von den gwaltigen hat erbrochen, do ward es im erst gende an sin leben.
Rwb
3, 119
.7.
›unverdauten Mageninhalt von sich geben; sich übergeben‹; häufig subst.: ›Übelkeit, Erbrechen‹; vgl.
er-
6, zu 4
brechen
31.Phraseme:
erbrechende arznei
›Brechmittel‹.Bedeutungsverwandte:
kotzen
undauen
1
abladen
ausspeien
2
grauen
kluksen
durchbruch
durchflus
unlust
unwille
Gegensätze:
behalten
Belegblock:
Österley, Kirchhof. Wendunmuth
3, 123, 23
(Frankf.
1602
): klagen ihrer etliche, wie ihnen plötzlich seye wehe worden im magen, der selbig unwille und sich zu erbrechen oder undawen bewege.
Schorer, Sprach-Verd.
35, 3
(1643
): Vomitiv, erbrechende Artzney.
Menge, Laufenb. Reg.
3434
(Hs. ˹nalem.
, um 1470
˺): Ouch so höre ich sprechen | Das vnwille vnd erbrechen | Sye ouch ein purgacion.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst
1, 171, 29
(Straßb.
1522
): ich mag mein Speiß nit me behalten, ich erbrich mich stetz.
Sudhoff, Paracelsus
1, 63, 16
(um 1520
): so es [treiben des bauchs] wil nachlassen, so werden durchbruch doraus oder vil erbrechens.
Ebd.
4, 499, 6
(1527
): Also wil Hippocrates, das alle durchflüß und erbrechen oben aus, die von in selbs unprovocirt komen, bedacht sollen werden.
Maaler
108v
(Zürich
1561
): Der magen Erbricht sich mit gwalt / Thuͦt nichts dan̄ kotzen. [...]. Sich Erbraͤchen / Kotzen / die speyß widergaͤben. [...]. Das Erbraͤchen gstellen
[›zum Aufhören bringen‹]
/ Denn vnwillen weeren. Schweiz. Id.
5, 331
.