erbrechen,
V., unr. abl.
1.
›(zer)brechen‹; ›verderben‹; dazu speziell: ›abstehen, schal werden‹ (von Bier, Wein); häufig trans: ›etw. (konkrete Gegenstände, darunter Gefäße, auch Abstraktgrößen, z. B.
macht
) zerbrechen, zerschlagen, zerstören, vernichten‹;
zu
er-
 4, vgl.
4
brechen
 1; 7; 12; 13; 19.
Gehäuft obd.
Phraseme:
jm. das herz
(Subj.)
erbrechen
;
sich die köpfe erbrechen
.
Bedeutungsverwandte:
erschiessen
 2,
erstören
 1; vgl.
gebresten
(V.) 1,
letzen
 2.
Syntagmen:
etw
. (Subj., z. B.
der faule baum, das bier, die bachen
)
e
. (absolut);
etw
. (z. B. [Name einer Stadt],
die glocke, die ungarische macht, das haus / schlos, manig sper
)
e., etw
. [wo] (z. B.
im land
), [wie] (z. B.
mit hilfe götlicher gnaden
)
e., die stösse
(Subj.)
jn. inwendiglich e
.;
j. / etw
. (Subj., z. B.
eine streithacke
)
erbrochen sein
.
Wortbildungen
erbrechenlich
›empfindlich, zerbrechlich‹ (dazu bdv.:
erstörlich
),
erbrochen
›körperlich gebrochen, überanstrengt‹ (a. 1596).

Belegblock:

Ermisch u. a., Haush. Vorw.
32, 7
(
osächs.
,
1570
/
7
):
in der geer soll man es [bier] nicht lassen erbrechen.
Mayer, Folz. Meisterl.
100, 80
(
nobd.
,
um 1480
):
So Got weint, so ist er hartzselig oder dürftig. Mag er sich erweichen in die czere
[›Träne‹]
, so ist er zu erbrechenlich oder zu erstörlich, wan ein ytlich verwandelich dingk ist zu erstörlich.
Jellinek, Friedr. v. Schwaben
8000
(
schwäb.
, Hs.
1478
):
Es ward geturniert und gestochen, | Manig sper erbrochen.
Chron. Augsb.
5, 105, 23
(
schwäb.
,
1523
/
7
):
Es was ain genädiger krieg; man erbrach nichtz im land, dan was erschossen ward.
Ebd.
9, 48, 2
(
1544
/
5
):
satzt er [kaiser] im für, mit hilf göttlicher gnaden die hungerische macht zu erbrechen und irem argen fürnemen ain widerstand zu beweisen.
Pfaff, Tristrant
68, 1
(
Augsb.
1498
):
Als er gedacht das land zuͦraumen, vor nit urlaub zenemen von seiner allerliebsten, [...], wolt ym sein hertz erprechen.
Stopp, Kochbuch S. Welserin
180, 23
(
Augsb.
1553
):
so múß mans
[das Backwerk]
fein gemechlich herabnemen / das sý nit erprechen.
Zingerle, Inventare
112b, 18
(
tir.
,
1489
):
zwo streithacken, dy dritt ist erprochen.
Chron. Augsb.
1, 327, 11
;
Klein, Oswald
114, 28
;
Rwb
3, 119
;
Schweiz. Id.
5, 331
;
Schwäb. Wb.
2, 763
;
Öst. Wb.
3, 811
;
Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 174
.
Vgl. ferner s. v.
1
amen
 1.
2.
›etw. (räumlich gedachtes Verschlossenes oder Verschließendes) gewaltsam aufbrechen, öffnen‹;
vgl.
er-
 5,
4
brechen
 2; 21.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
1
aufbrechen
 1,
aufmachen
 1.

Belegblock:

Skála, Egerer Urgichtenb.
29, 10
(
nwböhm.
,
1562
):
Die kirch Zu Trebendorff hetten Er vnd Schneider allein Erbrochen.
Ebd.
202, 1
(
1577
):
In ein bauern hoff do ein hochZeit geWesen bej der nacht, ein thruen erbrochen.
Mon. Boica, NF.
2, 1, 42, 20
(
nobd.
,
1464
):
Wer eynen ymen
[›Bienenstock‹]
erbricht, dem geschehe als eynem, der kirchen bricht.
Rwb
3, 119
.
Vgl. ferner s. v.
bank
 11.
3.
›hervorbrechen, ausbrechen‹ (z. B. von einer
mishellung
gesagt); meist verallgemeinernd: ›sich (aus Sicht des Sprechers: auf eine bestimmte Weise) zeigen, präsentieren‹ (z. B. von Personen, von Tieren, von zeichenhaftem Handeln); speziell: ›sich (gegen jn.) äußern, (mit jm.) überwerfen‹;
vgl.
er-
 3; 6,
4
brechen
 4; 29.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
herfürtun
 2,
merken
I, 2,
präsentieren
 1.

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu.
1, 167, 476
(o. O.
1587
):
der bauer sich erbrochen hat. | Wenn sie komen in die stat, | Fragen sie nach dem besten wein, | Saufen sich vol wie die schwein.
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron.
1144
(
preuß.
,
um 1330
/
40
):
Bî sînen zîten ouch geschach, | daz sich ein misshellunge irbrach | zwischin dem pâbste Honôriô, | [...] | und zwischin keisere Friderîche.
Mayer, Folz. Meisterl.
69, 33
(
nobd.
,
um 1480
):
Zart lip, nun sich | Wie ineclich | Ich mich erprich | Und dir verjich | Mein gunst deglich.
Kottinger, Ruffs Adam
2244
(
Zürich
1550
):
gnuog hab ich mich mit im erbrochen, | ouch inen g’seit all mengel, prästen.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
7
(
schwäb.
,
1453
):
In einer liechten summerzytt, | Als sich die vogel widerstrit | Erbrechen naͮch gesanges wiß.
Chron. Augsb.
7, 65, 1
(
schwäb.
, zu
1548
):
hat er [ain rat] sich nach seinem pracht erbrechen wöllen.
Niewöhner, Teichner
426, 138
(Hs. ˹
moobd.
,
1360
/
70
˺):
wann er rekcht dw hant dar | [...] | da erpricht sein trewe an.
Schweiz. Id.
5, 331
;
Schwäb. Wb.
2, 764
.
4.
›(an jm.) ein Verbrechen, ein Unrecht begehen‹;
zu
er-
 4,
4
brechen
 8.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
beschulden
 2,
beschuldigen
 3.

Belegblock:

Jellinek, Friedr. v. Schwaben
7642
(
schwäb.
, Hs.
1478
):
Ich stan an meins vaters statt: | Was der an úch erprochen hat, | Die búrdin wil ich fúr in tragen.
5.
›(überschüssige Triebe an einem Weinstock) entfernen‹;
vgl.
er-
 6,
4
brechen
 15.
Wobd.; Weinbauterminologie.
Bedeutungsverwandte:
1
lauben
 2,
schneiden
.
Wortbildungen
erbrecher
(dazu bdv.:
rebman
),
erbrechet
›Zeit zum
erbrechen
‹ (a. 1621),
erbrechig
›treibend, reif zum
erbrechen
‹ (a. 1621),
erbrechung
.

Belegblock:

Argovia
4, 234, 34
(
halem.
,
1457
):
vnd ouch den reben andere nützliche buwe dazwüschen getan haben mit erbrechen, rennen vnd anderem buwe.
Schib, H. Stockar
147, 21
(
halem.
,
1520
/
9
):
ist grossy nott gesin und mangel ain wyber in die reben zu werkan, erbrechen und hiefftan, wan es was unstett wetter.
Maaler
108v
(
Zürich
1561
):
Das Erbraͤchen der raͤben. [...]. Erbraͤcher der raͤben / Raͤbman̄.
Löffler, Columella/Österreicher
1, 237, 8
(
schwäb.
,
1491
):
Das die erbrechung den schoͤsslingen zuͦ tuͦnd sy.
Müller, Stadtr. Ravensb.
116, 6
(
oschwäb.
,
1356
):
sol man ze lon geben taglich [...] ainem leger zehen den., von erbrechend von ufbindende VII ₰.
Kocher, Rechn. Schönenwerd
163, 59
;
281, 67
;
Welti, Urk. Rheinfelden
142, 9
;
Dasypodius
367v
;
Maaler
108v
;
Schweiz. Id.
5, 330
;
Schwäb. Wb.
2, 763
 f.
6.
›sich von jm. / etw. losmachen, freimachen‹; hier auch anschließbar: ›etw. unterbrechen‹;
vgl.
er-
 6,
4
brechen
 25; 33.
Bedeutungsverwandte:
entladen
 2; vgl.
abfallen
 6,
herausbringen
 1.

Belegblock:

Sachs
16, 27, 19
(
Nürnb.
1561
):
[Ich hab] Zu dir gerayst [...] | [...] dir zu eim beystand, | Dein langweyl allhie zu erbrechen | Mit jagen, rennen und mit stechen.
Bihlmeyer, Seuse
9, 26
(
alem.
,
14. Jh.
):
Sin [dez dieners] wilder muͦt nam des ersten menges sterben von dem erbrechene, daz er tet von úpiger geselschaft.
Ebd.
77, 1
:
do er sich mit lidene und mit schaden von den gwaltigen hat erbrochen, do ward es im erst gende an sin leben.
Rwb
3, 119
.
7.
›unverdauten Mageninhalt von sich geben; sich übergeben‹; häufig subst.: ›Übelkeit, Erbrechen‹;
vgl.
er-
 6, zu
4
brechen
 31.
Phraseme:
erbrechende arznei
›Brechmittel‹.
Bedeutungsverwandte:
kotzen
,
undauen
; vgl.
1
abladen
 2,
ausspeien
,
2
grauen
 2,
kluksen
 2; zur Subst.:
durchbruch
 1,
durchflus
 1,
unlust
,
unwille
.
Gegensätze:
behalten
(V.) 19.

Belegblock:

Österley, Kirchhof. Wendunmuth
3, 123, 23
(
Frankf.
1602
):
klagen ihrer etliche, wie ihnen plötzlich seye wehe worden im magen, der selbig unwille und sich zu erbrechen oder undawen bewege.
Schorer, Sprach-Verd.
35, 3
(
1643
):
Vomitiv, erbrechende Artzney.
Menge, Laufenb. Reg.
3434
(Hs. ˹
nalem.
,
um 1470
˺):
Ouch so höre ich sprechen | Das vnwille vnd erbrechen | Sye ouch ein purgacion.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst
1, 171, 29
(
Straßb.
1522
):
ich mag mein Speiß nit me behalten, ich erbrich mich stetz.
Sudhoff, Paracelsus
1, 63, 16
(
um 1520
):
so es [treiben des bauchs] wil nachlassen, so werden durchbruch doraus oder vil erbrechens.
Ebd.
4, 499, 6
(
1527
):
Also wil Hippocrates, das alle durchflüß und erbrechen oben aus, die von in selbs unprovocirt komen, bedacht sollen werden.
Maaler
108v
(
Zürich
1561
):
Der magen Erbricht sich mit gwalt / Thuͦt nichts dan̄ kotzen. [...]. Sich Erbraͤchen / Kotzen / die speyß widergaͤben. [...]. Das Erbraͤchen gstellen
[›zum Aufhören bringen‹]
/ Denn vnwillen weeren.
Schweiz. Id.
5, 331
.