entgiessen,
V., unr. abl.;
2 und 3 unter Einfluss von
lat.
ēmanāre
›herausfließen‹
(Georges, Neub.
).1, 1849
– Älteres Frnhd.; Texte der Sinnwelt ,Religion‘, insbesondere der Mystik.
1.
›sich ergießen‹; zu
ent-
6, vgl. giessen
(V.) 1.Belegblock:
Stamm, Schwarzw. Pred.
1, 86
(wobd.
, 14. Jh.
): vnd diu wolchen diu enguzzen sich. vnd wart dc wazzer als grôz.
2.
›etw. hervorbringen‹; speziell: ›etw. aus vollkommener göttlicher Substanz hervorbringen, durch die als entgiessen
metaphorisierte Handlung schöpferisch tätig werden‹; mit Gott oder Christus als Handlungsträger; bezeichnet eine im Anschluss an die antike Emanationslehre (vgl. dazu Hist. Wb. d. Phil.
ff.; 2, 445
LThK
f.) im Bild des ,Ausfließens‘ o. Ä. gefasste Vorstellung der Schöpfung konkreter und abstrakter Entitäten, die der dogmatisch-kirchlichen ,creatio ex nihilo‘ zur Seite gestellt wird; vereinzelt refl.; 3, 841
zu
ent-
6, vgl. giessen
(V.) 10.Im 15. Jh. auslaufend; Texte der Mystik.
Bedeutungsverwandte:
ausgiessen
bilden
Syntagmen:
die creaturen e., der vater / son iren geist e., der vater die creaturen an / in dem son e., der vater sich an die creaturen e., der son sich in die ewigkeit e., got sich minniglich e., die schöne der engel mit rede e
.Belegblock:
Quint, Eckharts Pred.
2, 537, 1
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): Dar umbe sprichet der vater den sun alle zît in der einicheit und entgiuzzet in im alle crêatûren.
Strauch, Par. anime int.
41, 34
(thür.
, 14. Jh.
): mit sich hâit he [Got] brâcht di zît in di êwikeit, daz ist, du sich der son intgôiz in die êwikeit, du wordin alle creature an ume intgozzin.
Ebd.
81, 35
: der vader suchit ruwe an sime sone, daz he alle creature an ume intgozzin und gebildit hait.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
1959
(nobd.
, Hs. A. 15. Jh.
): Wer mag der engel schone, | ordenung und suß gedone / | mit kainer red engießen.
Bihlmeyer, Seuse
185, 20
(alem.
, 14. Jh.
): Der vater und der sun entgiessent iren geist.
Ebd.
233, 6
: Ich
[Gott]
bin daz ewig guͦt [...] dar umb, so ich mich [...] als minneklich entgússe, [...] da bi man min gegenwúrtikeit mag erkennen. Vetter, Pred. Taulers
8, 24
(els.
, E. 14. Jh.
): alsus hat der vatter sich uzgegossen an dem usgange der goͤtlichen personen, und vor hat er sich entgossen an die creaturen.
Asmussen, a. a. O.
763
.‒
Vgl. ferner s. v. ausdrucken
3.3.
›aus der göttlichen Substanz hervorgehen‹; meist refl.; konvers zu 2; zu
ent-
6, vgl. giessen
(V.) 10.Bedeutungsverwandte:
entspringen
fliessen
Wortbildungen:
entgiessung
entgossenheit
entgiessung
).Belegblock:
Quint, Eckharts Pred.
2, 394, 4
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): alle crêatûren tragent an in ein urkünde götlîcher natûre, von der sie sich entgiezent.
Ebd. 5:
Zweierleie wîs entgiezent sich die crêatûren. Diu êrste wîse der entgiezunge ist an ir wurzel, als die wurzeln den boum entgiezent
(dies zu 2).
Strauch, Par. anime int.
128, 32
(thür.
, 14. Jh.
): zu dem anderin male machit der vride di creature sich intgizinde und flizinde in der minne.
Bihlmeyer, Seuse
179, 29
(alem.
, 14. Jh.
): und sihst och, daz in dem obresten guͦt und in der hoͤhsten entgossenheit von not entspringet dú goͤtlich drivaltekeit.
Quint, a. a. O.
397, 7
; Bihlmeyer, a. a. O.
179, 2
.‒
Vgl. ferner s. v. ausgrunen
.