entfüren,
V.
1.
›jm. etw. (weg)nehmen, stehlen, rauben; etw. unterschlagen, veruntreuen; jm. etw. (z. B. eine fällige Zahlung) verweigern, entziehen, streitig machen‹; in 1 Beleg: ›etw. Unangenehmes abstellen, unterbinden, beseitigen‹; in religiösen Kontexten ütr.; zu ent-
2a.Verstärkt rechtsbezügliche und narrative Texte.
Phraseme:
jm. etw. mit einem eid entfüren
›jm. etw. durch einen Eid abgewinnen‹.Bedeutungsverwandte:
abziehen
aufreden
berauben
einnemen
entfremden
enttragen
entzucken
nemen
stelen
abfreien
aufheben
Syntagmen:
jm. etw
. (z. B. den zol, die ere / kraft / sele, js. minne, das erbe / geld / gut / land / silber, hunde, x mark
) e., die gebrechen zwischen jm. e., der dieb jm. etw., got jm. die gabe e., jm
. (z. B. dem herren / keiser / zölner
) etw. e., jm. etw. durch dieberei, mit einer ansprache
›rechtlichem Anspruch‹ e., etw. dieblich / heimlich / raublich e
.Wortbildungen
entfürer
entzucker
entfürung
deube
dieberei
Belegblock:
Luther, WA
17, 2, 400, 20
(1522
/7
): Darumb keret der Teuffel allen fleyß an [...], auff das er dem menschen das wort entfuͤre, und der mensch anfahe zuͦ zappeln.
Opel, Spittendorf
408, 28
(osächs.
, um 1480
): das die gebrechen zwischen meinem gnedigen herrn und euch allen uff guttliche mittel [...] gantz entfurt möchten werden.
Kisch, Leipz. Schöffenspr.
813, 23
(osächs.
, 1523
/4
): so ist er [man] ir neher zu behalden mit merem rechten, dan sie [tor und gang] jemand entfuren moge mit seiner ansprache.
Mönch v. Heilsbronn. Fronl.
9a, 28
(nobd.
, E. 14. Jh.
): swenn in got di gab vnd di guttet enphuͤrt so fallen si von der minne in di vorht.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
1382
(nobd.
, Hs. A. 15. Jh.
): Uf disem grad Paulus stund, | do er sich selichen rumt, | daz im moht kain creatur | unsers herren minne enpfurn.
Unger, Richtes Stig
73, 3
(o. O. 1474
): er [diep] empfurt mir [Heintz] mein gut dieplich ader rauplich ader heimlich.
Chron. Strassb.
999, 37
(els.
, 1393
): daz das silber dem stocke zuͦ Stroßburg empfuͤrt werde.
Jörg, Salat. Reformationschr.
31, 5
(halem.
, 1534
/5
): der schiffman [...] so die arch Noe gsund und ganntz / entfuͤrt dem sündfluß.
Barack, Zim. Chron.
4, 119, 13
(schwäb.
, M. 16. Jh.
): Adam von Rosenstain [...] hab [...] das gelt seinem herren also entpfüert.
Henisch
1281
(Augsb.
1616
): Entfǔren / wegk fuͤren / abziehen [...]. Einem andern sein Erb einnemmen vnd entfuͤren [...]. Entfuͤrer (der) entzucker.
Weber, Füetrer. Poyt.
263, 1
(moobd.
, 1478
/84
): SEin [Poytisliers] krafft im was entpfüeret | von streit vnnd starcken schlegen.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
122, 26
(m/soobd.
, n. 1618
, Hs. 1681
): Entfüerung deß holz.
Piirainen, Stadtr. Sillein
113b, 18
(sslow. inseldt.
, 1378
): DEr pruke zol [...] entfuͤrt der sol vir valt yn gelden.
Ebd.
130a, 30
: WEr icht gelobet [...] der sol iz gelten [...] wil er iz versagan do noch er enphuͤret iz ym mit eynem eyd.
Franck, Klagbr.
227, 31
; Chron. Strassb.
388, 8
; Merk, Stadtr. Neuenb.
41, 7
; Niewöhner, Teichner
564, 491
; Schöpper
112a
; Rwb
2, 1554
f.; Schwäb. Wb.
2, 729
.‒
Vgl. ferner s. v. entschöpfen
, jäger
1.2.
›jn. gewaltsam von einem Ort wegbringen, entführen‹; speziell: ›jm. jn. (z. B. die Ehefrau, das Gesinde) abspenstig machen; mit einer verheirateten Frau Ehebruch begehen‹; ›jn. / sich dem Zugriff einer höheren Instanz (z. B. eines Gerichts, eines Gotteshauses) entziehen‹; auch ütr.; zu ent-
2a.Gehäuft Rechtstexte, teils narrativer Form.
Bedeutungsverwandte:
berauben
entspenen
entwenden
wegnemen
wegtreiben
entfremden
Syntagmen:
j. jn
. (z. B. den beklagten / man, js. eheweib / tochter, eine jungfrau / magd, die kinder, Helena
) (jm.) e., j
. (z. B. ein knecht, die verbrecher
) jn. e., jm
. (z. B. dem richter, den eltern
) jn. e., j. sich dem gotteshaus e., jn. mit gewalt, wieder seinen willen e
.Wortbildungen:
entfürung
Belegblock:
Toeppen, Ständetage Preußen
1, 351, 6
(preuß.
, 1420
): Wir wellen, das keyn man ymandes kynt adir frundynne entfuren sal wedir yren willen.
Luther. Hl. Schrifft.
1. Mose 31, 26
(Wittenb.
1545
): Was hastu [Jacob] gethan / das du mein [Labans] hertz gestolen hast / vnd hast meine Tochter entfüret
[
hintribst [...] als gefangenMentel
1466: , Var. 1475
fuͤrest [...] als gefangen2
-1518: ; nd. Bibel 1478:
en wech hest genomen, 1494:
wechghedreven;
haimlich hinweg treibestEck
1537: ].
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
180, 26
(thür.
, 1474
): daz er [Hanß Smed] in vorgeczyte eynem manne sin eewip entphurt hatte.
Franck, Klagbr.
229, 21
(˹wohl Nürnb.
˺ 1529
): Das sy [verbrecher] vns / vnser weib vnd kind haben entfiert vnd beraubt?
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu.
2, 125, 5
(schwäb.
, 1354
): Wenne och aim probst ain gotzhusman geruͤget wirt, daz er sich dem gotzhus enphuͤren welle.
Henisch
1281
(Augsb.
1616
): Den Eltern jhre Kind entfuͤren / oder jhrer Kinden berauben [...]. Entfuͤrung mit gewalt.
Bastian u. a., Regensb. UB
51, 2
(oobd.
, 1355
): swelich unser purgaͤr [...] einem [...] purger oder purgerinne irew chint, chnaben oder junchfrawen, enpfuͤrent oder entspenent, da si verheyrat werdent.
Luther, WA
30, 2, 555, 10
; Ermisch, Freib. Stadtr.
58, 23
; Roth, E. v. Wildenberg
10, 30
; Piirainen, Stadtr. Sillein
137a, 10
; Dasypodius
179v
; Maaler
103v
; Rwb
2, 1554
f.; Schweiz. Id.
1, 980
;‒
Vgl. ferner s. v. aufreden
3.3.
wohl: ›etw. veräußern, verkaufen, um einen Schaden zu ersetzen‹; zu ent-
2a.Bedeutungsverwandte:
abtragen
entfremden
Belegblock:
UB Zug
1236, 52
(halem.
, 1479
): Were ouch, das er [...] das obgenant huß [...] verwarlosete [...], das sol er [...] úns abtragen und entpfuͤrren.