enterben,
V.
1.
›jn. aus der ihm in Aussicht gestellten oder ihm rechtmäßig zustehenden Erbschaft ausschließen, jn. enterben‹; auch: ›einen nicht Erbberechtigten (z. B. uneheliche Kinder) den Erbberechtigten vorziehen‹; vom Erblasser als Handlungsträger gesagt; im Bergbaurecht speziell: ›jm. die Rechte an einem Erbstollen entziehen‹;
zu
ent-
 1b,
erben
 1.
Gehäuft Rechts- und Wirtschaftstexte.
Bedeutungsverwandte:
abdizieren
,
abschneiden
 12,
ausstossen
 9,
entguten
,
entsetzen
 2; 3,
verwerfen
; vgl.
abschichten
,
ausschliessen
 4.
Gegensätze:
einsetzen
 2.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
den son, den rechten erben, den ehelich geborenen, das weib, die kinder
)
e
.;
j
. (Subj., z. B.
der vater, die eltern
)
jn. e
.;
jn. e. S
. (z. B.
des gutes
)
e
.;
jn. ane ursache, um geschäfte / ungehorsam e., jn. von den erben / gütern e
.
Wortbildungen
enterbt
(part. Adj.; dazu bdv.:
erblos
 1),
enterbung
(dazu bdv.:
abdikation
 1,
verstossung
).

Belegblock:

Luther, WA
47, 265, 22
(
1537
):
Meine Eldtern wollen mich enterben, wen ich das abendmal in bejder gestalt gebrauche.
Köbler, Ref. Wormbs
195, 4
(
Worms
1499
):
EJn testament darin der kinder eins [...] on vrsach enterbt ist.
Ebd.
196, 6
:
JN disen [...] fellen [...] moͤgen die eliche͂ vnd lyplichen kinde irer vatterlichen vñ müterlichen erbfelle entsetzt oder enterbt werden durch testament vñ geschefft. Allso das soͤlich enterbung vnd ursachen in dem testament [...] bestimpt.
Ders., Ref. Franckenfort
38, 15
(
Mainz
1509
):
das sie die selben kindere [...] nach vermoͤge der recht zu erben machen / oder vß redlichen vrsachen [...] enterben sollen.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
122, 21
(
omd.
,
1548
):
sol er [stolner] seine gerinne und wasserseige also vorwaret halten, das alles wasser [...] zum mundloch herausgehe, auch an denen orten, da er enterbet ist.
Mayer, Folz. Meisterl.
25, 85
(
nobd.
,
v. 1496
):
Wie dut ein vater seinem sun, | Den er um ungehorsam hy | Enterbt.
Franck, Klagbr.
227, 6
(˹wohl
Nürnb.
˺
1529
):
Das die huͦrenkinder vnnd banckart die rechten erben / vnd eelich geborn enterben.
Ders., Decl.
333, 5
(
Nürnb.
1531
):
Der ergest vnter mein suͤnen sol enterbt sein / vnd aller meyner guͤter gentzlich entsetzt.
Welti, Stadtr. Bern
112, 11
(
halem.
,
1344
):
wa dehein froͮwe ist in vͥnser stat, das die enkeinen erben machen suͥlle noch ir guͦt niemanne geben, da mit ir rechten erben enterbet ir guͦtes moͤchten werden.
Köbler, Stattr. Fryburg
137, 30
(
Basel
1520
):
Ob sich aber die kind [...] gegen vatter vnd muͦtter vntrüwlich vnd verachtlich [...] hielten / vnd doch nit gnuͦgsam vrsachen vorhanden wern / ze enterben.
Maaler
103v
(
Zürich
1561
):
Enterben vmb etwas mißthat / seinen sun zum huß auß stossen verschicken / seines guͦts beraube͂ [...]. Enterbt.
Buch Weinsb.
1, 357, 22
;
Köbler, Ref. Wormbs
197, 4
;
Müller, Stadtr. Ravensb.
158, 17
;
Voc. inc. teut.
e vijv
;
Dasypodius
51r
;
313v
;
Rot
310
;
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
138
;
Rwb
2, 1546
 f.;
Veith, Bwb.
148
.
Vgl. ferner s. v.
abdikation
 1,
abdizieren
.
2.
›jm. eine ihm erbrechtlich zustehende Sache entziehen; jn. eines ererbten Landes, eines Amtes, der Herrschaft berauben‹; im Unterschied zu 1 mit Betonung der Widerrechtlichkeit;
zu
ent-
 1b,
erben
 1.
Bedeutungsverwandte:
nemen
 3; vgl.
abbrechen
 10,
aufheben
 18,
benemen
 1,
berauben
 1,
bringen
 8.
Syntagmen:
jn
. (z. B.
die heidenschaft
)
/ etw
. (z. B.
das gotteshaus
)
e
.;
jn. e. S
. (z. B.
des seinen, der grafschaft, eines landes
)
e
.;
jn. an land und leuten e., jn. von e. S. e
.
Wortbildungen:
enterbnis
›Amtsenthebung‹.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron.
4764
(
preuß.
,
um 1330
/
40
):
Dirre edle hêrre gût | wante darûf sînen mût | [...] | wî er dî arge heidinschaft | mochte gar vorterbin | vortilgin und interbin.
Luther, WA Br.
10, 28, 17
(
1542
):
so yhm allein die nutzung [...] verschrieben, wil ers [graff Albrecht] alles nemen [...] vnd yhn der graueschafft enterben.
Meisen, Wierstr. Hist. Nuys
1348
(
Köln
1476
):
Dat groysse mechtige belech | Hayt dye burger van Nuyssz verderfft | Jnd vyll van in des yrs enterfft.
Bachmann, Morgant
139, 7
(
halem.
,
1530
):
Ich [Karly] mag wol sagen, daz ich der aller unglŭckhaftigest kŭnig bin [...] syt daz die, dennen ich am meysten vertruwt [...], nŭt begerend dann min entterpnuß.
Guth, Gr. Alex.
6020
;
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu.
2, 125, 20
;
Rwb
2, 1546
f.
Vgl. ferner s. v.
ent|1leiben
.
3.
›(zu js. Gunsten) freiwillig auf ein Erbe verzichten‹; refl.;
zu
ent-
 1b,
erben
 1.

Belegblock:

Buch Weinsb.
1, 196, 8
(
rib.
,
um 1560
):
dar hat sei [Agneis Kort] [...] den uisgank der vurs. fetterlicher erbgutter [...] mit hant, halm und monde getain [...], sich unterbet und die gelder geerbet.
Maaler
103v
(
Zürich
1561
):
Sich seines guͦts Enterben / vnd einem an deren das selbig zuͦ eim erb vermachen.
4.
›durch eigene Verfehlungen die ewige Seligkeit, die göttliche Gnade verlieren; jn. mit Verlust der Gnade strafen‹ (mit Gott als Handelndem); vereinzelt auf weltliche Gegebenheiten bezogen, dann z. B.:
jn. der freiheit enterben
(
Rwb
2, 1547
); zum Teil refl. gebraucht; Ütr. zu 1;
zu
ent-
 1b,
erben
 1.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion‘.
Bedeutungsverwandte:
verderben
.

Belegblock:

Kehrein, Kath. Gesangb.
3, 169, 2
(
Köln
1582
):
Du
[Gott]
hast der voͤlcker viel enterbet, | Vnd gar verderbet.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
13, 20
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
domit er sich einen veint gots gemacht hat und sich des erbs des himlischen vaterlands enterbt hat.
Wiessner, Wittenw. Ring
4165
(
ohalem.
,
1400
/
08
):
Dar umb so scholt nicht gar umb sust | Dein schönen sel mit bosem lust | Ewencleichen gar verderben | Und sei ıͤrs schepfers reichs enterben.
Reithmeier, B. v. Chiemsee
32, 31
(
München
1528
):
Deszhalb wir [...] als poszhaftig pankharten des himlischen vaeterlichen erbs vnd ewiger freyden auch aller andern gotlichen gnaden billich enterbt [...] werden.
Chron. Köln
1, 396
;
Karsten, Md. Paraphr. Hiob
3789
;
Rwb
2, 1547
.