ent|1brechen,
V., unr. abl.;
zu
4
brechen
.
1.
›sich e. S. entledigen‹ (allgemein); im Einzelnen: ›sich jm. entziehen, sich von etw. lose, frei machen‹; ›jm. absagen‹; ›aus einer unangenehmen, gefährlichen Situation entkommen‹; auch: ›jn. verlassen‹; meist refl. verwendet;
in einigen Belegen offen zu 2; zu
ent-
 6, vgl.
4
brechen
 3; 33.
Bedeutungsverwandte:
entblössen
 3; vgl.
abgehen
 23,
trennen
 3.
Syntagmen:
sich e. S
. (z. B.
der ansprache / botschaft
)
e
.;
e. S
. (
der oberkeit
) /
jm
. (z. B.
dem teufel
)
entbrochen sein
;
sich von jm
. (z. B.
von einem räuber
)
e., sich von e. S
. (z. B.
von dem gefängnis / gerichte / kummer
)
e
.

Belegblock:

Strehlke, Nic. Jerosch. Chron.
13559
(
preuß.
,
um 1330
/
40
):
seldin [...] ein her | mochte sîn sô starkir wer, | daz ôt vor dî Balge quam, | etslîchin schadin iz dô nam, | ê iz sich von dan intprach.
Niewöhner, Teichner
545, 28
(Hs. ˹
nobd.
,
E. 14. Jh.
˺):
so mag sich der gast enprechen | von dem rauber und kumt hin.
Chron. Nürnb.
5, 570, 18
(
nobd.
,
E. 15.
/
A. 16. Jh.
):
da tauft er
[Bruder Peter]
in und gab im das heilig sacrament auf mainunge, das er [...] wer getauft und wolt damit dem teufel entprechen.
Dietrich. Summaria
29r, 45
(
Nürnb.
1578
):
Den̄ die Phariseer dencken / weyl sie Gottes volck sind / sollen sie derhalben aller andern oberkeit entbrochen sein.
Strehlke, a. a. O.
24221
;
Toeppen, Ständetage Preußen
3, 447, 21
;
Luther, WA
9, 219, 2
;
Niewöhner, a. a. O.
169, 31
;
Rwb
2, 1543
.
Vgl. ferner s. v.
entblössen
 3.
2.
›sich einer (rechtsverbindlichen) Verpflichtung, Verantwortung entziehen; einem Vorwurf widersprechen, sich entlasten‹; ›von einer Anklage freigesprochen werden‹; vereinzelt: ›jm. etw. (z. B. eine Verpflichtung) erlassen‹;
Spezialisierung zu 1; zu
ent-
 1a, vgl.
4
brechen
 8.
Verstärkt Rechtstexte.
Bedeutungsverwandte:
entbinden
 3,
entbresten
 1; vgl.
aufhalten
 25,
1
ausfliehen
 1,
lassen
 16,
ledigen
 3.
Syntagmen:
j
. (z. B.
der antworter
)
e
. (absolut);
jn. e. S
. (Gen.obj., z. B.
der bezalung / schuld, des rechts
)
e
.;
jm
. (z. B.
dem kläger
)
e
.;
jm. mit dem eid e., jn. / sich von jm
. (z. B.
vom kläger
)
e., jn. / sich von etw
. (z. B.
von blutrunst, vom gericht
)
e
.
Wortbildungen:
entbrechung
›Freispruch‹ (a. 1622),
entbrechungsabschied
nach Angabe des Hrsg.: ›Urkunde der gerichtlichen Entscheidung, welche auf Lossprechung von der Anklage lautet‹.

Belegblock:

Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
8, 20
(
Frankf./M.
1626
):
Doch zogen sie
[Kreuzfahrer]
nicht alle auß andaͤchtigem eyffer mit [...] theils den Glaͤubigern [...] auß den Augen zu kommen / vnnd sich also deß verdrießlichen Nahmens / vnnd der bezahlung zu entbrechen.
Behrend, Magd. Fragen
179, 13
(
omd.
,
um 1400
):
ich [cleger] gere antwort [...] ab her uff myne clage icht yo adir neyn sprechen sulle unde sich mit syme eyde von mir entbrechen sulle.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
317, 38
:
Alsodanne bliebet sy [frouwe] sollicher schulde [...] billichin enprochin unde gantcz clageloß.
Ermisch, Freib. Stadtr.
236, 29
(
osächs.
, Hs. 
v. 1325
):
Ist aber, daz der zolner deme gaste unrecht tut oder daz sich der gast von im inprichet mit rechte, so hat der lantrichter keine buze dran.
Kisch, Leipz. Schöffenspr.
413, 38
(
osächs.
,
1523
/
4
):
Wo [...] ir ime auch ein solchs [...] noch mit eurem eide entprechen woldet.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil.
21, 30, 30
(
schles.
,
1533
):
soll ein ieder, der das neunte zu geben entprochen zu sein vermeint, sein gruben drei wochen zuvor dem einspannen belegen.
Winter, Nöst. Weist.
3, 560, 10
(
moobd.
,
1539
):
welcher leütgeb [...] ainem [...] uber ain pfunt pfening zu verliehren spillen lesst, soll er spiller [...] dem leütgeben der zech zu bezallen entbrochen [...] sein.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
199, 13
(
m/soobd.
,
17. Jh.
):
Von ainen weißung- oder entbröchungabschidt.
Rössler, Stadtr. Brünn
358, 18
(
mähr. inseldt.
,
1. H. 14. Jh.
):
Wer sich um einvoltigeu wunden unschuldigen will, der schol selb dritter enprechen auf dem chreucz.
Dinklage, Frk. Bauernweist.
94, 26
;
Müller, Nördl. Stadtr.
355, 26
;
Rintelen, B. Walther
138, 34
;
Bischoff, Steir. Landr. Anh.
2, 6
;
Siegel u. a., Salzb. Taid.
66, 36
;
83, 43
;
Piirainen, Stadtr. Sillein
140a, 2
;
Rwb
2, 1543
;
Schwäb. Wb.
2, 725
;
Öst. Wb.
3, 812
.
Vgl. ferner s. v.
antworter
 2.
3.
›jm. etw. mangeln, nicht zur Verfügung stehen‹; auch: ›einen Schaden erleiden‹;
zu
ent-
 6,
4
brechen
 10.

Belegblock:

Frantzen u. a., Kölner Schwankb.
3, 597
(
Köln
,
um 1490
):
Here, ic wuste wol, dat di nenes brodes enbrac
[›dass es dir niemals an Brot mangelte‹]
, unde ic hatte groten hunger
(Marcolphus begründet, warum er dem König kein Essen bringt).
Winter, Nöst. Weist.
2, 622, 13
(
moobd.
,
15. Jh.
):
es ist auch das recht das herren ritter [...] kain unzucht [...] in dem aigen nicht treiben sollen. enpricht aber iemant, das sol er von erst bringen an di herschaft.
Niewöhner, Teichner
564, 1548
(Hs. ˹
moobd.
,
n. 1400
˺):
dem gerechten ist nie enbrochen | noch seinn kinden irs leibes not.
Rwb
2, 1543
;
Öst. Wb.
3, 907
 f.
4.
›jm. etw. wegnehmen, entziehen‹;
zu
ent-
 6, vgl.
4
brechen
 22.
Bedeutungsverwandte:
enteignen
,
entsetzen
 6.

Belegblock:

Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
208, 18
(
thür.
,
1474
):
Hath der burgermeister [...] bescheyden [...] daz sye yrer sachen
[hier: ›Rechtshandel‹]
entprochen unde entgeeynt unde entsatczt sint.
Unger, Richtes Stig
22, 11
(o. O.
1474
):
Sint den malen er wol eyn diep mag gesein, ab der antwortter leib ader ere damit verwurcken mag, die er ausz gewer weder dieplich nach raüplich enprochen hab?
Rwb
2, 1543
.