eingeben,
V., unr. abl.
1.
›jm. etw. überlassen‹; überwiegend speziell: ›jm. etw. (z. B. Steuern, Abgaben) pflichtschuldig übergeben‹; ›etw. (z. B. eine Stadt, ein Territorium, eine Burg) in js. Besitz, Herrschaftsbereich übergeben, ausliefern‹; auch: ›jm. etw. (z. B. Wohnrecht, geerbtes oder mit einem Amt verbundenes Gut) rechtmäßig einräumen, anweisen‹;
vgl.
ein-
 1,
geben
 1; 4.
Gewisse Beleghäufung im Obd.; berichtende Texte (nur für das Obd.).
Bedeutungsverwandte:
zuordnen
; vgl.
abtreten
 3,
aufgeben
 8,
1
befelen
 6,
belassen
 2,
einantworten
 1,
geantworten
 2,
gelassen
(V.) 2.
Gegensätze:
nemen
 2.
Syntagmen:
jm. etw
. (z. B.
den tron, die behausung / burg / feste / kamer / krone / possession / schatzung / stat / welt, das erbe / gemach / heiligtum / königreich / reich / schlos, hab und gut, die güter
)
e
.;
jm. etw
. [wie] (z. B.
ganz
)
e
.
Wortbildungen:
eingebung
1 ›rechtmäßige Übergabe‹.

Belegblock:

Luther, WA
31, 1, 268, 16
(
1529
/
32
):
Jch hab dir das Reich nu eingeben, wer dirs nemen will, dem nimm du widerumb, was er hat.
Köbler, Ref. Wormbs
109, 14
(
Worms
1499
):
Es soll auch ein yeder [...] dem habe ingeben were vff den nechsten Rats oder gerichts tag nach solicher infürung oder ingebung [...] soͤlichs in vnser Rats oder Gerichts buͦch inschryben lassen.
Kurz, Waldis. Esopus
3, 100, 135
(
Frankf.
1557
):
So hat er [Franciscus] sie [die Franciscanen] zu Herrn erhaben | Vnd jn die gantze Welt eingeben.
Kehrein, Kath. Gesangb.
2, 417, 3
(
Bautzen
1567
):
Vnd seines Vaters Dauids Thron, | Wird jm [Jesus] der HErr eingeben.
Chron. Nürnb.
2, 266, 6
(
nobd.
,
1449
/
50
):
ist man pflichtig den peutmaistern der gewunnen hab desselben zugs ein rechnung [...] und die schatzung in eingeben an ein gleiche peuth.
Ebd.
4, 282, 8
(
15. Jh.
):
in demselben 62 jar da wart Maintz eingegeben und gewunnen von dem burgermaister.
Baumann, Bauernkr. Rotenb.
389, 24
(
nobd.
,
n. 1525
):
ir
[der Schwester]
vergönnen, ain haws zu besteen, auch sunst behawsung einzugeben oder zuzeordnen, damit des jungen herren farnuss undergepracht wurd.
Bachmann u. a., Volksb.
216, 14
(
alem.
,
15. Jh.
):
Do nun Malfer das land und kunigkrich zu Portigalia gancz ingeben was [...].
Bernoulli, Basler Chron.
4, 457, 6
(
alem.
,
um 1454
):
fordert er, das sú im die stat ingebend, so wolte er sú des geltz ledig sagen.
Chron. Augsb.
3, 39, 20
(
schwäb.
,
E. 15. Jh.
):
und zuͦgen für Plawpeuren und gewunnen die stat und vest und gabens den von Ulm ein.
Ebd.
4, 75, 1
(
1500
):
darnach haben die obgemelten fürsten den Langen (in) die Thomprobstei gefiert und im da die possession eingeben.
Ebd.
5, 13, 32
(
1523
/
7
):
so hatt sie (sich) auch in dem iren eingebnen gemach verspert und gessen aus den secken.
Ebd.
7, 193, 1
(zu
1550
):
so wolte ime der kaiser ain königreich in Spania eingeben.
Rauwolf. Raiß
34, 2
([
Lauingen
]
1582
):
Es seind auch disen Consulibus zwo weite behausungen eingeben.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
223, 35
(
moobd.
,
1478
/
81
):
und solt denselben seinen zbayen prüedern eingeben etliche schlos und stett, darin ir wonung und hoffhalten haben.
Roth, E. v. Wildenberg
143, 26
(
moobd.
,
v. 1493
):
dem herren was bevolhen und eingeben die burck und stat Krackawͦ und des reichs kron.
Pfeiffer, Frk.-bay. Landfr.
121, 42
;
Chron. Nürnb.
2, 43, 16
;
Müller, Alte Landsch. St. Gallen
18, 7
;
Chron. Augsb. 4, 36, Var. z. Z.
14
;
5, 14, 2
;
Mollay, H. Kottanerin
11, 30
;
Rintelen, B. Walther
77, 17
;
Leidinger, V. Arnpeck
599, 2
;
Rwb
2, 1389
;
Schweiz. Id.
2, 82
;
Schwäb. Wb.
2, 608
.
Vgl. ferner s. v.
anwünschen
 2,
1
befelen
 6.
2.
›etw. als Pfand einsetzen, jm. etw. als Pfand überlassen‹; auch: ›etw. für eine erwartete Gegenleistung aufwenden‹; ›jm. etw. leihen‹; eng anschließbar an 1;
vgl.
ein-
 1,
geben
 6.
Rechts- und Wirtschaftstexte, gehäuft auch Chroniken (dies nur für das Obd.).
Bedeutungsverwandte:
1
befelen
 3,
leihen
 1,
versetzen
; vgl.
ausleihen
 1,
aussetzen
 16,
bederben
 2,
einsetzen
 3,
lassen
 4.
Wortbildungen:
eingabe
1 ›Zahlung für geleistete Dienste‹,
eingeber
›Pfandgeber‹,
eingebung
2 ›Bestechung‹ (dazu bdv.:
gabe
 2).

Belegblock:

Köbler, Ref. Wormbs
83, 23
(
Worms
1499
):
so einem [...] schultherrn von synem schuldner fur gelt schulden in bezalung der selben habe oder güter ingeben.
Ebd.
329, 1
:
So yemant dem andern Pfande ingebe vnd eygens gewalts wider neme.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
296, 4
(
thür.
,
1474
):
daz der lange Zschaug [...] dyselbte wese uß den guttern deme alden Gelere [...] vor zcwelff Rinsche gulden uff wedderlosunge zcu gebruchen vorsatczt unde ingegebin habe.
Ebd.
319, 36
:
syne frouwe habe yrer tochter eyn paternoster ingegebin unde gelyhen, unde begert sollich paternoster wedder.
Köbler, Ref. Nürnberg
340, 18
(
Nürnb.
1484
):
Wo yemant dem andern [...] gut. ligend oder varend. wie die namen hat. zu getrewer hand beuilhet vnd eingibt.
Ebd.
343, 14
:
Von vberantwurtung eingegebner oder beuolhner habe. wann der eingeber des begert
(Abschnittsüberschrift).
Welti, Stadtr. Bern
108, 14
(
halem.
,
E. 14.
/
A. 15. Jh.
):
haben wir geordnet vnd gesetzt, das von dishin alle vrsetzze [...] vnser gemeinen stat zuͦvallen vnd dem segkelmeister ingeben soͤllen werden.
Chron. Augsb.
6, 62, 17
(
schwäb.
, zu
1535
):
und [der burgermeister] hat protestirt von aufgebung seins ambts hoch und nider, das er lange jar mit gwalt und eingebung getriben.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
257, 30
(
moobd.
,
1478
/
81
):
hertzog Albrecht vermaint, Er hiet sy der vorhin mit der ersten eingab überflüssig gewertt und sy wurden schuldig herauszugeben.
Rwb
2, 1386
.
3.
›etw. wo einreichen, eine Eingabe machen‹; auch: ›an jn. appellieren, gegen jn. Klage führen‹;
vgl.
ein-
 1,
geben
 3.
Bedeutungsverwandte:
versagen
; vgl.
bekronen
,
bestellen
 12,
einlegen
 5,
klagen
 4.

Belegblock:

Baumann, Bauernkr. Rotenb.
380, 35
(
nobd.
,
1525
):
und uns das jene, deßhalb wir vileicht unsernhalb unschuldigklich in ewer erberkait eingeben und versagt, nit entgelten lassen.
Welti, Stadtr. Bern
525, 24
(
halem.
,
15. Jh.
):
Swerent die nachschoͧwer des Bremgarten [...] ouch in ze geben die, so si selber seͣhent, hoͤrent vnd vernement, der wider der statt satzung im Bremgarten geholtzet hatt.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
132
(
Genf
1636
):
Jch hab meine Supplication bey einem Erbahrn rath (eingegeben).
Rwb
2, 1388
.
4.
›jn. / sich e. S. überlassen, jm. unterwerfen‹; dies überwiegend spezialisiert als Äquivalent zu lat.
offerre
in der Bedeutung ›jn. / sich Gott schenken, darbringen‹ (
Georges, Neub.
2, 3390
), dann: ›jn. / sich dem Klosterleben weihen‹;
vgl.
geben
 24.
Bedeutungsverwandte:
einsegnen
; vgl.
bekeren
 7.

Belegblock:

Strauch, Schürebrand
18, 31
(
els.
,
E. 14. Jh.
):
do gent úch verwegenliche in uwerme geminten zuͦ eren.
Turmair
1, 196, 2
(
moobd.
,
1529
):
canonicus ist im latein nichts anders dan ain eingebner man, der geschworen und gelobt hat, sein regel und orden, [...], zu halten.
Ebd.
4, 168, 4
(
1522
/
33
):
Dergleichen schreibt Aristoteles von den haidenischen closterjunkfrauen, wie in pärt gewachsen sein, im land Cacia, alspald mans eingab.
Ebd.
5, 175, 15
:
Die kaiserin ward [...] in sant Radegunden closter in Gasconien verschickt, alda muest si sich eingeben und einsegnen lassen und ain closterfrau sein.
Rwb
2, 1388
.
5.
›jm. etw. einflößen, zu schlucken geben‹; in diesem Sinne bildlich oder ütr. auf die göttliche Potenz, Leben zu spenden: ›jn. beleben, jm. das Leben einhauchen‹;
vgl.
ein-
 1,
geben
 1.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
beibringen
 4,
einflözen
,
einstreichen
 1.

Belegblock:

Scholz, Lanfrank. Chir. Parva
234r, 7
(
md.
/
oobd.
,
1446
/
8
):
vnd salt ein ertztey
[gegen Wundbrand]
in wenig / ein gebinn, das do peßer ist: [...].
Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
120, 7
(
Frankf.
1535
):
so man jn [Cristallus] stoßt vnd mit honig vermischet / vnd das einer frawen inngibt / so füllet es jr die bruͤst voll milch.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
250
(
Nürnb.
1517
):
einem doten wirdet die erznei vergebenlich eingeben.
Rohland, Schäden
444
(
nalem.
/
schwäb.
,
1400
/
33
):
sol die [bocholder wurczlen] im in geben in eim löffel vol wins.
Warnock, Pred. Paulis
21, 136
(
önalem.
,
1490
/
4
):
wenn er [der böse figint] denn am end kundt und sin vergift und falschait dir wil ingeben.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
75, 30
(
tir.
,
1464
):
da gab in der ewig got wider ein den geist des lebens.
Pfälz. Wb.
2, 785
.
6.
›(alkoholische Getränke) ausschenken‹; Spezialisierung zu 5.
Bedeutungsverwandte:
vgl.
ausgeben
 3,
ausschenken
 1,
leitgeben
 1.

Belegblock:

Auer, Stadtr. München
231, 5
(
moobd.
,
1343
):
und sol auch chain schenk über den ostertag niemant eingeben.
Dirr, Münchner Stadtr.
426, 10
;
Rwb
2, 1388
.
7.
›jm. etw. eingeben, ins Herz geben‹; auch: ›jm. etw. raten‹; überwiegend in religiösen, moraldidaktischen Kontexten mit je spezifischer, von der Geltung der Bezugsinstanz (Gott oder Teufel) abhängiger positiver oder negativer Konnotation: ›auf jn. einwirken, jn. beeinflussen‹; ›jm. etw. suggerieren, einreden‹; ›jn. anleiten, jm. etw. vorschreiben‹; als Ütr. zu 5 auffassbar; häufig subst.: ›Inspiration, Eingebung, Einflüsterung‹;
vgl.
ein-
 1,
geben
 8.
Bedeutungsverwandte:
angebären
,
einbilden
 3,
einblasen
 2,
einpflanzen
; vgl.
anlernen
,
bearbeiten
 5,
1
betragen
 12,
einnemen
 7,
geisten
 2,
glosieren
 2,
2
leren
 2.
Wortbildungen:
eingabe
2 ›Einfluss‹,
eingebung
3 ›Einflüsterung, Eingebung, Inspiration‹ (dazu bdv.:
anregung
 2,
getriebe
 1).

Belegblock:

Luther, WA
9, 144, 30
(
1518
):
die heiligen Menschen Gottes haben geredt aus eingebunge des Heiligen Geistes.
Ebd.
10, 1, 1, 590, 14
(
1522
):
das sind die von zukunfftigen dingen sagen, als die sternnkucker und falschen propheten durch eyngeben des teuffels.
Ebd.
17, 2, 163, 21
(
1525
):
wenn yemand die propheten und schrifft durch eyngeben des geysts wol verstehen und auslegen kan, das ist gar eyne feyne gabe.
Ebd.
26, 209, 41
(
1528
):
der son koͤnigs Salomons [...] beschweret sein volck sehre, wie yhm von seinen iungen rethen eingeben ward.
Stambaugh, Friederich. Saufft.
23, 18
(
Frankf./O.
1557
):
das er [der Sauffteuffel] dem armen Menschen eingibt / Volsauffen sey nicht so grosse Suͤnde.
Gropper. Gegenw.
45v, 16
(
Köln
1556
):
sie befleissigen sich hierin durch Teuffelisch eyngeben gantz vergeblich.
Schwartzenbach
F ijr
(
Frankf.
1564
):
Eingeben. Einblasen. [...] Jn die ohren predigen.
Dünnhaupt, Werder. Gottfr. v. Bullj.
7, 19
(
Frankf./M.
1626
):
Auff diese gethane Reden rieffen / ohnzweiffentlich auß sonderlicher Eingebung Gottes / alle Anwesende einhelliglich [...].
Thiele, Chron. Stolle
504, 12
(
thür.
,
3. Dr. 15. Jh.
):
do hub sich fele unfrede, umme das dy von erffort nicht wolden state synes willen dorch ingobe synes vaters unnd vettern.
Roloff, Naogeorg/Tyrolff. Pamm.
107, 886
(
Zwickau
um 1540
):
Wer hat dir solch boͤß ding doch geben ein?
Mathesius, Passionale
37v, 6
(
Leipzig
1587
):
aus anregung / getrieb vnd eingebung des Heiligen Geistes / vnd gar nicht aus Menschlichem willen herfuͤr gebracht.
Bachmann u. a., Volksb.
249, 18
(
alem.
,
15. Jh.
):
Er gab im ouch in, wie er ouch almuesen mitt dem zittlichen guett mochte geben.
Dict. Germ.-Gall.-Lat.
259
(
Genf
1636
):
Jngeben / in ein Ohr sagen [...] in das Hertz trucken.
Chron. Augsb.
7, 71, 23
(
schwäb.
, zu
1548
):
unangesehen deß, daß auch andere [...] widerraten, gaben der Jlsing und der Pilgram ainem rat die sachen so guͦt ein, daß [...].
Anderson u. a., Flugschrr.
28, 5, 14
([
Augsb.
]
1524
):
o hayliger dominice hailiger thoma gebent mir ein was ich reden sol.
Wolf, Norm im sp. Ma.
30, 14
(
oobd.
,
1486
):
das sy [dy bruͤder] freywillig thun mit yren guttern alles, das jn der herr ein gibt.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
42, 11
(
tir.
,
1464
):
Alle götleiche geschrifft, die da ein würt gëben von dem heiligen geist, die ist gar nucz zu der lernung.
Luther, WA
1, 696, 39
;
9, 140, 14
;
28, 116, 36
;
Lemmer, Brant. Narrensch.
31, 1
;
Fuchs, Murner. Geuchmat
556
;
Chron. Augsb.
7, 317, 28
;
v. d. Broek, Spiegel d. Sünders
178, 23
;
Qu. Brassó
4, 15, 23
;
Volkmar
219
;
Ulner
23
.