einbilden,
V.
1.
›etw., sich in, auf eine Form prägen, in etw. einpassen‹; auch: ›etw., sich nach einem Bild, einer Vorlage formen, entwerfen, Gleichförmigkeit mit etw. anstreben‹; ütr. refl.: ›in etw. aufgehen, sich e. S. ganz überlassen‹;
vgl.
ein-
 1; 2,
bilden
 2.
Mehrfach Texte der Mystik.
Bedeutungsverwandte:
eingiessen
 2; vgl.
drücken
I, 2.
Wortbildungen:
einbildung
1 ›Prägung, Formung‹.

Belegblock:

Luther, WA
17, 2, 441, 14
(
1527
):
durch welichen glauben der mennsch Christo eingebildet und gantz und gar mit jm ein kuͦchen wirt.
Quint, Eckharts Pred.
1, 56, 1
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
daz diu sêle îngebildet wirt in die êrsten lûterkeit, in den îndruk der lûtern weselicheit.
Ebd.
399, 2
:
[im
grunt
]
der sun îngebildet ist, dâ sol ouch diu sêle îngebildet werden.
Ebd.
2, 254, 1
:
Dar umbe, wilt dû in- und übergebildet werden in die gerehticheit, sô [...] enbilde kein warumbe in dich.
Ebd.
456, 12
:
vnd [die sele] wirt wider in gebildet in ir erste bilde svnder bilde.
Ders., Eckharts Trakt.
27, 7
(
E. 13.
/
A. 14. Jh.
):
Er sol klagen, [...], daz er niht [...] mit allem dem sînen îngebildet enist der güete.
Ebd.
38, 12
:
dâ von sô muoz etwaz innigers und hœhers sîn und ungeschaffen, âne mâze und âne wîse, dâ sich der himelsche vater ganze înbilden und îngiezen und bewîsen müge.
Ebd.
259, 5
:
Der mensche sol sich îngebildet haben in unsern herren Jêsum Kristum inwendic in allen dingen.
Oorschot, Spee. Trvtz-N.
143, 29
(
wmd.
,
1634
):
Sich selbsten er [der Vatter] ihm bildet ein, | Vnendlich sich begreiffet.
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
270
(
pfälz.
,
1436
):
die sele, die ein jnbildunge hat gottes, zu glicher wise als des keysers geslagen möntz hat des keysers bildunge in der oberschriefft.
Jostes, Eckhart
22, 30
;
23, 30
.
2.
›jn. etw. lehren, jm. etw. beibringen‹; ›jm. etw. anerziehen‹; ›jm. die Bedeutung von etw. nahebringen, vermitteln‹; häufig mit der Tendenz zu bildhafter, an mystisch geprägtem Sprechen orientierter Verwendung: ›etw. in jn. hineinlegen, -pflanzen‹; auch refl.: ›sich etw. einprägen, zu Herzen nehmen; sich e. S. vergewissern‹;
vgl.
ein-
 1; 2,
bilden
 5.
Bedeutungsverwandte:
drücken
I, 10,
einfesten
,
einpfropfen
,
fürhalten
,
imprimieren
,
lernen
 4; 5,
pflanzen
 4,
unterrichten
.
Syntagmen:
etw
. (z. B.
den glauben / text, die grammatik, die person Christi, die geistlichen sachen
)
e
.,
etw
. (z. B.
die gewonheit
)
in sich e
.,
jm. etw
. (z. B.
der jugend den catechismus, den kindern den spruch, den gläubigen die zuversicht, den bauern das wort gottes
)
e
.,
jm. etw
. [wie] (z. B.
fleissig / ganz / gut / gutherzig / scharf / väterlich / wol
)
e
.
Wortbildungen:
einbildung
2 ›Einprägung, Vermittlung‹.

Belegblock:

Schade, Sat. u. Pasqu.
3, 102, 3
(o. O.
1525
):
alle gelerte priester [...], die lernen und einbilden den bauren das wort gottes.
Luther, WA
22, 22, 13
(
1544
):
wenn man kuͤndte den Leuten solchs einbilden, das diese Tugend im schwang gienge, so wuͤrde es allenthalben wol stehen.
Ebd.
49, 112, 17
(
1540
):
DAs ist der Text, den man predigen und dem Christlichen Volck vleissig furhalden und einbilden solt.
v. d. Lee, M. v. Weida. Spigell
54, 10
(
omd.
,
1487
):
Dÿß gesetze ist von natu̇r eÿm itzlichen vornu̇fftigen menschen eingebiltt.
Wagner, Erk. Ps.-J. v. Kastl
6, 6
(
nürnb.
,
1. H. 15. Jh.
):
Darümb ist not, das sich der mensch [...] in im selbes einpilde und einfeste die gewonheit, das er snelle [...] sich und sein snodickeit in dem waren unbeschaffen und besenleichen liecht gesehen mug.
Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 99, 17
(
Nürnb.
,
1631
):
Mehr hat das singen auch diese Tugend, daß es die Geistlichen sachen [...] besser vnd scherffer imprimirt, einbildet vnd einpfropffet.
Rieder, Gottesfr.
222, 8
(
els.
,
1401
/
2
):
kúntlich gemaht allen menschen mit dristunt drien bezeichnungen der heilgen drivaltikeit zu inbildunge der heilgen drien namen.
Roder, Stadtr. Villingen
187, 18
(
önalem.
,
1592
):
haben wür auch [..] unsern nachkummen [...] dasselbig hiemit gutherzig und vätterlichen einbilden und zu einer gedächtnuss [...] hinderlassen wöllen.
Haas u. a., Erasmus/Jud. Klag
11r, 11
(
Zürich
1521
):
vnnd sol inen [den Christen] gantz inbilden / das Christus jnen in den letsten gebotten [...] geben hat.
Schlosser, H. v. Sachsenh.
2781
(
schwäb.
,
1453
):
Dü küngin in dem höchsten grad | Bild üch ain rechten glouben in.
Turmair
4, 626, 15
(
moobd.
,
1522
/
33
):
das [...] sant Peter und sant Pauls, in allen iren schriften allen menschen einpilden die êr und zucht des êlichen stants.
Rintelen, B. Walther
33, 9
(
moobd.
,
1552
/
8
):
das Wort und Dienst Gottes dem armen Man gepflanzt und eingebildet werde.
Luther, WA
8, 524, 25
;
30, 3, 519, 10
;
32, 116, 10
;
33, 53, 16
;
Buch Weinsb.
1, 323, 33
;
Mathesius, Passionale
54v, 29
;
Reichmann, Dietrich. Schrr.
107, 9
;
Anderson u. a., Flugschrr.
8, 9, 24
;
21, 5, 5
;
Wagner, a. a. O.
13, 23
;
Schweiz. Id.
4, 1200
.
3.
›jm. etw. einreden, einflüstern‹; ›jm. etw. (mit Gewalt, unter Zwang) einschärfen‹; ›jn. zu einer negativen, (aus der Sicht des Betrachters) falschen Meinung von etw. / jm. bringen‹; Spezialisierung zu 2.
Bedeutungsverwandte:
ausgiessen
 2,
einbleuen
,
eintreiben
 2,
persuadieren
,
überreden
 2; vgl.
anlernen
,
aufreden
 1,
bereden
 4,
einbinden
(V.) 3,
einnemen
 7,
einreden
 1.
Syntagmen:
jm. etw
. (z. B.
den zorn, den bösen willen, die rache gottes
)
e
.,
jm
. (z. B.
dem pöbel, dem kind / volk, den priestern, dem gemeinen man
)
etw. e
.,
etw
. (Subj., z. B.
die gunst / minne der creaturen
)
jm. etw. e
.,
jm. e
. [+ Objektsatz],
etw. in jn. e
.,
jm. etw
. [wie] (z. B.
mündlich / schriftlich, mit unwarheit
)
e
.
Wortbildungen
einbildung
3 ›Einflüsterung; Beeinflussung‹ (dazu bdv.:
begütigung
,
einschlupf
,
insinuation
,
versönung
).

Belegblock:

Luther, WA
2, 69, 11
(
1518
/
9
):
das auch ettlich, [...], durch sulche eynbildung vorursacht, schimpflich reden von der lieben heyligen furbit, vom fegfeur, von guten wercken.
Ebd.
30, 2, 107, 12
(
1529
):
weil ettliche ungeschickte Prediger bey uns Deudschen sind [...], die dem pobel einbilden, man solle und musse nicht widder die Tuͤrcken kriegen.
Ebd.
41, 198, 24
(
1535
):
da man die Leute so gar nichts von diesem Priesterthumb Christi geleret hat, ja zum widerspiel [...] seinen strengen und ernsten zorn so ein gebildet, das sie musten fur jm fliehen.
Franz u. a., Qu. hess. Ref.
4, 83, 39
(
hess.
,
1535
):
auch mitteler zit [die secten der widertauf] nicht underlassen [...], ir gift und bosen willen [...] in den gemeinen man auszugissen und inzubilden understohn.
Perez, Dietzin
2, 63, 10
(
Frankf.
1627
):
wer einem Kindt ein anders
[als dem Vater Gehorsam zu schulden]
einzubilden begehr / der thue nit wie ein verstaͤndiger Mensch.
Anderson u. a., Flugschrr.
11, 4, 2
([
Leipzig
1521
]):
Das du aber mir tzu mher vngelympff dem gemeinen mã mit vnwarheit einbildest.
Vetter, Pred. Taulers
72, 15
(
els.
,
1359
):
Das ist die wise, die wúrkunge, die inbildunge der welte.
Ebd.
191, 27
:
Das [schedelich gerúne des vijendes] ist alle die unordenunge die dir in lúchtet und in sprichet [...] und was dir in bildet minne oder gunst der creaturen.
Rot
319
(
Augsb.
1571
):
Insinuation, Einschlupff / einbildung / Ein hoͤfliche vnd heymliche versoͤnung / beguͤttigung der rede.
Spiller, Füetrer. Bay. Chron.
244, 10
(
moobd.
,
1478
/
81
):
und gaben den schergen und pröbsten in den lantgrichten gelt, das sy [...] den priestern einpilden, das sy [...].
Luther, WA
8, 508, 6
;
Buch Weinsb.
3, 177, 22
;
Kottinger, Ruffs Adam
5535
;
Turmair
4, 725, 13
;
796, 11
;
Schöpper
105b
;
Rot
338
.
4.
›jn. bei jm. ins Gerede bringen, jn. verleumden‹;
vgl.
ein-
 3.
Gehäuft Texte der Sinnwelt ,Religion / Didaxe‘.
Bedeutungsverwandte:
ausschreien
 3,
berüchtigen
 2,
infamieren
,
verleumden
,
verunglimpfen
; vgl.
beklaffen
,
beleumden
 1,
berüchten
 1,
eintragen
 3.

Belegblock:

Schöpper
63a
(
Dortm.
1550
):
Traducere. Verleumbden beruͤchtigen verunglimpffen [...] jnfamieren außschreyen [...] jn die leut in bilden.
Chron. Augsb.
7, 323, 27
(
schwäb.
, zu
1558
):
daß genannter probst [...] nit ursach, fuͦg oder macht haben, uns vor Eur v. u. f. e. w. [...] zuͤ beclagen und einzuͤpilden.
5.
›durch Vergleiche, Bilder etc. eine Vorstellung von etw. vermitteln; e. S. eine gedankliche Form geben‹; ›etw. in der Phantasie erstehen lassen‹; refl.: ›sich eine Vorstellung von etw. machen; etw. begreifen‹;
vgl.
ein-
 1; 2,
bilden
 5.
Bedeutungsverwandte:
bilden
 5,
erdichten
 1,
verstehen
; vgl.
bedenken
(V.) 12,
denken
 4,
hernemen
 1,
imaginieren
,
phantasieren
,
projectieren
.

Belegblock:

v. Ingen, Zesen. Ros.
61, 4
(
Hamburg
1646
):
SOltet ihr euch wohl / ihr staͤrblichen / einbilden koͤnnen / daß unter eines maͤnschen gestalt [...] eine solche maͤchtige kraft verborgen sei?
Luther, WA
36, 643, 24
(
1532
):
Aber der Ackerman wuͤrde es jm viel anders sagen und so einbilden odder malen, als stehe es schon da.
Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 153, 1
(
Köln
1619
):
So offt ich mir bild Jesum ein, | Wird freuden voll das hertze mein.
Ebd.
295, 2
(
Nürnb.
1631
):
dein Glantz vnd Hitz, | Weit vbertrifft Verstand vnd Witz, | Drey Ding die an der Sonnen seyn, | Vnd dich [Gott] ein wenig bilden ein.
Strauch, Par. anime int.
43, 16
(
thür.
,
14. Jh.
):
daz andere bekentnisse ist in der inbildindin craft [...], wan ez [...] machit ume di
[Vergangenheit]
geginwertic und nahe.
M. Cunitia. Ur. Prop.
184, 23
(
Öls
1650
):
Der Sonnen Craiß zwar wird in dem ge⸗stirnten Himmel / oder 8ten sphær eingebildet.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
113
(
Nürnb.
1517
):
Die lieb Christi mag nit [...] bestendiger eingebildet werden dann durch die zeichen, vermittelst dero braut und breutigam ir lieb an einander eröfnen.
Maaler
123v
(
Zürich
1561
):
Eynbilden / Jm sinn vnd verstand haben. Imaginari. Einen Eynbilden / An einen gedencken vnd grad als vor den augen haben.
Bauer, Geiler. Pred.
315, 11
(
Augsb.
1508
):
Ich verstand bey disem esel nichts anders / und bildet mir nüt anders ein / dann die seel der menschen.
Henisch
377
(
Augsb.
1616
):
Einbilden / bilden / ein bildnuß mit dem gemuͤt fassen.
M. Cunitia. a. a. O.
208, 39
;
Andreae. Ber. Nachtmal
72v, 6
;
Schweiz. Id.
4, 1199
.
6.
›sich etw. einbilden, sich eine falsche Vorstellung von etw. machen‹; anschließbar an 5; als Part. Prät. auf dem Weg zur Lexikalisierung: ›wichtigtuerisch, eingebildet‹.
Jüngeres Frnhd.
Bedeutungsverwandte:
imaginieren
; vgl.
annemen
 21,
phantasieren
.
Wortbildungen:
einbildnis
›abergläubische Vorstellung‹.

Belegblock:

Schein, NA
2/1, 12a, 21
(
Leipzig
1627
):
Vnd imaginire vnd bilde ich mir im geringsten nicht ein / als wuͤrde ich hiermit jederman recht gethan haben.
Schorer, Sprachposaun
49, 12
(o. O.
1648
):
vnd meinen die Flegel / sie koͤnten kein Arbeit gnug haben / wann sie nit mit jren eingebildeten fuͤnff frembde Woͤrtern vmb sich werffen.
Sachs
15, 349, 27
(
Nürnb.
1562
):
Schlegt doch all solch gedancken auß, | Auch alle gottselig einbildnuß | Und bleibt in diser sünden wildnuß.
Moscherosch. Ges. Phil. v. Sittew.
32, 23
(
Straßb.
1650
):
Behüte Gott! was schönes dings bilden wir uns von derselben [Welt] ein?
Lauater. Gespaͤnste
12v, 29
(
Zürich
1578
):
dz die yenigē so von art melancholisch [...] jnen selbs vil seltzam̄e vn̄ wunderbare sachen ynbildēd.
Andreae. Ber. Nachtmal
68v, 20
([
Augsb.
]
1557
):
[Der Himmel ist]
nicht ain solch ort / wie jnen die Menschen ohn Gottes wort mit lauter Menschlich gedancken / erdichten vnd einbilden.
Schweiz. Id.
4, 1200
.