dür,
Adj.;
Bed. 1 als Kernbedeutung mit breitem Spektrum extensionaler Bezugsqualitäten und semantischen Nuancierungen auffassbar; in 2 und 3 weitere, mit 1 assoziierbare Bedeutungsansätze; in 4-5 übertragene, in 6 fachsprachliche Verwendungsweisen.1.
›trocken, keine oder nur noch sehr geringe Feuchtigkeit aufweisend‹; im Einzelnen:a) ›ausgedörrt, unfruchtbar, keine Früchte hervorbringend‹ (z. B. vom Erdboden gesagt); in religiösen Kontexten offen zu 4.
Phraseme:
der dürre schwam
›geiziger Mensch‹ (wohl durch die Vorstellung motiviert, dass man aus einem trockenen Schwamm kein Wasser herauspressen kann); der dürre bruder
wohl: ›Wüstenheiliger‹.Bedeutungsverwandte:
einöden
hart
öde
sandig
steinig
trucken
unfruchtbar
ungebauen
wüst
heisgrät
Gegensätze:
feucht
grün
Syntagmen:
etw
. (z. B. ein acker, der erdboden
) d. bleiben / sein / werden
; der dürre acker / erdboden / ort, die dürre einöde / erde / stat / weide, das dürre erdreich / feld / land
.Wortbildungen:
dürde
dürre
dürrigkeit
dürwurz
Marzell
f; dazu bdv.: 2, 1009
donnerwurz
hundsauge
b) ›verdorrt, abgestorben, tot‹ (von Pflanzen, Bäumen usw. gesagt); auch auf den menschlichen Körper bzw. auf einzelne Körperteile angewandt, vor allem in Bezug auf das Krankheitsbild der Lepra, dann: ›abgestorben, ohne Gefühl‹; dies in biblischen Zusammenhängen auch als Strafe Gottes aufgefasst.
Phraseme:
der dürre ast / baum
›Galgen‹.Bedeutungsverwandte:
anbrüchig
blos
tot
verdort
welk
Gegensätze:
grün
Syntagmen:
j. / etw
. (z. B. ein baum
) d. sein / werden
; der dürre arm / ast / baum / storre
›Baumstumpf‹ / zweig, die dürre hand / ranne
›umgestürzter Baumstamm‹ / rute / spache
›dürres Holz‹, das dürre bein / holz / reis, die dürren trauben
.Wortbildungen:
dürholz
dürre
dürscheit
dürzweig
c) ›getrocknet, gedörrt, geräuchert‹ (von Lebensmitteln, die durch Entzug von Wasser für den Verzehr haltbar gemacht werden, z. B. von Obst, Fleisch, gesagt; auch auf getrocknetes Tierfutter, z. B. Heu, bezogen).
Phraseme:
dürre rüben gewinnen
›nichts bewirken‹.Bedeutungsverwandte:
diegen
gediegen
trucken
Gegensätze:
frisch
grün
Syntagmen:
etw
. (z. B. amad / fleisch / heu / rosmarin / safran
) d. sein / werden
; etw
. (z. B. gras
) d. machen, etw
. (z. B. einen vogel
) d. braten
; der dürre dorn / fisch / hecht / schöps, die dürre birne / feige / raute / schlehe / schwarzwurz / weinbere, das dürre blat / fleisch / futter / gras / korn / kraut / laub / obst
.Wortbildungen:
dürbirne
dürfleisch
dürfrucht
d) ›trocken, heiß‹ (vom Wetter, von der Witterung, vom Klima gesagt).
Bedeutungsverwandte:
heis
hitzig
trucken
warm
Gegensätze:
feucht
nas
Syntagmen:
etw
. (z. B. der herbst / luft / sommer, die zeit
) d. sein / werden
; es
(unpersönliches Subj.) d. sein / werden
; der dürre herbst / sommer / wind, die dürre zeit, das dürre jar
.Wortbildungen:
dürrung
dürsucht
e) ›ausgetrocknet, dehydriert, der Flüssigkeit ermangelnd‹ (von krankheitsbedingten Zuständen des menschlichen Körpers gesagt).
Phraseme:
das dürre blut
›Blutarmut‹; der dürre husten
›Katarrh‹.Bedeutungsverwandte:
mager
verbrant
Syntagmen:
etw
. (z. B. die füsse / hände / zehen
) d. werden
; jn. d. machen
; das dürre gebein / lied
›Gelenk‹.Wortbildungen:
dürrig
dürrigkeit
dürsucht
f) ›durstig; nüchtern, nicht betrunken‹; auch ütr. auf die menschliche Seele, die Gottes Segen entbehrt.
Bedeutungsverwandte:
nüchtern
g) in Bezug auf verschiedene weitere Substanzen: ›trocken, wenig nahrhaft‹ (von Speisen gesagt); ›staubig‹ (von Asche gesagt); ›getrocknet, eingedickt‹ (von einer Salbe gesagt); ›trocken‹ (von einer Mauer, die ohne Mörtel gebaut wurde, gesagt).
Bedeutungsverwandte:
trucken
Wortbildungen:
dürrenbek
h) ›von trockener Qualität‹ (im Sinne der Humoralpathologie als Variante zur Primärqualität
trucken
, Adj., 1, von Himmelskörpern und den sie repräsentierenden Göttern gesagt).Bedeutungsverwandte:
einüden
heis
holzecht
wüst
Gegensätze:
feucht
kalt
Syntagmen:
Saturn, die erde d. sein
, j.
(z. B. Mars
) d. heissen
.Wortbildungen:
dürrigkeit
Belegblock:
Zu a):
Schöpper
19a
(Dortm.
1550
): Tenax. Vnmilt karg [...] ¶ filtz karger hundt zäher keil [...] duͤrrer schwamm.
Luther, WA
36, 468, 13
(1532
): wie die iunge saat auff einem durren feld, [...] wo es keinen safft hat und dazu die sonne mit jrer hitze drauff kompt, mus es bald verdorren.
Ders. Hl. Schrifft.
5. Mose 32, 10
(Wittenb.
1545
): ER [Herr] fand jn [Jacob] der wüsten / in der dürren
[
wuͤstenMentel
14752
: ;
vngebauwne͂Froschauer
1530: ;
weiterEck
1537: ]
Einöde. Ebd.
Ps. 63, 2
: GOtt du bist mein Gott [...] Es dürstet meine Seele nach dir [...] in eim trocken vnd dürren
[
wústenMentel
1466: ;
einoͤdenFroschauer
1530: ;
oͤdenEck
1537: ]
Lande. Kurz, Waldis. Esopus
4, 43, 30
(Frankf.
1557
): Wer sich sein selber nicht kan massen, | Von boͤser gwonheit abelassen, | Den muß man in ein Kloster globen, | Zun Doͤrren Bruͤdern hoch dort oben.
Mathesius, Passionale
48r, 6
(Leipzig
1587
): Erstlich vergleichet der Prophet den HERRN Christum mit einem Reißlein vnd gruͤner Wurtzel / welche aus einem duͤrrem / trockenem / hartem vnd vnfruchtbarem / oder sandichtem vnd steinichtem Erdreich herfuͤr scheust.
v. d. Broek, Suevus. Spieg.
178v, 32
(Leipzig
1588
): Wie der fruchtbare Regen dem duͤrren Erdbodem im heissen Sommer sehr angeneme vnd bequem ist / Also [...].
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
10, 128, 14
(Straßb.
1466
): Sein arm wirt dúrr gemacht mit dúrrikeit.
Morrall, Mandev. Reiseb.
31, 13
(schwäb.
, E. 14. Jh.
): Libia die statt [...] ist gar ain túrro stat und unfruchtbar.
Henisch
778
(Augsb.
1616
): Duͤrrwurtz / hundsaugen / wirt also genant / das sein wurtzel holzecht ist / vnd keinen nutz hat.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
155, 21
(oobd.
, 1349
/50
): wenne man si [schâf] füert an dürre waid, sô lebent si verr lenger wan auf fäuhter waid.
Luther, WA
1, 216, 6
; Thiele, Chron. Stolle
498, 29
; Mönch v. Heilsbronn. Fronl.
28a, 29
; Voc. inc. teut.
e iiijv
; Maaler
93r
; Schweiz. Id.
13, 1346
; Schwäb. Wb.
2, 687
; Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 22
.‒
Vgl. ferner s. v. ägerte
, aufschiessen
3, auslassen
4, aussprüngeling
.Zu b):
Luther. Hl. Schrifft.
Lk. 23, 31
(Wittenb.
1545
): Denn so man das thut am grünen Holtz / was wil am Dürren werden?
Kurz, Waldis. Esopus
3, 5, 14
(Frankf.
1557
): Du solt sterben am duͤrren ast.
Pyritz, Minneburg
2334
(nobd.
, Hs. um 1400
): Tet sie
[Minne]
daz, so wurd mir dorren | Min hertze gliche dem durren storren. Bihlmeyer, Seuse
492, 4
(alem.
, 14. Jh.
): danne setzent wir uns mit dem turteltúbelin uf den uns verborgenen dúrren esten.
Williams u. a., Els. Leg. Aurea
342, 12
(els.
, 1362
): Hie von sprach got durch Ezechielem zuͦ den durren doten beinen.
Kurrelmeyer, Dt. Bibel
1, 43, 18
(Straßb.
1466
): do was ein man habent ein durre
[
verdorreteLuther
1545, Mt. 12, 10: ]
hant. Dasypodius
77v
(Straßb.
1536
): Fomes, Zundel / ein dürr scheyt / spaͤnen.
Schib, H. Stockar
37, 29
(halem.
, 1519
): die sy gehenkt hattend, die warend schon dür, so has was es.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
2, 35
(oobd.
, 3. Dr. 14. Jh.
): Zu der zeit der pusch ward glüen, | Aarons dürre ruͦt ward blüen.
Siegel u. a., Salzb. Taid.
262, 2
(smoobd.
, Hs. 17. Jh.
): sonderlich sollen die holzmaister [...] die windwürf, dürrn und puechen nit unverhackt lassen, sonder solches holz alles aufarbaiten.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
126, 7
(tir.
, 1464
): Ich pin dürftig als das dürr holcz.
Luther. a. a. O. Hes.
21, 3
; Peil, Rollenhagen. Froschm.
141, 3032
; Beckers, Bauernpr.
52, 21
; v. Tscharner, Md. Marco Polo
7, 19
; Bell, G. Hager
652, 6, 5
; Päpke, Marienl. Wernher
2678
; Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
480, 1
; Baptist-Hlawatsch, U. v. Pottenst.
1390
; Voc. inc. teut.
e iiijv
; Dasypodius
309v
; Henisch
776
ff.; Rwb
2, 1169
; Pfälz. Wb.
2, 682
; Schweiz. Id.
13, 1347
f.; Schwäb. Wb.
2, 510
.‒
Vgl. ferner s. v. achsprügel
, anbrüchig
, arbeiten
10, ast
1, ausdorren
, 2
ban
3, baum
1, beischaft
1.Zu c):
Schöpper
74a
(Dortm.
1550
): Aridum. Duͤrr digen.
Ziesemer, Gr. Ämterb.
545, 20
(preuß.
, 1419
): von 7 ochzen durre rintfleichs, item 5 schoc brotwurste.
Luther, WA
35, 460, 31
(1535
): Herr [...] | Wie bistu worden so gering, | Das du da ligst auff duͤrrem gras.
Ders. Hl. Schrifft.
4. Mose 6, 3
(Wittenb.
1545
): weinessig oder starcks getrancks essig sol er auch nicht trincken [...] Er sol weder frissche noch dürre weinbeer essen.
Wyss, Limb. Chron. U
126, 68
(mfrk.
, 1373
): darzu alle mẏn dorre fleisch, holtz unde kollen.
Brinkmann, Bad. Weist.
187, 39
(rhfrk.
, 1582
): wan man mehet, so müßen sie das gras dör machen.
Keil, Peter v. Ulm
104
(nobd.
, 1453
/4
): Stoß in eim mörser senf-samen vnd nym [...] zwo dürre feygen vnd hönig.
Menge, Laufenb. Reg.
5399
(Hs. ˹nalem.
, um 1470
˺): Dúrre fleisch gesaltzen vische | Isse nit wiltu beliben frische.
Merk, Stadtr. Neuenb.
89, 29
(nalem.
, 1499
): von einem halben fuder durrer bieren zwen phenning.
Schnyder, Qu. Zürcher Wirtsch.
362, 5
(halem.
, 1413
/4
): Da fuͦgt sich an der alten vasnacht, daz des vorgen(anten) Schorers sun túrr blaͧwling an dem markt hatt.
Rennefahrt, Wirtsch. Bern
10, 27
(halem.
, 1479
): Deß glich stockvisch, haͤring, platisli und tuͥrr visch vor erbrer luͥt huͥsern, die dann die veyl haben.
Chron. Augsb.
5, 323, 5
(schwäb.
, Hs. E. 15. Jh.
/A. 16. Jh.
): hertzog Albrecht zoch für Wien und lag ain zeitt darvor und gewun dürre ruͦblen; er mocht nichtz geschaffen.
Müller, Welthandelsbr.
261, 13
(schwäb.
, 1514
/5
): Nach sollicher mass verkauft man [...] nuss gross und clain, und all ander zimes und dürr frucht.
Stopp, Kochbuch S. Welserin
13, 6
(Augsb.
1553
): lass den vegellen die fiesß vnnd kopff, steck sý an ainen spisß vnnd prat sý nit zú tir.
Rauwolf. Raiß
9, 18
([Lauingen
] 1582
): das rechte Scammonium, Ambrosiam, Moly, Ammi, Aloen &c. mehr ausser disen noch vil andere die dür / vnnd mehrthails inns Bapir waren eingelegt.
Bauer u. a., Kunstk. Rud.
2668
(oobd.
, 1607
/11
): in regal größ D. Rauwolfii buch, darin seine eingelegte dürre kreütter.
Dirr, Münchner Stadtr. 453, Art.
504
(moobd.
, um 1365
): Ez sol niemant chainerley obs, weder gruͤns noch duͤrres, von der stat niht fuͤren.
Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
38, 34
(tir.
, 1464
): Meine täge die haben abgenamen als der rauch, vnd mein fleisch das ist iczund türr worden als das gedigen fleisch.
Ziesemer, Marienb. Ämterb.
15, 20
; 136, 21
; Alberus, Barf.
207, 3
; Thiele, Minner. II,
31, 672
; v. Tscharner, Md. Marco Polo
65, 15
; Keil, a. a. O.
166
; Bell, G. Hager
408, 3, 8
; Morrall, Mandev. Reiseb.
47, 11
; Müller, a. a. O.
274, 29
; Stopp, a. a. O.
66, 3
; Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
340, 34
; UB ob der Enns
9, 119, 9
; Dirr, a. a. O.
441, 7
; Dict. Germ.-Gall.-Lat.
127
; Pfälz. Wb.
2, 682
; Schweiz. Id.
13, 1349
ff.; Schwäb. Wb.
2, 506
ff.‒
Vgl. ferner s. v. aloe
1, alsrogen
, amad
1, ampferkraut
, arbeitsleute
, ausraufen
1, ausstossen
4, 1
balke
3.Zu d):
Mieder, Lehmann. Flor.
819, 10
(Lübeck
1639
): Ein vndanckbarer ist wie ein duͤrrer Wind / der die Brunnen außtrucknet.
Luther. Hl. Schrifft.
Ps. 32, 4
(Wittenb.
1545
): deine Hand war tag vnd nacht schweer auff mir / Das mein Safft vertrockete / wie es im sommer dürer wird.
Ebd.
Sir. 35, 26
: GLeich wie der Regen wol kompt / wenn es dürre ist / Also [...].
Beckers, Bauernpr.
57, 6
(Köln
1515
/8
): An sent andrieß auent [...] eȳ feucht ad durr jair komen sall.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob
9770
(omd.
, 1338
): vervluchet sy ir heil | [...] | Ir arbeyt gebe keyne vrucht! | Bremen, dysteln, di dirre sucht
[hier: ›Trockenheit‹]
| Verterbe ire wingarten. Chron. Nürnb.
4, 237, 4
(nobd.
, 15. Jh.
): desselben jars ward ein dürrer herbst und geriet wol der wein.
Plant u. a., Main. Naturl. 296vc,
24
(ohalem.
, Hs. E. 14. Jh.
): de svmerliche solsticium so vns die svnne aller nahest ist so ist div zit war̄ vn̄ durre.
Memminger Chron.
4, 10
(Ulm
1660
): 1176. War ein sehr kalter Winter / darauff ein duͤrer Sommer folgte.
Luther. a. a. O. Jer.
4, 11
; Beckers, a. a. O.
52, 15
; Kollnig, Weist. Schriesh.
221, 44
; Franz u. a., Qu. hess. Ref.
4, 511, 2
; v. d. Broek, Suevus. Spieg.
147v, 1
; Morrall, Mandev. Reiseb.
11, 13
; Chron. Augsb.
4, 101, 9
; Turmair
4, 103, 28
; Schweiz. Id.
13, 1353
; Schwäb. Wb.
2, 511
.‒
Vgl. ferner s. v. andreasabend
, andreastag
.Zu e):
Schmitt, Ordo rerum
331, 20
(omd.
, 1466
): Colera dor blot [...] verprenczs pluet oder dürr pluet.
Jörg, Salat. Reformationschr.
919, 4
(halem.
, 1534
/5
): Gieng jnn daruf ein kranckheytt an / das hend und fuͦs jmm türr wurdend / alls ein holltz.
Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
260, 34
(oobd.
, 1349
/50
): die [slangen] von vergift sterbent die erstarrent des êrsten, aber sô diu vergift erhitzt, sô tœtt si den menschen mit derren und mit dürr machen.
Ebd.
417, 7
: man [...] schol den sâmen under der zungen haben für den durst wider die dürren huosten.
Turmair
5, 560, 25
(moobd.
, 1522
/33
): In kurzen jaren hernach starb frau Jacoba vor unmuet an der dürrsucht.
Helm, H. v. Hesler. Apok.
18235
; Belkin u. a., Rösslin. Kreutterb.
146, 15
; Päpke, Marienl. Wernher
12949
; Roth, E. v. Wildenberg
147, 1
; Maaler
93r
; Henisch
777
; Schweiz. Id.
13, 1352
.Zu f):
Peil, Rollenhagen. Froschm.
521, 465
(Magdeb.
1608
): Jch wil kein steublein werffen drein / | Nur die duͤrre Zung machen naß.
Gille u. a., M. Beheim
160, 62
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): Mach hie lustig in mire | den durren mund der sele min.
Franck, Decl.
352, 4
(Nürnb.
1531
): Vor dem sindtflus waren die menschen duͤr / nuͤchtern / vnd on allen brauch des weyns.
Roloff, Brant. Tsp.
1716
(Straßb.
1554
): Da heim wendt wir sie [fleschen] wol trincken auß / | Die leber ist mir wol so dürr.
Lemmer, Brant. Narrensch.
77, 11
(Basel
1494
): Dann spyel das zündt die leber an | Das man württ dürr / vnd durstes voll.
‒
Vgl. ferner s. v. austroknen
.Zu g):
Schade, Sat. u. Pasqu.
1, 169, 536
(o. O. 1587
): Unter dem pfeffer thut man finden | Vil harter gestoßen brotrinden, | Desgleichen unter dem ingwer die dürren brosen.
Keil, Peter v. Ulm
21
(nobd.
, 1453
/4
): nym [...] dürr wermut.
Cirurgia H. Brunschwig
26rb, 36
(Straßb.
[1497
]): die artzeny dürre oder drucken vf der wundē was / das er sie nicht dannen moͤcht genemen.
Haage, Hesel. Arzneib.
18v, 2
(Hs. ˹noobd.
/md.
, E. 15. Jh.
˺): Welcher mensch geheling geswollen ist, [...] so nempt rinderen haren, der dür sey, und stost den.
Luther, WA
16, 322, 26
; Bremer, Voc. opt.
25012
; Öst. Wb.
2, 772
.‒
Vgl. ferner s. v. 1
asche
1, icht
7.Zu h):
Plant u. a., Main. Naturl.
293rb, 8
(ohalem.
, Hs. E. 14. Jh.
): div erde ist von ir nature durre vn̄ kalt.
Ebd.
294
vc, 27: Saturn ist kalt vn̄ durre Jupit ᷤ heiz vn̄ fuͥhte.
Ebd.
300
vc, 9: die sunne als ein wider hı̄dene swach gegegen
[sic!]
dem wints
wonde si wenic durrekeite vn̄ wermede het. Klein, Oswald
22, 66
(oobd.
, 1422
): Ain herr der bösen glider, | Mars, dürr und grimmlich haiss.
Fischer, Brun v. Schoneb.
7072
; Plant u. a., a. a. O.
293
vc, 19; 297rb, 27
; Klein, a. a. O.
129
; Voc. inc. teut.
e iiijv
; Rohland, Schäden
390
.2.
›dünn, mager; leichtgewichtig‹ (von Belebtem, Menschen, Tieren, Körperteilen u. Ä. gesagt); im Übergang zu: ›abgemagert, krank, verschmachtet‹; seltener auf Gegenstände angewandt, dann: ›klein‹; vereinzelt: ›selten vorkommend, rar‹; an 1e, 1f. anschließbar.Bedeutungsverwandte:
bleich
kraftlos
mager
müde
schwach
strak
verschmachtet
leicht
leichtlich
leicht
mager
Gegensätze:
feist
packet
Syntagmen:
j. / etw
. (z. B. ein arm / leib, läuse / ochsen
) d. sein / werden
; etw
. (z. B. die sorge
) jn. d. machen
; etw
. (z. B. ein arm
) d. zum ärmel heraushängen
; der dürre flo / geselle / leib / schenkel, die dürre kröte / ku, das dürre bein / fel / har
.Wortbildungen:
dürmäulen
dürsthaupt
besthaupt
sowie Lex. d. Mal.
f.); die Motivation des Kompositums ist unklar (Bw als 1, 2071
teuerst-
zu lesen?).Belegblock:
Luther, WA
52, 418, 29
(1544
): die Reichen [...] lassen da neben die Armen, dürfftigen leut dürrmeulen.
Ders. Hl. Schrifft.
1. Mose 41, 19
(Wittenb.
1545
): nach jnen / sahe ich andere sieben dürre
[
dünneDietenberger
1534: ]
/ seer hesliche vnd magere Kühe her aus steigen. Ebd.
Klgl. 4, 8
: Nu aber ist jr [der Kinder Zion] gestalt so tunckel fur schwertze / Das man sie auff den gassen nicht kennet / Jr Haut henget an den Beinen / vnd sind so dürr als ein Scheit.
Wiese, UB Wetzlar
1, 359, 10
(hess.
, 1395
): fratres
[...] beurkunden, dass sie [...] eine gans [...] zu zinsen haben von ihren gütern [...], die sie [...] in erbleihe besitzen und welche vom
duͦrsthoubit befreit sind (Regestbeleg).
Österley, Kirchhof. Wendunmuth
2, 244, 17
(Frankf.
1602
): Einsmahls unterstund er sich, mit seinen ochsen, die mit der fütterung übel versorgt, sehr schwach, dürr und verschmachtet waren, zu pflügen.
Ebd.
4, 354, 26
(1603
): Diß unglück het sie [lauß] ihr selbs gefördert und solte den dürren floh nicht zu sich geladen haben.
Roloff, Brant. Tsp.
477
(Straßb.
1554
): So hastu kum dirr bein zuͦ nagen.
Lemmer, Brant. Narrensch.
4, 14
(Basel
1494
): Der bleicht es an der sunn vnd für | Dar vnder werden lüse
[›Läuse‹]
nit dür. Luther, WA
18, 509, 34
; Rupprich, Dürer
3, 294, 330
; Chron. Nürnb.
2, 80, 13
; Vetter, Pred. Taulers
52, 21
; hail. altvaͤter
100r, 21
; Pfeiffer, K. v. Megenberg. B. d. Nat.
93, 25
; Voc. inc. teut.
e iiijv
; Maaler
93r
; Dict. Germ.-Gall.-Lat.
127
; Schweiz. Id.
13, 1351
ff.; Schwäb. Wb.
2, 507
.‒
Vgl. ferner s. v. aushangen
1, barhaupt
, begierde
1, packet
.3.
›arm, dürftig, kärglich‹ (als Bewertung der äußeren Erscheinung von Personen oder Gegenständen bzw. Sachverhalten).Phraseme:
das ros an einen dürren zaun heften
›keine Verköstigung erhalten‹.Bedeutungsverwandte:
hart
arm
ärmlich
darblos
dürftig
mangelfarb
Gegensätze:
hochzeitlich
Belegblock:
Frantzen u. a., Kölner Schwankb.
1, 50, 3
(Köln
um 1490
): Idt was der durren frijer eyn, | Dat mocht men aen synen cleyderen waill sien.
Schönbach, Adt. Pred.
18, 23
(osächs.
, 1. H. 14. Jh.
): migma gewannet, daz ist korn ane zaph [...]; dise spise ist durre und hart.
Vetter, Pred. Taulers
59, 12
(els.
, E. 14. Jh.
): wir muͤssent zuͦ kore gon und singen und lesen [...], und darumb lossent uns lieber hochgezitlichen tuͦn denne dúrre und mit swerheit.
Winter, Nöst. Weist.
3, 436, 25
(moobd.
, Hs. 15. Jh.
): wann ain vogt her reiten wil, so sol er der gemain ân schaden reiten und sol sein ros heften an ainen dürren zaun.
Bihlmeyer, Seuse
91, 5
.‒
Vgl. ferner s. v. arm
(Adj.) 1, jägermesse
.4.
›des göttlichen Segens mangelnd, des Segens bedürftig‹; ütr. zu 1a.Texte religiösen Inhaltes.
Bedeutungsverwandte:
durstig
finster
gnadenlos
Gegensätze:
feucht
Syntagmen:
j. d. sein / werden
; die dürre christenheit / sele, das dürre herz
.Wortbildungen:
dürrigkeit
Belegblock:
Luther, WA
18, 510, 1
(1525
): Darumb sind wir gnadelos, duͦrr und des ewigen fewers werck worden.
Fischer, Brun v. Schoneb.
11877
(md.
, Hs. um 1400
): den predigern ich daz lon schribe, | di gotes wingarten so lange | hie roden, daz von irme twange | di dorre kristenheit gibit vrucht.
Sermon Thauleri
12va, 35
(Leipzig
1498
): So kōmen dan solche vnd sprechen Ach herre. ich bin so durre vn̄ so vinster von ynnen.
Mathesius, Passionale
48r, 14
(Leipzig
1587
): [Christus] befeuchtiget / wessert vnd erquicket alle Muͤheseligen / durstige vnnd duͤrre Seelen.
Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 282, 7
(Bautzen
1567
): Wasch ab all vnreinigkeit, | Vnd befeucht all duͤrrigkeit.
Mönch v. Heilsbronn. Fronl.
28b, 31
(nobd.
, E. 14. Jh.
): Swenn got mit seinen gnaden zv meiner sel kvmt swaz den̄ hertte was daz wirt waich vnd wirt mein dvͤrres hertzze fevht in heiliger andaht.
Asmussen, Buch d. 7 Grade
992
; Vetter, Pred. Taulers
63, 30
.‒
Vgl. ferner s. v. ausscheiden
5.5.
›einfach, klar abgrenzend, deutlich‹ (in kognitiver Hinsicht); ›unverblümt, ohne Umschweife; offen, unverhüllt‹; im Übergang zu: ›barsch, schroff, unfreundlich‹; meist zur Charakterisierung direkter persönlicher Anrede, häufig adverbial; ütr. zu 1.Bedeutungsverwandte:
aufrichtig
deutlich
deutsch
frech
grim
grob
1
hel
klar
kurz
stumpf
trucken
abhold
aushiplerisch
5
bar
1
bärlich
bedeutlich
bereit
blöslich
gewis
gründig
hertiglich
kög
kraus
lauter
merklich
steif
Gegensätze:
milte
Syntagmen:
j
. (z. B. apostel
) d. sein
; d. herausfaren / reden, jn. d. abweisen, etw. d. abmessen / beschliessen / (heraus)sagen / wagen, jm. d. absagen, jm. etw. d. befelen, etw
. [in einem Text] d. dastehen
; der dürre glaube / inhalt / text / verstand, die dürre schrift, das dürre urteil / wort
.Belegblock:
Luther, WA
21, 464, 4
(1544
): Da hoͤrestu ein kurtz duͤrr urteil.
Ebd.
22, 16, 2
(1544
): DAS ist duͤrre und klar beschlossen, das sich niemand des Lebens rhuͤme, der nicht die Liebe hat.
Ebd.
24, 696, 17
(1527
): wie Paulus sagt [...], das er [Gott] einem yglichen hirschafft abzirckelt, eben und duͤrre abmisset, wie weit sie regiren sol.
Ebd.
33, 206, 17
(1531
): Nun fheret er durre heraus undt spricht.
Ebd.
47, 408, 4
(1537
/40
): Also weiset sie der Herr alhier auch gantz stumpff und durre ab, [...] ist gantz stoltz und hofferttig.
Ebd.
47, 580, 38
(1539
): der konig von Franckreich seine leuthe [...] sagten dem Bapst durre und drocken die warheit.
Dedekind/Scheidt. Grob.
210, 23
(Worms
1551
): Eim soltus dürr mit worten sagen / | Dem andern wol die haut vol schlagen.
Goldammer, Paracelsus. B. d. Erk.
48, 2
(obd.
, Hs. n. 1570
): allso warendt die apostl / die vnmildt seindt / gellt begern [...] sein nit apostll / dann sie seindt nit milt / sonnder durr vnd grob [...] vnd grimm.
Sachs
8, 202, 21
(Nürnb.
1553
): Tarquinius der wagt es dürr, | Ist mit seim kriegs-volck rund und kürr.
Luther, WA
16, 104, 35
; 17, 1, 28, 19
; 21, 392, 16
; 21, 395, 10
; 23, 73, 28
; 30, 3, 355, 35
; 41, 27, 16
; 48, 135, 4
; ders. Hl. Schrifft.
2. Makk. 6, 23
; Sachs
3, 412, 25
; Schweiz. Id.
13, 1354
; Schwäb. Wb.
2, 509
.6.
fachsprachlich: ›feingehaltig‹ (in den Belegen von Silber gesagt).Belegblock:
Bastian, Runtingerb.
2, 110, 9
(oobd.
, 1395
): auz den Regenspurgern ist zuͦ Venedig worden duͤrrs silbers 219½ markch Venediger gewichtt.
Ebd.
301, 28
; Matzel u. a., Spmal. dt. Wortschatz.
1989, 82
.