benötigen,
V.
1.
›jn. durch rechtlichen, sozialen, psychischen Druck, mit finanziellen Forderungen belasten, jn. zu etw. drängen, zwingen, nötigen; Macht, Gewalt ausüben; etw. (Gefühle) bezwingen, unterdrücken‹; auch bildlich.Bedeutungsverwandte:
bedrangen
1
beschweren
beteidingen
bezwingen
dringen
unterdrücken
zwingen
benöten
Syntagmen:
jn. / etw
. (Akk., z. B. sein fleisch, den has, die liebe
) b., jn. b., das [...], jn. in etw
. (z. B. seinem glauben
) / mit etw
. (z. B. anfechtung
) / unter etw
. (z. B. dem gesez
) / zu etw
. (z. B. busse
) b., etw
. (z. B. morgenröte
) etw
. (Akk., z. B. die nacht
) b., etw. mit gesez b
.; j. b.
(absolut); benötigtes gewissen
.Wortbildungen
benötigung
execution
freier wille
benötigung der zeit
›Zeitnot‹).Belegblock:
Erben, Omd. Chrestomathie
177, 13
(omd.
, Leipzig
1489
): hab ich dir durch der zeyt kurcz vnd benotigung willen nicht kunnen seczen.
Grosch u. a., Schöffenspr. Pössneck
178, 23
(thür.
, 1474
): ir moget durch recht den genanten Jorgen Behern darobir zcu keyner hocher busse nicht benotigen.
Opel, Spittendorf
17, 8
(osächs.
, um 1480
): das sie uns höher benötiget und betrenget haben, wan die wilkire ausweiset.
Schultheiss, Achtb. Nürnb.
98, 11
(nobd.
, 1381
): daz er dez Makels tohterlein benoͤtigt wolt haben, daz ez in zu der e nem.
Anderson u. a., Flugschrr.
8, 8, 19
([Nürnb.
] 1524
): auff das er [sun] erloͤsete die vnter dem gesetz benoͤtiget waren.
Ebd.
14, 6, 32
(Straßb.
1524
): die heylige [...] meß / von Christo vnd den Aposteln / den trostlosen hungerigen / begirigen / vnd benoͤtigeten gewissen eyngesetzt.
Michels, Murner. Badenf.
6, 28
(Straßb.
1514
): Ob wier zuͤ zit benoͤtigt werden, | Daß wier in hyml ermanen yn [got] | Das er wel vnser vatter sin.
Pfeiffer-Belli, Murner. Kl. Schrr.
7, 12, 29
(Straßb.
1520
): wo er vnß in vnserem glauben benoͤtiget vnd vndertruckt.
Heydn. maister
11v, 7
(Augsb.
1490
): dÿe zwů begirlicheÿten dÿe liebe vnd den haß [...] zů bezwingen vnd benoͤtigen.
Drescher, Hartlieb. Caes.
137, 12
(moobd.
, 1456
/67
): junckfraw, die der poͤs geist mit [...] grosser anfechtung des fleischs swaͤrleich benótigt.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
23, 9
(oobd.
, 3. Dr. 14. Jh.
): fleuch, vinstre nacht, dir wirt ze swär | die morgenröt, die dich benött.
Turmair
4, 49, 20
(moobd.
, 1522
/33
): wer mêr gewalt hiet und mêr benötiget hiet mêr recht.
Reithmeier, B. v. Chiemsee
60, 3
(München
1528
): sein fleisch, dasselb so es widerspaenig ist, benoettig, kestig vnd straffe.
Winter, Nöst. Weist.
2, 964, 25
(moobd.
, 1540
): es sol auch niemant von den mulner benetiget sein mit dem peitlen.
Grosch u. a., a. a. O.
278, 5
; Baumann, Bauernkr. Rotenb.
513, 9
; Henisch
279
; Rwb
1, 1544
; Dietz, Wb. Luther
1, 254
; Preuss. Wb. (Z)
1, 525
.2.
›(eine Frau) vergewaltigen‹; Spezialisierung zu 1.Bedeutungsverwandte:
vgl. benotzogen
benöten
Wortbildungen:
benötigung
Belegblock:
Kohler u. a., Bamb. Halsger.
144, 5
(Bamb.
1507
): derselbig vbeltetter [...] sol auff verclagung der benoͤttigten [Eefrawen] in aussfuͤrung der missetat [...] vom leben zum tode gericht werden.
Siegel u. a., Salzb. Taid.
67, 11
(smoobd.
, 17. Jh.
): das malefiz berüerend, nemblich merderei, diebstall und benöttigung.
Rwb
1, 1544/5
.3.
›jn. unter Anwendung physischer, darunter militärischer, Gewalt nötigen, zu etw. zwingen; (eine Stadt o. ä.) belagern; sie einnehmen, erobern‹.Gehäuft Rechtstexte, chronikalische Texte.
Bedeutungsverwandte:
angreifen
bekriegen
bekümmern
belegen
1
beliegen
Syntagmen:
jn
. (z. B. die kriegsleute
) b., den umkreis, die stat, das geschlos b
.; benötigter haufe
.Belegblock:
Thiele, Chron. Stolle
346, 1
(thür.
, 3. Dr. 15. Jh.
): do durch man meynte die stad zu benotigen unnd zu gewinnen.
Schultheiss, Achtb. Nürnb.
122, 36
(nobd.
, 1392
): daz er leut erstochen wolt haben verlichen und sie benotigt, daz sie im swern musten uff einem plozzen messer.
Kohler u. a., Bamb. Halsger.
164, 3
(Bamb.
1507
): welcher ein rechte notwerhe zu rettung seines leybs [...] thut vnd denjhenen, der jne also benoͤttigt, in soͤlcher notwerh entleybet.
Baumann, Bauernkr. Rotenb.
457, 23
(nobd.
, n. 1525
): in maynung, zu dem benotigten hawfen gein Konigshofen zu ziehen.
Ebd.
564, 5
: umb das sie [...] mit schiessen und anderm die statt dermassen benötigt, das [...].
Merk, Stadtr. Neuenb.
80, 23
(nalem.
, 1491
): ob usner statt [...] mit vientschaft beladen, belegen oder benötiget wúrde.
Drescher, Hartlieb. Caes.
125, 5
(moobd.
, 1456
/67
): Do die ob genant stat Damiat mit dem besessz und belegung der christen ser benótigt war.
Leidinger, V. Arnpeck
657, 18
(moobd.
, v. 1495
): pey im waren 500 pfärd im her und benotigeten das Hag zu huldigung.
Turmair
4, 323, 8
(moobd.
, 1522
/33
): das die Teutschen verzagen solten, das g’schloß mit dem hunger zu benötigen.
Ebd.
338, 2
: mit disem clainen haufen hat er [Alexander] den ganzen umbkrais des ertreichs benötiget.
Chron. Augsb.
5, 196, 21
; Turmair
4, 1119, 1
; Schweiz. Id.
4, 862
.‒
Vgl. ferner s. v. ab|erhalten
.4.
›etw. benötigen, brauchen‹; als part. Adj. benötigt
: ›in Not; e. S. bedürftig‹.Bedeutungsverwandte
(zum part. Adj.): arm
bedürftig
bresthaft(ig)
Gegensätze
(zum part. Adj.): unbenötigt
Belegblock:
Behrend, Magd. Fragen
153, 13
(omd.
, um 1400
): Eyn man ist benotigit unde bittet eynen andern, das her ym czen marg lyhe.
v. Birken. Erzh. Österreich
78, 50
(Nürnb.
1668
): dessen Verdienste meines Lobspruchs nicht benoͤtigt sind.
Heidegger. Mythoscopia
36, 20
(Zürich
1698
): was zu ermeldter Passion tuͤchtiges [...] in den Manieren [...] etc. benoͤthiget wird.
Henisch
279
(Augsb.
1616
): Benoͤttigt / beduͤrfftig / egens, indigens. Man bekompt das von einem benoͤtigten / das man sonsten nicht kriegen kan. Phr. Benoͤtigt sein / vonnoͤten haben [...]. Jch bin jetzt gelts hoch benoͤtigt.
Behrend, a. a. O.
128, 20
; v. Birken. a. a. O.
75, 39
; Dict. Germ.-Gall.-Lat.
73
; Dietz, Wb. Luther
1, 254
; Preuss. Wb. (Z)
1, 525
; Schweiz. Id.
4, 863
; Franke, Luthers Wortlehre.
1914, 37
; Kramer, Volksl. Ansb.
1961, 164
.