beiwonen,
V.
1.
›in der Nähe e. P. oder einer Lokalität wohnen, ansässig sein‹.Bedeutungsverwandte:
nahewonen
Belegblock:
Maaler
67v
(Zürich
1561
): Beywonen oder nachwonen / sitzen als bey einem wasser / holtz / etc. Nachbaur seyn. Accolere.
Volkmar
711
.2.
›jm. nahe sein, mit jm. zusammen sein, wohnen, in js. Nähe sein‹, mit offenem Übergang zu ›mit jm. geschlechtlich verkehren‹; in den Belegen auf die Ehe, außereheliche Beziehungen, auf die Gemeinschaft mit Gott und abstrakte Bezugsverhältnisse unterschiedlicher Art bezogen; vereinzelt von Sachen gesagt.Gehäuft Texte religiösen und didaktischen Inhalts.
Belegblock:
Schade, Sat. u. Pasqu.
3, 47, 20
(wmd.
1521
): die beiwonenden außerhalb der ee zu schetzen.
Ulner
78
(Frankf.
1577
): Beywohnen. Gemeinschafft mit einem haben / viel freundschafft mit einem halten [...] Wohne gern bey den alten / vñ halte dich zu den Weisen.
Neumann, Rothe. Keuschh.
2693
(thür.
, 1. H. 15. Jh.
): wer aber gote wil wonen by, | der sal mit den selben [vinden] nicht frolich sy.
Pyritz, Minneburg
3810
(nobd.
, Hs. um 1400
): Daz by wonen hilffet baz | Zu lieb dann uff erden iht!
Gille u. a., M. Beheim
15, 90
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): ich ger czu sterben auf das ich erwerbe | Christum czu sehen, im zu wonen pey.
˹Als Fluch: Ebd.
53b, 70
: es sein wicht, | der teufel won in beÿ!
˺
Ebd.
444, 149
: triegereie. | der nam der teufel ach wal gunfft. | nun merkend, wer ir wune beie | und ir vermahelt seie.
Dietrich. Summaria
26r, 10
(Nürnb.
1578
): das solch ehelich beywonen / Gott nur zwischen zweyen geordnet hab.
Bihlmeyer, Seuse
492, 10
(alem.
, 14. Jh.
): weis ieman, wo Jhesus si, | dem min hertze wonet bi?
Päpke, Marienl. Wernher
1335
(halem.
, v. 1382
): Der dich an eren wol bewar, | Mit allen trúwen wone big, | Din pfleger und geselle sig.
Ebd.
8981
: [ich] han den menschen nit erkant | [...], | Noch han im nút gewonet bi, | Als ir wænent das ich si!
Lemmer, Brant. Narrensch.
33, 38
(Basel
1494
): Wer lyden mag das syn frow sy | Jm eebruch / vnd er wont jr by | [...] | Den halt ich für keyn wysen nycht.
Haltaus, Liederb. Hätzlerin
1, 1, 38
(schwäb.
, 1471
): Vor senenden | Enden | Wendt sich all mein wunn; | Die sunn wont vns nachent bey. | Nun wach, gesell!
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
498, 27
(m/soobd.
, 1608
): daß die pauern daß unerbare beiwohnen den knechten und dürnen so fast wissentlich gestatten.
Kurz, Waldis. Esopus
2, 27, 87
; Neumann, a. a. O.
1401
; Gille u. a., a. a. O.
444, 25
; Sachs
17, 301, 20
; Kurrelmeyer, Dt. Bibel
2, 432, 8
Var.; Päpke, a. a. O.
2416
; 13342
; A. à S. Clara. Glori
25, 23
; Maaler
67v
; Henisch
268
; Dict. Germ.-Gall.-Lat.
69
; Dietz, Wb. Luther
1, 246
; Schwäb. Wb.
1, 819/20
; Barke, Spr. d. Chymie.
1991, 192
.3.
›an etw. aktiv oder beobachtend teilnehmen, (einer Feier) beiwohnen; sich an etw. beteiligen, etw. ausüben, bei etw. mitmachen‹.Späteres Frnhd.
Bedeutungsverwandte:
vgl. teilnemen
Syntagmen:
der hochzeit / inquisition / messe / predigt / prozession / schwentung / solennität, dem bergwerk / festtag / hochampt / turnier b
.; e. S. eifrig / emsig / fleissig b
.Wortbildungen:
beiwonung
Belegblock:
Chron. Magdeb.
2, 37, 5
(nrddt.
, 1565
/6
): desgleichen die beiwohnunge und Ceremonien der thumbkirchen.
Rosenthal. Bedencken
15, 30
(Köln
1653
): welche die Meß für ein teuffelische Abgoͤtterey halten / vnd sie dennoch Lesen oder ihr beywohnen?
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil.
21, 228, 3
(schles.
, 1667
): damit wir in befreiung dererselben dem lieben bergwerk desto embsiger und mit mehr bauender lust beiwohnen können.
v. Birken. Erzh. Österreich
69, 35
(Nürnb.
1668
): Rudolphus hatte dem Thurnier auch ein paar tage beygewohnt.
Eschenloher. Medicus
79, 15
(Augsb.
1678
): Procession (dero etlich tausend Menschen von Augspurgeren vnd Frembden beygewohnt).
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
441, 27
(m/soobd.
, 17.
/18. Jh.
): welcher nun auf die ansagung solcher schwentung nit beiwant oder ain schlechten pueben darzue schickt.
A. à S. Clara. Deo Gratias
8, 2
(Wien
1680
): dem H. Hoch⸗Amt mit gebogenen Knien andaͤchtigst beywohnte.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
101, 15
(mslow. inseldt.
, 1612
): dieśer aber leibeß śchwachheit halber śolcher Fahsion nicht beywohnen können.
Skála, Egerer Urgichtenb.
189, 4
; Weise. Jugend-Lust
142, 5
; v. Birken. a. a. O.
79, 16
; Eschenloher. a. a. O.
74, 14
; 80, 21
; Diefenbach
8a
; Preuss. Wb. (Z)
1, 503
.‒
Vgl. ferner s. v. abgarten
.4.
›jm. beistehen, helfen, mit jm. sein, hilfreich zugegen sein‹.Belegblock:
Chron. Köln
1, 183
(rib.
, Hs. 1. H. 15. Jh.
): sait anders wat vr wille sy, | der ouerste conync wont vns by.
Luther, WA
35, 464, 3
(1539
): Der Heilig Geist uns wone bey | Mit seinen gaben mancherley.
Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 18, 7
(Bautzen
1567
): Dein hülff die wohn vns armen bey.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
564
(alem.
, 1. H. 15. Jh.
): Tů nu das mir lieb sy, | So wil ich dir wonen by | Und von dir triben alles laid.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
33, 106
(oobd.
, 3. Dr. 14. Jh.
): o höchster trost, nu won uns pei | für zweifel und für ketzerei.
Kehrein, a. a. O.
1, 252, 1
; 6; Spechtler, a. a. O.
43, 24
.5.
›jm. innewohnen, eigen sein, jm. anhaften; über etw. verfügen; in jm. leben, jn. kennzeichnen; etw. enthalten; in etw. enthalten sein‹.Älteres und mittleres Frnhd.; nahezu ausschließlich Verstexte religiösen und didaktischen Inhalts.
Syntagmen:
jm. ere / hoffart / not / schuld / torheit / weisheit / liecht b., jm. gulden / urteil / zeichen b., got stärke b., dem glücke unfal b., der rede warheit b., dem schwebel flamme b., dem adel gerechtigkeit b., den klöstern geitigkeit b
.Wortbildungen:
beiwonung
Belegblock:
Fischer, Brun v. Schoneb.
2174
(md.
, Hs. um 1400
): wie wundirlich dise rede si, | ir wonet doch die ganze warheit bi.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob
4680
(omd.
, 1338
): Alsust Gote wandels vry | Wonet so groze sterke by.
Kehrein, Kath. Gesangb.
1, 272, 2
(Leipzig
1537
): O heylges liecht won vns bey, | Mach vns aller blyntheyt frey.
Gille u. a., M. Beheim
80, 218
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): wem die vir czaichen wonen peÿ, | der mag wol hoffen, das er sey | erwelt.
Mayer, Folz. Meisterl.
23, 70
(nobd.
, v. 1496
): Und gebst von deynem gut, weil es dein seye | Und dir das licht wan peye.
Ebd.
33b, 5
: Wem nit vil gulden wonen pey, | Der geb ein groschen oder drey.
Banz, Christus u. d. minn. Seele
989
(alem.
, 1. H. 15. Jh.
): Die kron und die nagel dry | Wonent dir nit recht by.
Päpke, Marienl. Wernher
1837
(halem.
, v. 1382
): Das wir liden muͤssen, | Die alte schulde buͤssen, | Dú úns armen vaigen | Beliben ist erbe und aigen | Und úns iemer wonet bi.
Koller, Ref. Siegmunds
330, 15
(Hs. um 1474
): ir edeln thüt darzü und thüt ewer adelschafft gnück! gerechtigkeyt soll dem adel pey wonen.
Guth, Gr. Alex.
3136
(Hs. ˹oobd.
, E. 14. Jh.
˺): Daz mich dunkt, dir wone pey | Uberige hoffart.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
1, 57
(oobd.
, 3. Dr. 14. Jh.
): flamm wont dem swebel pei.
Schülke, Geistl. Gemahelsch.
1457
(moobd.
, Hs. 15. Jh.
): Ob es güt oder übel gewesen sey, | darnach want ewch urtail pey.
Reithmeier, B. v. Chiemsee
60, 3
(München
1528
): hat er [menschlicher geist] doch sein vbernatürlich leben, das ist gotlicher gnaden beywonung, nit gehabt, sonder erst in seiner tauf erlangt.
Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
919
; Gille u. a., a. a. O.
241, 66
; Fischer, Folz. Reimp.
27, 7
; Päpke, a. a. O.
5770
; Lemmer, Brant. Narrensch.
66, 111
; Sappler, H. Kaufringer
3, 322
; 4, 124
; 25, 96
; Weber, Füetrer. Poyt.
55, 7
.