5
bar,Adj.;
zu
mhd.
bar
›nackt, bloß‹
(Lexer
). 1, 125
BMZ
setzen dieses Adj. zur Wurzel von 1, 140
beran
, damit läge Wurzelgleichheit mit 1
bar
vor. Die neueren etymologischen Wörterbücher nehmen für bar
›nackt‹
eine eigene Wurzel an (z. B. Kluge/S.
; 1989, 59
Lloyd/Springer
; wie 1, 465
BMZ dagegen
Splett, Ahd. Wb.
).1, 1, 42
1.
›frei von etw.‹; bei negativer Bewertung der Bezugsgröße: ›e. S. entledigt, enthoben‹, bei positiver Bewertung: ›e. S. beraubt, ohne etw.‹.Älteres und mittleres Frnhd.; Verstexte.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ansichtig
augenscheinlich
1
bärlich
Syntagmen:
jn. b. geben
›jn. preisgeben‹, jn. lebens b. machen
›jm. das Leben nehmen‹, jn. e. S.
(z. B. windeln
) b. machen
›jm. etw. ablegen‹, jn. b. machen
›jn. ganz ausnehmen‹, e. S.
(Gen.) b. sein
›von etw. (negativ Bewertetem) frei sein‹; leides / leidens / sorgen / schanden / siechtums / tadels / wandels / meiles / zweifels / unmutes / freuden / saelden / wonnen / trostes / schlafens / schwertes b.
; an freuden b.
Belegblock:
Kehrein, Kath. Gesangb.
3, 105, 1
(o. O. 1517
): Der schamlich Judas [...] | [...] kam mit der schar | Der blůthund, das er jn [Christus] geb bar.
Kochendörffer, Tilo v. Kulm
4284
(preuß.
, 1331
): daz di sunne clar | Wart der werlde schinen bar.
Matthaei, Minner. I,
13, 10
(Hs. ˹wobd.
, 15. Jh.
˺): ich nam ouch ir klaider war, | die warn ouch gar wandels bar.
Adrian, Saelden Hort
1570
(alem.
, Hss. E. 14.
/15. Jh.
): maches [kind] windellinen bar, | du heb es uf und leg es nider.
Koppitz, Trojanerkr.
3984
(Hs. ˹noschweiz.
, 15. Jh.
˺): ain schweres castalan: | Ze den brüsten waz es michel gar, | Sin gebaine wandels bar.
Niewöhner, Teichner
497, 42
(Hs. ˹oschwäb.
, 1368
˺): ee macht ich all min holden par | und nim ez dacz den juden uzz.
Sappler, H. Kaufringer
26, 110
(schwäb.
, Hs. 1472
): gott schuof ee leiden auß nichten zwar, | ee er sein fründ liess leidens par.
Primisser, Suchenwirt
3, 128
(oobd.
, 2. H. 14. Jh.
): Daz swert daz hiet er pei dem spitz | Unwerlich und ummütes par.
Spechtler, Mönch v. Salzb.
7, 2
(oobd.
, 3. Dr. 14. Jh.
): mueter hailes, | vas erkesen, vas par mailes.
Fichtner, Füetrer. Trojanerkr.
361, 2
(moobd.
, 1473
/8
): Allerst sy auff ihn drungen, | do er stuend schwertes par.
Weber, Füetrer. Poyt.
19, 6
(moobd.
, 1478
/84
): der synnet, | wie er euch mache lebens par.
Matthaei, a. a. O. I,
7, 96
; 8, 678
; Thiele, Minner. II,
22, 18
; Schützeichel, Mrhein. Passionssp.
1216
; Mone, Adt. Schausp.
1, 1388
; Pyritz, Minneburg
3384
; 4956
; Wiessner, Wittenw. Ring.
4021
; 4349
; 6108
; Sappler, a. a. O.
16, 716
; 25, 44
; Kummer, Erlauer Sp.
6, 380
; Niewöhner, a. a. O.
346, 36
; Primisser, a. a. O.
6, 106
; Klein, Oswald
20, 96
; Munz, Füetrer. Persibein
386, 2
; Weber, Füetrer. Poyt.
238, 4
; Wmu
144
; Stackmann u. a., Wb. zur Gött. Frauenlob-Ausg.
1990, 18
.2.
›offenbar, für jedermann erkennbar, klar ersichtlich‹.Älteres und mittleres Frnhd.; Verstexte.
Bedeutungsverwandte:
vgl. ansichtig
augenscheinlich
1
bärlich
Belegblock:
Kurz, Waldis. Esopus
1, 90, 101
(Frankf.
1557
): Zuletst kompt einer, der thut bericht, | Deckt auff sein sach vnd macht sie bar.
Hübner, Buch Daniel
4534
(omd.
, Hs. 14.
/A. 15. Jh.
): Blicke warf er stetlich dar, | Als im diz wart gentzlich bar.
Ebd.
6430
: daz ich dir bar | Sal machen Gotis willen.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob
2049
(omd.
, 1338
): Dar uz man daz besluzet bar | Und ist sicherlichen clar.
Ebd.
5989
: Uzwendig wol dy zeichen bar | Bynnen dine hochvart zwar | Bewisen an dir besunder.
Bartsch, Reinfrid
4982
(halem.
, Hs. 14. Jh.
): [er] maht ir mit dem munde bar | sînes herzen ungemach.
Ebd.
5007
: waz in der hütten dort beschach, | zwâr ez mües ir werden bar.
Bächtold, N. Manuel. Zugabe N. Manuel
412, 666
(Zürich
1523
/6
): Es můss alls ligen blutt und bar!
Schwäb. Wb.
1, 631
; Schweiz. Id.
4, 1433
.3.
›rein, klar, lauter, unverfälscht‹; von Sachen (z. B.: Salz): ›gediegen, unvermischt‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. ameil
Wortbildungen:
barkupfer.
Belegblock:
Kochendörffer, Tilo v. Kulm
2055
(preuß.
, 1331
): Wi er si so uber riech | [...] | Oppher und irbyte bar.
Ebd.
5339
: Mit der menschheit, di er bar | Enphing von der meide clar.
˹Mit präd. Attr.: Helm, Maccabäer
6296
(omd.
/nrddt.
, Hs. A. 15. Jh.
): er reinigte die huser bar | von den abgoten allen sa.
˺
Karsten, Md. Paraphr. Hiob
9866
(omd.
, 1338
): daz er nicht wankt um eyn har | An Gotes vorbesichte bar | Und halde daz mit sicherheit.
Bihlmeyer, Seuse
423, 1
(alem.
, 14. Jh.
): rehtú senftmuͤtikeit, ordenliche bescheidenheit einer baren notdurft.
Jostes, Eckhart
55, 25
(14. Jh.
): Daz ist ein bar anbeten, so di obern creft gericht sint in mich.
Helm, Maccabäer
1486
; Bihlmeyer, Seuse
261, 21
; Henisch
186
; Schwäb. Wb.
1, 647
; Schweiz. Id.
4, 1433/4
; Öst. Wb.
2, 304
.4.
›nackt, bloß, unverhüllt‹; je nach Bezugsgröße: ›barhäuptig (von Personen)‹; ›entblößt (z. B. von der Brust)‹; ›bloß, gezückt (vom Schwert)‹.Syntagmen:
b.
(›barhäuptig‹) gehen / sitzen, b.
(in leichter Kleidung‹) laufen, das schwert b. über jn. zücken
; b. brüste
(Gen.); b. bein / haupt / knie / schwert
(letzteres mehrmals).Belegblock:
Kurz, Waldis. Esopus
1, 95, 12
(Frankf.
1557
): Da saß der Reuter kal vnd bar.
Karnein, Salm. u. Morolf
64, 18
(srhfrk.
, Hs. um 1470
): sie gingent mit iren heubtern bar.
v. Liliencron, Dür. Chron. Rothe
56, 24
(thür.
, 1421
): der sie mit barem swerte zu bleibene zwangk.
Stackmann u. a., Frauenlob
1, 10, 19
(Hs. ˹alem.
, 14. Jh.
˺): daz sie sich gerüste | bar brüste | zu der lüste.
Enders, Eberlin
1, 109, 33
(Basel
1521
): Das jung volck mag keglen, schiessen, barr louffen oder kurtzwilig comedias fürhalten.
Koppitz, Trojanerkr.
11277
(Hs. ˹noschweiz.
, 15. Jh.
˺): dü küngin lobesan | Sich uff iere bare knye | Ze der erden für den jungen lie.
Gereke, Seifrits Alex.
5412
(oobd.
, Hs. 1466
): die ir chlaider an den stunden | zugen ab und swummen hin | und fuerten parew swert mit in.
Munz, Füetrer. Persibein
506, 4
(moobd.
, 1478
/84
): ain schwert all pares trúeg er [Persibein] in seiner hannd.
Piirainen, Stadtr. Sillein
140b, 30
(sslow. inseldt.
, 1378
): daz daz dy ivnkfrauwe mit barem haubte vnd mit gestraubtem har [...] chvmpt.
Hübner, Buch Daniel
7808
; Klein, Oswald
4, 42
; Türk, Wortsch. Dietr. v. Gotha.
1926, 8
; Rwb
1, 1230
; Preuss. Wb. (Z)
1, 398
; Schweiz. Id.
4, 1433
.5.
›sogleich, sofort (adv.); entschlossen, schnell und ohne Skrupel handelnd (adj.)‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. augenbliklich
Belegblock:
v. Keller, Amadis
377, 18
(Frankf.
1571
): Ich wolt lieber also bar sterben, als daß ich ein einige stund frieden mit dir haben solt.
Karsten, Md. Paraphr. Hiob
420
(omd.
, 1338
): Nach dem mittel dis buches bar | Kumt der junge Elyu | Kegen Job aber von nuwens nu | Gar stoltzlich zu gesprenget.
Helm, Maccabäer
12253
(omd.
/nrddt.
, Hs. A. 15. Jh.
): von iener vesten zouch er bar | mit allem sime volke gar.
V. Anshelm. Berner Chron.
4, 309, 27
(halem.
, n. 1529
): der wolbekant her Dativus von Frankrich was bar und schlief nit.
Tittmann, Schausp. 16. Jh. Funk.
184, 338
(Bern
1551
): was eins jetz bar wol haben mag, | als fröud und mut und gute tag, | wer din rat, dass eins faren ließ.
v. Keller, a. a. O.
382, 40
; Crecelius
1, 92
.6.
›bar, in materiell vorhandener Münze, barem Geld verfügbar‹.Bedeutungsverwandte:
bereit
Syntagmen:
etw. b. haben / empfangen / herausgeben / teilen / zalen / versprechen, jn. b. zalen, wechsel b. gegen b. geben
; bares auf bares setzen
; b. geld
(dieser Ausdruck ist nur teilweise flektiert, tendiert also zum Kompositum: bargeld
), b. gold, b. bezalung / münze, b. pfenning.
Wortbildungen:
barlegen
Belegblock:
Kopp, Volks- u. Gesellschaftsl.
21, 43
(Hs. ˹pfälz.
, M. 16. Jh.
˺): ob es schon feldt | an barem geltt.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
157, 29
(omd.
, 1554
/1633
): uf armen zechen an zubueß nicht soviel bahr gelt uber die notturft der zechen eingebracht wardt.
Luther. Hl. Schrifft.
2. Kön. 12, 11
(Wittenb.
1545
): man gab das Gelt bar vber denen / die da erbeiten.
Weise. Jugend-Lust
154, 23
(Leipzig
1684
): wofern nicht drey Millionen Goldes baar ausgezahlet werden.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil.
21, 230, 24
(schles.
, 1670
): weil ich zur zeit der baaren mittel entblöset.
Köbler, Stattr. Fryburg
123, 32
(Basel
1520
): ob er etwas schuldig würdt / das sol er bar bezalẽ.
Hampe, Ged. v. Hausrat
2, 6, 15
(nürnb.
, 1544
): Die Hebam mustw zalen par | Die kellnerin hat auch kain spar.
Sachs
17, 339, 34
(Nürnb.
1563
): Sieben gülden die hett er bar, | Lauter erbettelt gelt fürwar.
Merk, Stadtr. Neuenb.
306, 10
(nalem.
, 1535
): als von Antorff die wexel par umb par gen Augspurg gangen.
Wickram
4, 35, 20
(Straßb.
1556
): wolt ich all mein hab und gůt in Hispanien zů barem gelt machen.
Rennefahrt, Staat/Kirche Bern
198, 34
(halem.
, 1487
): was vigilien mit barem gelt ingemeind uszůrichten gebuͥrren.
Rennefahrt, Wirtsch. Bern
46, 19
(halem.
, 1625
): das die metzger, was sy par versprechend, par zalen.
Henisch
186/7
(Augsb.
1616
): Gleich bar / gleich zugegen [...], præsente pecunia, [...]. Was du redest / das mach war / Was du kauffest / das zahl bar. [...]. Bargelt hat manchen kauff schlecht gemacht. Ein gesunder starcker leib / Ein schoͤn Gottseelig weib / Gut geschrey vnd bar gelt / Jst das best in dieser Welt. Glaub ist besser / dann bar gelt. Thewrer geben auff borg / denn vmb bar gelt / heist Gott sein zeit verkaufen. Wenig bar gelt / macht gnaw zehren.
Kopp, a. a. O.
66, 148
; Sachs
14, 84, 17
; Barack, Teufels Netz
9022
; Goedeke, P. Gengenb.
127, 374
; Loose, Tuchers Haushaltb.
176, 9
; Rennefahrt, Statut. Saanen
20, 9
; ders., Staat/Kirche Bern
204, 39
; Welti, Stadtr. Bern
475, 18
; Schlosser, H. v. Sachsenh.
2914
; 5889
; Chron. Augsb.
7, 153, 22
; Nyberg, Birgittenkl.
1, 209, 25
; Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu.
2, 697, 20
; Winter, Nöst. Weist.
1, 666, 12
; Rechn. Kronstadt
3, 77, 2
; 132, 27
; Qu. Brassó
5, 159, 13
; Grothausmann, Stadtb. Karpfen
8, 16
; 62, 20
; 75, 20
; 151, 25
; Dasypodius
292r
; Schöpper
83b
; Maaler
48v
; 50r
; 88r
; Hulsius
A iijv
; Henisch
187
; Wmu
144
; Haltaus
103
; Dietz, Wb. Luther
1, 208
; Trübner, Dt. Wb.
1, 228
; Rwb
1, 1231
; 1237
; Preuss. Wb. (Z)
1, 398
; Pfälz. Wb.
1, 570/1
; Schweiz. Id.
4, 1433
; Schirmer, Kaufmannsspr.
1911, 28
; Dahl, Rostocker Kanzlei.
1960, 181
; Dückert, Norm lex. Ebene.
1976, 195/6
; Baumann-Zwirner, Augsb. Volksb.
1991, 507
.