ausscheiden,
V.,
unr.; in diesem Lemmaansatz werden 4
Semantisch und morphologisch sind diese mittelhochdeutschen Verben in frühneuhochdeutscher Zeit nicht mehr durchgehend trennbar. In der Flexion dominiert die Bildung nach der Ablautklasse VII: im Part. Perf. haben etwa 2 Drittel aller Belege mhd.
Verben zusammengefaßt: scheiden
›sondern, trennen; fortgehen‹
, scheiden
›trennen, teilen‹
, schîden
›auseinandergehen, scheiden‹
, schiden
›scheiden, trennen‹
(Lexer
).2, 684
; 686
; 722
-ei-
, daneben begegnet obd. mehrfach -ie-
, einmal ist die regelmäßige Form ausgescheidet
belegt; vgl. Dammers u. a., Flexion der st. und schw. Verben.
ff.1988, 302
1.
›jn. verlassen, von jm. weggehen; wegziehen, wegreisen‹; ütr.: ›aus der festgesetzten ehelichen Gütergemeinschaft austreten‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. abscheiden
aufgeben
Wortbildungen:
ausscheidung
Belegblock:
Steer, W. v. Herrenb. Büchl.
504
(pfälz.
, 1436
): der in der liebe gottes nicht fůnden wirt jn siner usscheidunge durch den tot von dieser werlt.
Päpke, Marienl. Wernher
12693
(halem.
, v. 1382
): E das nu sant Johan | Schiede von der maget us, | Er tet si inain ander hus.
Chron. Augsb.
2, 104, 11
(schwäb.
, Hs. 16. Jh.
): als ich von Memingen außschied von meinen freunden [...], da kam ich gen Mindelhaim.
Bastian, Runtingerb.
2, 301, 21
(oobd.
, 1397
): waz ich Haͤnnslein dem Ernst enpfolhen han, do ich hie auzschied.
Rwb
1, 1087
.2.
›jn. aus einer Gruppe in besonderer Weise behandeln‹; bei negativer Qualität der Bezugsgröße oder -handlung: ›jn. (auch z. B.: die Seele) verwerfen, verdammen‹; als Part. Prät.: ›verworfen, verdammt, abgefallen‹; bei positiver Qualität: ›ausgezeichnet, herausgehoben‹; an die allg. Variante anschließbar: ›jn. erbrechtlich abfinden‹.Bedeutungsverwandte:
aussteuern
beraten
antieren
ausrichten
ausrichten
Wortbildungen:
ausscheidung
Belegblock:
Große, Schwabensp.
215, 1, 10
(Hs. ˹nd.
/md.
, um 1410
˺): De joden sůlen ioden hode vppe tragen, Swa se in den steten sin; da mite sint se vz gescheiden, daz man se bi irkenne.
Vetter, Pred. Taulers
208, 23
(els.
, 1359
): in den [lúte] enist der heilig geist nút, und sint Gotz lider nút, wan si sint us gescheiden.
Rieder, St. Georg. Pred.
25, 6
(Hs. ˹önalem.
, 1387
˺): da mit git er ze erkennend daz er nit ainen us schaidet von den andren.
Chron. Augsb.
1, 279, 17
(schwäb.
, E. 15. Jh.
): erhůb sich ain volck in dem land Europa als oben stat, das was auß geschayden vor ander volck an sterck.
Niewöhner, Teichner
442, 102
(Hs. ˹moobd.
, 1360
/70
˺): wa dw sel wıͤrt ausgeschiden, | da ists totz und lebens laͤr.
Karnein, de amore dt.
97, 4
(moobd.
, v. 1440
): der müs mit manigen tugennden [...] verr für annder leüt ausgeschaiden sein.
Rwb
1, 1086/7
; Schweiz. Id.
8, 243
.3.
›jn. von etw. ausschließen, ausnehmen; etw. ausnehmen, für etw. eine Ausnahme machen‹; hier anzuschließen die rechtliche Verwahrformel: alle gefärde / arglist, nichts
(u. ä.) ausgescheiden.
Bedeutungsverwandte:
˹ausnemen
ausziehen
bedingen
hintansetzen
vorbehalten
ausmustern
ausgeschlossen
Syntagmen:
jn. aus dem friede a.
Belegblock:
Merk, Stadtr. Neuenb.
79, 34
(nalem.
, 1491
): alle geverde und arglist harin genzlich vermiten und usgescheiden.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
276, 41
(m/soobd.
, 15. Jh.
): das ain hern vorbehalten seiner rechten und ain brobst der das besigeln solt, darinn ausgeschiden und von alter nicht herkomen ist.
Rwb
1, 1086
; Preuss. Wb. (Z)
1, 325
; Crecelius
1, 71
; Schweiz. Id.
8, 244
.4.
›etw. von etw. anderem trennen und gesondert behandeln‹; im negativen Sinne: ›etw. (z. B. minderwertiges Getreide) aussondern‹; als Euphemismus: ›etw. stehlen‹; bei positiv bewerteter Behandlung: ›jm. etw. zuteilen, vermachen‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. ausmustern
ausschieden
Wortbildungen:
ausscheidung
Belegblock:
Dinklage, Frk. Bauernweist.
118, 2
(nobd.
, um 1503
): so eyner [...] kraut außgeschieden hat freventlich, ist die bueß 10 ℔.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
230, 38
(m/soobd.
, 15. Jh.
): ob aber jemand daran abbruch thete oder mit arg ausgeschiden werdt.
Haltaus
81
; Rwb
1, 1086
.5.
als part. Adj. ausgescheiden
: ›wider Erwarten, gegen die Regel, ausnahmsweise‹.Belegblock:
Vetter, Pred. Taulers
305, 9
(els.
, 1359
): blibe denne eins menschen acker usgescheiden trucken und dúrre.
6.
›etw. von etw. anderem unterscheiden‹.Belegblock:
Helm, H. v. Hesler. Apok.
13607
(nrddt.
, 14. Jh.
): Irretumes list her brichet | Und scheidet uz die warheit | [...] | Von der irdachten lugene.
Ebd.
20092
: Iz [kint] enkunne dan uz scheiden | Waz gut und ubel getan si.
7.
›etw. (z. B. ein Grundstück) durch Zeichen abgrenzen, kenntlich machen‹; hier anschließbar die im Rwb einmal belegte Bed. ›eine Straße aushauen‹
(Rwb
; a. 1417).1, 1086
Bedeutungsverwandte:
vgl. ausreinen
auszeichnen
Syntagmen:
den hof, die almende / strasse, das ziel a., etw. mit marksteinen / zeichen a.
Belegblock:
Welti, Stadtr. Bern
200, 7
(halem.
, E. 14.
/A. 15. Jh.
): als das mit marchsteinen was vsgezeichent vnd vsgescheiden.
Schweiz. Id.
8, 243
.8.
›etw. anberaumen, festsetzen‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. anmahelen
ansehen
ansetzen
anstellen
Wortbildungen:
ausscheidung
Belegblock:
Mollwo, Rotes Buch Ulm
231, 27
(schwäb.
, um 1420
): das in ainem ieglichen conmun und versamnung der stette von ussschaidung der geschrift und natuͥrlicher gesetzt billichen gemainer nutze angesehen wirt.
Winter, Nöst. Weist.
2, 747, 24
(moobd.
, 1641
): ain rechttag solle ime außgeschaiden werden.
9.
›etw. (z. B. eine Streitsache) endgültig entscheiden; etw. definitiv festsetzen‹.Bedeutungsverwandte:
ausrichten
Syntagmen:
das urteil, die richtung a.
Belegblock:
Schweiz. Id.
8, 243
(a. 1327
; 1400
).