aufsehen,
V., unr. abl.
(Bed. 1; 5); subst.: das
;-s/
– (Bed. 2 und 3, mit der Mehrzahl der Belege 4; 6).
1.
›nach oben schauen, in die Höhe sehen, aufsehen, aufschauen; hinsehen‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. aufblicken
Belegblock:
Luther. Hl. Schrifft.
Hebr. 12, 2
(Wittenb.
1545
): auffsehen auff Jhesum / den Anfenger [...] des glaubens.
Ebd.
Mt. 14, 19
: [Jhesus] sahe auff gen Himel / vnd dancket.
Ebd.
Lk. 13, 11
: [ein Weib] war krum / vnd kunde nicht wol auffsehen.
Gerhardt, Meister v. Prag
112, 16
(nobd.
, Hs. 1477
): da sie auf sahen da sahen sie den stein abgewelczet.
Päpke, Marienl. Wernher
9683
(halem.
, v. 1382
): Mit súnfczen wainende si uf sach, | Zo botten si mit jamer sprach.
Kummer, Erlauer Sp.
3, 735
(m/soobd.
, 1400
/40
): Sich auf, du alter simant, | ez choͤment her drei fraun gerant.
Luther, a. a. O. Sir.
13, 32
.2.
›Hoffnung, Erwartung, Zuversicht, die man auf e. P. oder e. S. setzt‹; Ütr. zu 1.Bedeutungsverwandte:
vgl. adelanker
anstand
aufenthalt
Belegblock:
Luther, WA
32, 31, 30
(1530
): das wir das grost und meiste auffsehen auff die verheissungen haben.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
168, 17
(oobd.
, 3. Dr. 15. Jh.
): nicht allain die statt, sunder annder geschlosser vil, die ir auffsehen mit hillff und beschuttzung auf die Newstat gehabt haben.
Leidinger, V. Arnpeck
637, 10
(moobd.
, v. 1495
): so het der herzog und auch der punt zuflucht und aufsechen zu dem kayser.
3.
›Ansehen, Achtung, Respekt, Hochachtung, Wertschätzung, die e. P. (meist) oder e. S. (vereinzelt) entgegengebracht werden‹; Ütr. zu 1.Bedeutungsverwandte:
vgl. andacht
ansehen
das
) 7.Belegblock:
Schade, Sat. u. Pasqu.
3, 79, 2
(1524
): daß diser fürst [...] bei seinen verwonten oder unterthonen löblich, erlich, auch in großem aufsehen gehalten würt.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
85, 22
(oobd.
, 3. Dr. 15. Jh.
): zway machtige geschlacht an guet, daran die ganntz stat auffsehen hett.
Ebd.
136, 7
: etlich pawren hetten ir aufsehen vil mer auff die, dy nicht zu den zeytten gaben, dan auff die, dy gern gaben.
Roth, E. v. Wildenberg
153, 10
(moobd.
, v. 1493
): all umbligende land und fürsten hetten gros aufsehen auf diesen fürsten.
Chron. Augsb.
2, 72, 17
; Voc. Teut.-Lat.
b iiijv
; Maaler
36r
; Volkmar
532
; Schweiz. Id.
7, 549
.4.
›Acht auf etw., Beachtung, Aufmerksamkeit, die jm. zuteil werden oder die jemand e. P. oder e. S. zuteil werden läßt‹; auch: ›Rücksicht auf etw./jn.‹; metonymisch: ›zu beachtende Tatsache‹ (z. B. ›finanziell anrechnungsfähige Leistung‹; ›rechtlicher Beweis‹); verbal: ›auf etw. aufpassen, achtgeben, etw. sorgfältig im Auge behalten, beachten; um etw. Sorge tragen‹; offen zu 5 und 6.Zu einem erheblichen Teil Texte der Mystik.
Bedeutungsverwandte
(zur Subst.): wart
1
acht
achtbärigkeit
achtnis
achtsamkeit
advertenz
anschauelichkeit
ansehung
1
achten
achthaben
Syntagmen
(zur Subst.): ein a. haben
(oft) / geben
; a. zu etw.
(z. B. dem kleinod
), a. an jn.
(z. B. got, könig, keiser
), a. auf etw.
(z. B. die kreatur / neigung, den gemeinen nuz
), a. auf jn.
(z. B. die auserwälten, die geistlichkeit
), a. des gewerbes
; das a. der bürger
; fleissiges a.
; zum verbalen Gebrauch: a., das [...]
; jn. a. lassen
; aufsehender mensch.
Belegblock:
Quint, Eckharts Pred.
2, 265, 5
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): Dâ er geborn ist, dâ enhât er kein ûfsehen noch kein anesehen an got.
Ders., Eckharts Trakt.
401, 7
(E. 13.
/A. 14. Jh.
): alle tugende hânt etwaz ûfsehennes ûf die crêatûre, sô stât abegescheidenheit ledic aller crêatûren.
Ebd.
406, 3
: Volkomeniu abegescheidenheit enhât kein ûfsehen ûf keine neigunge.
Jungbluth, J. v. Saaz. Ackermann
19, 8
(Hs. ˹omd.
, 1465
˺): der sol gar eben aufsehen, das im nicht unwillen darnach begegen.
Fischer, Folz. Reimp.
14, 188
(Nürnb.
um 1520
): Do sprach die fraw: „was, numerdum, | Wolt ir uns darmit erst andrehen?“ | Ich sprach: „ich laß euch drum auffsehen“.
Vetter, Pred. Taulers
186, 7
(els.
, Hs. 1359
): es si almuͦsen, er enhabe ie ein ufsehen das im dannan ab werde.
Strauch, Schürebrand
14, 26
(els.
, E. 14. Jh.
): zuͦ dem süllent ir uwer hertze [...] keren one alles ufsehen der weltlichen hertzen gewerbe.
Ebd.
39, 26
: in welicheme er merckete keinre leige neiglicheit oder ufsehendes zuͦ keime sime kleide oder kleinoͤter.
Bolte, Pauli. Schimpf u. Ernst
1, 46, 6
(Straßb.
1522
): da reit er mit 16 Pferden wie ein Graff und het kein Uffsehen uff die Geistlicheit.
Barack, Zim. Chron.
1, 260, 40
(schwäb.
, M. 16. Jh.
): seitmals sie ain besondere wart und ain ufsehens uf ain römischen künig oder kaiser sollten haben.
Maaler
10r
; Schwartzenbach
B jr
; Rwb
1, 945
; Schwäb. Wb.
1, 419
; Schweiz. Id.
7, 549
f.5.
›(einer Wöchnerin) aufwarten, jn. aufmerksam versorgen‹; Spezialisierung zu 4.Bedeutungsverwandte:
vgl. abwarten
ammen
Belegblock:
Chron. Nürnb.
5, 627, 4
(nobd.
, 1500
): da sind vier weiber dapei gewesen [...] und ain mumen, hat ir aufgesehen oder aufgampt.
6.
›Aufsicht, Kontrolle über etw./jn., überwachende Beobachtung e. S., besorgte Hut e. P., Augenmerk auf etw.‹; vorwiegend für die Schweiz belegt in spezialisierter Verwendung für einen staatsrechtlich relevanten Tatbestand: ›Wahrnehmung des gegenseitigen Interesses gegenüber äußeren und inneren Feinden‹; verbal: ›jn./etw. aufmerksam beaufsichtigen, auf etw. kontrollierend aufpassen‹.Bedeutungsverwandte:
1
acht
aufmerken
gutachtung
spähe
wache
1
achtung
absicht
Syntagmen
˹oft: a. haben
+ Konjunktionalsatz mit das
oder damit
oder Infinitivsatz mit zu
˺, auch: aufsehens haben
, ˹seltener: a. anstellen / geben / machen / tragen / tun
˺; a. zu etw.
(z. B. dem dienst, der haushaltung
), a. auf etw.
(z. B. das gewicht / mas, die wage
), a. auf jn.
(z. B. den feind, das volk
), a. im lande
; fleissiges
(mehrfach) / geflissenes, gemeinliches / grosses / gutes / steifes / treues a.
, in staatsrechtlicher Formel: getreues a.
Ra.: wo fiel aufsehens, da ist fiel furcht.
Belegblock:
Schade, Sat. u. Pasqu.
2, 98, 8
(o. O. 1521
): daß ir [...] aigentlich aufsehen habt, ob etwas von den laien wider euch [...] fürgenomen wolt werden.
Luther, WA
30, 2, 597, 27
(1530
): sie wolten hierinn sampt mir ein vleissig auffsehen auff das volck haben.
Ders. Hl. Schrifft.
Hiob 10, 12
(Wittenb.
1545
): Leben vnd wolthat hastu [Gott] an mir gethan / vnd dein auffsehen bewart meinen odem.
Thür. Chron.
11r, 29
(Mühlh.
1599
): 70 Ritter / die solten im Lande ein Auffsehens haben.
Löscher, Erzgeb. Bergr.
77, 45
(omd.
, 1609
): Es soll auch der berckgeschworne [...] bey dem aufbereiten [...] in der hutten sein, fleißig aufsehen.
Bernoulli, Basler Chron.
6, 136, 7
(alem.
, 1530
): Ward ouch dem thorwaͤchter [...] ein fronvastengelt geben, ein uffsechen daruff ze haben.
Bachmann, Haimonsk.
104, 11
(halem.
, 1530
): Hett gott nŭt ein uffsächen uff sy gehäben, so werend sy dem tod nŭt enttrunnen.
Welti, Stadtr. Bern
437, 29
(halem.
, 1534
): söllend vnser venner [...] acht vnd ufsechens haben, wär hiewieder handlen [...] werde.
Jörg, Salat. Reformationschr.
340, 14
(halem.
, 1534
/5
): deshalb die von Glarus [...] sich rustend die Werdenberger zuͦ zwingen / jnen / was sj schuldig werend, zegeben / und sj mit gwallt ghorsamm zuͦ machen, deshalb die andern ortt um ein trüw ufsechen ervordertend.
Ebd.
371, 2
: Es begertend ouch die von Schwytz / von wegen vil ungschickter hendlen / ein trüw uffsechen zuͦ den andern vier orten.
Mell u. a., Steir. Taid.
18, 36
(m/soobd.
, 1568
): darob dan [...] der verweser mit ernst halten, auch der richter sein aufsehen haben sol.
Schade, a. a. O.
1, 57, 88
; Bernoulli, a. a. O.
459, 23
; Kottinger, Ruffs Etter Heini
2247
; Chron. baier. Städte. Regensb.
58, 28
; 157, 21
; Turmair
4, 325, 6
; 625, 14
; Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
21, 17
; 157, 47
; Piirainen, Stadtr. Kremnitz
111
; Dietz, Wb. Luther
1, 144
; Trübner, Dt. Wb.
1, 151
; Maaler
288v
; Rwb
1, 945
; Preuss. Wb. (Z)
1, 258
; Pfälz. Wb.
1, 399
; Schwäb. Wb.
1, 419
; Vorarlb. Wb.
1, 159
; Schweiz. Id.
7, 549
f.