1
aufbrechen,V., unr. abl.
1.
›etw. (einen Brief, ein Siegel) öffnen‹.Bedeutungsverwandte:
aufmachen
auftun
erbrechen
eröfnen
Belegblock:
Bernoulli, Basler Chron.
5, 253, 30
(alem.
, 1445
): das ir keiner sollich brief hinnenfúr uffbraͤche.
Welti, Stadtr. Bern
284, 4
(halem.
, 1439
/50
): Wir der schultheiz [...] haben angeseͣhen [...], als vͥnser vordern vnd ouch wir beide herren, stetten, lendern [...] vil vnd dick vͥns fuͥr si vmb groß jerlich guͥlt verbriefft vnd die zuͦ iren handen vffgebrochen hant.
Müller, Nördl. Stadtr.
30, 13
(schwäb.
, 1348
/50
): daz kain burger kainen brief, der beschlossen ist, ufbrechen sol.
Maaler
31r
; Ulner
44
; Rwb
1, 853
.2.
›etw. (js. Grenzzeichen, Einfriedungen) abbrechen, einreißen, ausgraben‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. abgraben
Wortbildungen:
aufbrechung.
Belegblock:
Küther, UB Frauensee
275, 40
(thür.
, 1495
): Wan auch eyn fischer den sehe vormechte, das die obgenanten mit irem vyhenn darynn nicht kommen mochtenn, sollenn dy gedachtenn lyge unnd igklichs besundernn die macht habenn, dennselbenn uffzubrechen unnd abzcurumenn.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
25, 15
(m/soobd.
, Hs. 17. Jh.
): Eß sol kainer dem andern sein anger noch zeun nit aufprechen.
Ebd.
25, 20
: wellicher dem andern sein marchstain oder gemerkt aufbricht.
Ebd.
44, 1
(Hs. 1508
): Welher ainer dem andern aufpräch in sein feldern, es wär mit farn, reiten oder anders.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
119, 20
(mslow. inseldt.
, 1523
): ob irgend auf Prech, iśt er śchuldig flaiśśig wieder Zue Zumachen.
Bischoff u. a., a. a. O.
476, 43
; Schweiz. Id.
5, 327
.3.
›etw. (z. B. ein Haus, einen Opferstock, ein Türschloß) mit Gewalt aufbrechen‹; offen zu 4.Phraseme:
jm. das maul a.
›jn. zum Reden bringen‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. 2
aufboren
aufdringen
aufhacken
aufhauen
aufgeboren
Syntagmen:
den keller / stadel / almei / stok, das haus / schlos
(je mehrmals) / gut / gadem / gemach / zimmer, die truhe / türe / kirche a.
Wortbildungen:
aufbrecher.
Belegblock:
Kisch, Leipz. Schöffenspr.
737, 3
(osächs.
, 1523
/4
): Wie einer einen in seinem haus erschlug, der bei nacht [...] ime sein gemach aufbrach.
Skála, Egerer Urgichtenb.
72, 16
(nwböhm.
, 1570
): hab Ime das Ploewerg vnd Casten so vndten gemauert Erbrochen, Zwue Thurn vnd 1 (Tr)Truchen vfbrochen mitt ein PflugSeeg.
Gille u. a., M. Beheim
193, 23
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): wer das slos czu dem erst auf prech.
Ebd.
453, 1628
: die kirchen unde daz gocz hauss | Sy auff brachen und namen | die gotes zird alsamen.
Sappler, H. Kaufringer
4, 45
(schwäb.
, Hs. 1464
): guotkeler und kraumgaden | si aufprachen maisterleich.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 246, 4
(schwäb.
, 1546
): Welcher dem andern [...] sein hauß oder schloß frävenlich aufbricht.
Auer, Stadtr. München Anh.
7, 12, 1
(moobd.
, 1. H. 14. Jh.
): Swer ainen stadel ufprichet, der geit civ. i. lib. jud. tm.
Bastian u. a., Regensb. UB
83, 12
(oobd.
, 1356
): daz ich irn stokch het aufgeprochen und daran mich begriffen het.
Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
182, 11
(oobd.
, 3. Dr. 15. Jh.
): Sy vingen das volck und prachen kirchen auf.
Skála, a. a. O.
96, 11
; 97, 12
; Gehring, a. a. O.
637, 14
; Chron. Augsb.
7, 221, 18
; Grothausmann, Stadtb. Karpfen
13, 24
; Mollay, H. Kottanerin
17, 8
; Bauer, Haller. Hieronymus-Br.
117, 5
; Maaler
31r
; Dietz, Wb. Luther
1, 124
; Rwb
1, 853/54
; Preuss. Wb. (Z)
1, 225
; Pfälz. Wb.
1, 365
; Schweiz. Id.
5, 327
.4.
›(bei jm.) einbrechen, mit Gewalt eindringen; etw. (z. B. eine Stadt) einnehmen, besetzen‹; Synekdoche zu 3.Bedeutungsverwandte:
vgl. abgewältigen
Belegblock:
Chron. Augsb.
3, 11, 2
(schwäb.
, E. 15. Jh.
): do ward in bottschaft gethaun, die herren von Payren hetten Rietenpurch aufgebrochen und wären an das land komen gen Aichach.
Winter, Nöst. Weist.
2, 318, 29
(moobd.
, 1512
): Ob mon ainem wolt aufprechen oder sein guet stellen.
Ebd.
4, 397, 8
(1455
): ob di feint so mueleich wërn und wolten aufprechen.
Turmair
5, 245, 34
(moobd.
, 1522
/33
): lies also aufbrechen die clausen umb das pirg umb Cascha die stat.
5.
›etw. (Landstücke, Wiesen) umbrechen, pflügen (und sie dadurch zu Kulturland machen)‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. 1
ackern
aufären
aufbrachen
Syntagmen:
den (-)garten, die almende / (-)matte, das (-)werk a.
, mit Verschiebung des Obj.: [eine bestimmte Anzahl] manwerk a.
Belegblock:
Lamprecht, Dt. Wirtschaftsl.
3, 195, 21
(mosfrk.
, 1346
): sollen wir von nuwens uf duͦn brechen
[hierher?]
zwene morgen wingarten und die bereiten. Welti, Stadtr. Bern
579, 10
(halem.
, 1438
): sol die hofmatten nieman vffbrechen, sunder in hoͤwwachs lassen beliben.
Rennefahrt, Zivilr. Bern
267, 9
(halem.
, 1752
): er sol ouch dheins jars über obbemelter zal nit ufbrächen, insunderheit in den matten gar dhein korn, haber, noch anders buwen.
Serranus
17r
; Rwb
1, 853
; Schweiz. Id.
5, 327
.6.
in der Wendung den berg aufbrechen
›mit der Weinlese beginnen‹.Belegblock:
Winter, Nöst. Weist.
1, 138, 1
(moobd.
, um 1630
): kainer soll den perg aufbrechen allain es wehre von dem richter ain gmainer lusttag verkindt.
Ebd.
250, 37
(1630
): das niemant an den zwaien pergen eher darf lesen biß das ain herr zu Stixenstain oder sein anwalt den perg aufbricht.
7.
›aufspringen, sich lösen (z. B. von Fesseln)‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. aufbersten
Belegblock:
Brandstetter, Wigoleis
214, 40
(Augsb.
1493
): von dem sich die starck wide zerloeset vnd aufprach.
8.
›sich öffnen, aufgehen, auftun‹, von sehr unterschiedlichen Bezugsgegenständen gesagt. Hierher wohl ›sich brüsten‹ als metaphorische Verwendungsweise (Dietz, Wb. Luther
).1, 125
Bedeutungsverwandte:
vgl. aufgehen
aufknappen
aufbrüsten
Belegblock:
Luther. Hl. Schrifft.
1. Mose 7, 11
(Wittenb.
1545
): das ist der tag, da auffbrachen alle Brünne der grossen Tieffen.
Bihlmeyer, Seuse
173, 14
(alem.
, 14. Jh.
): ich merck iez an mir selb, [...] daz mir der beschlossen mund miner sele gen dir ist uf gebrochen.
Päpke, Marienl. Wernher
2948
(halem.
, v. 1382
): ZeRome ain olei brunne uf brach, | So miltekliche vast uf qual.
Ebd.
3161
: Der bluͦme balde wuͦchs zestunt, | Das er wart gross und da bi wit | [...] | Und von im selber uf brach: | Dar us man ainen vogel sach | Komen.
Maaler
495v
; Apherdianus
42
; Preuss. Wb. (Z)
1, 225
; Pfälz. Wb.
1, 365
.9.
›entstehen, ausbrechen‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. anerheben
aufblatern
auferheben
auferlaufen
auferstehen
aufgehen
auflaufen
Belegblock:
Chron. Augsb.
4, 45, 5
(schwäb.
, v. 1536
): solicher widerwil und feindschafft ist diser gestalt auffprochen.
Maaler
31r
(Zürich
1561
): Wider Aufbraͤchen / erger vnnd boͤser [...] werden.
10.
›offenkundig werden‹; resultativ zu 9.Belegblock:
Chron. Augsb.
6, 21, 23
(schwäb.
, 1513
): da brach auf ir grosse puͦberei.
11.
›(ein Urteil) eröffnen, bekannt geben‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. abkünden
Syntagmen:
ein urteil a.
Belegblock:
Rwb
1, 853
(14. Jh.
).12.
›aufbrechen, abziehen‹; vereinzelt: ›(zu etw.) aufbrechen, sich (zu etw.) anschicken‹.Phraseme:
sich (vom bet) a.
›sich vom Krankenlager erheben‹.Bedeutungsverwandte:
abziehen
anwegziehen
anweg
aufsein
aufmachen
ausziehen
davonziehen
fürbasziehen
anbrechen
auferheben
auffaren
aufheben
aufjucken
Belegblock:
Chron. Köln
2, 374, 6
(Köln
1499
): van vergaerrungen vremdes volks, dat sich upbrach ind widderlachte intgein dat roemsche rich.
Gille u. a., M. Beheim
104, 481
(nobd.
, 2. H. 15. Jh.
): Der kung prach auff und zach fur pas.
Ebd.
453, 3037
: Von den habtlewten, wann sie | auff brechen und auss ziechen hie | Auss diser stat.
Roder, Hugs Vill. Chron.
184, 25
(önalem.
, 1529
): so ist er och uffgebrochen hin und anweg zogen.
Boos, UB Aarau
332, 22
(halem.
, 1483
): welcher soͤlichs gestúrm, uflouf fúr sich selbs machte oder anfienge und ufbrech.
Chron. Augsb.
2, 17, 29
(schwäb.
, Hs. 16. Jh.
): [die herren] prachen in der nacht auf und zugen eilends darvon.
Ebd.
249, 18
: prach sie [ir huet] auf und an sie und stachen die von Höchstett under die geul.
Gille u. a., a. a. O.
453, 3106
; Wickram
4, 26, 4
; Eschenloher. Medicus
70, 4
; Schöpper
113a
; Maaler
31v
; Golius
166/67
; Dietz, Wb. Luther
1, 124/25
; Preuss. Wb. (Z)
1, 225
; Schweiz. Id.
5, 329
.13.
›(Geld) von jm. aufnehmen, ausleihen‹.Halem.
Bedeutungsverwandte:
entlehen
aufborgen
Syntagmen:
geld
(mehrmals) / [eine best. Anzahl] gulden a., gülte zu js. händen a.
; dem aufbrechenden etw. aufdringen.
Belegblock:
Rennefahrt, Recht Laupen
25, 37
(halem.
, 1480
): des uͥberzynß halb, so der selbig uffgebrochen hat, namlich 20 gulden.
Ders., Zivilr. Bern
287, 1
(halem.
, 1613
): Es habend iren vil [...] zur liederligkeit und wollüsten gelt uffbrochen.
Ebd.
751, 12
(1615
): das alsdann weder syn verlaßne wittfrauw, noch auch die kindt utzit kauffen, verkauffen, thuschen, gelt uffbrechen noch auch einiche zerung ufftryben [...] soͤllind.
Tobler, Schilling. Bern. Chron.
2, 177, 22
(whalem.
, 1484
): brachen ouch das gelt zuͦ Strasburg in der stat von erbern lúten umb den zins uf.
Welti, Stadtr. Bern
284, 4
; Schweiz. Id.
5, 327
; Rwb
1, 853
.14.
›jn. (Soldaten, Kriegsvolk) mobil machen, in Sold nehmen‹.Bedeutungsverwandte:
aufwiegeln
aufbringen
Syntagmen:
knechte / soldiere / gotshausleute / eidgenossen, eine compagnie a.
Belegblock:
Schweiz. Id.
5, 327/28
(a. 1439ff.
).