anwalt,
der
;-s/-e
(+ Uml.), auch -Ø
(+ Uml.), auch -en.
1.
›Beauftragter, Bevollmächtigter von jm. (auch von Gruppen); Sachwalter, Rechtsvertreter; Stellverteter von jm.‹, allgemein: ›j., der Vollmacht von jm. hat und diese ausübt‹; Verwendung in unterschiedlichsten Geschäftsbereichen, vor allem in der Diplomatie, in der Landesverwaltung, im Rechtswesen, vereinzelt auch im Bereich der Kirche für den Stellvertreter des Bischofs; differenzierte Aufschlüsselung der Funktionen im Rwb 1, 766
-772; offen zu 3.Zur Sache: Hrg
1, 182
-191.Bedeutungsverwandte:
amptman
befelhaber
fürsprecher
gesandte
gewalthaber
machtbote
sachenfürer
procurator
vormund
angewalter
anwältige
anwart
der
), anweiser
advocat
Syntagmen:
einen a. schicken
; a.
(Sub.) erscheinen / sein entgegen / handeln / übergeben artikel / tun verantwortung / prozedieren / verfüren ein urteil
; des a. bedürfen
; dem a. etw. übergeben
; etw. wieder den a. sagen, etw. durch den a. tun / anfechten, ane des a. wissen
; konstituierter / untersezter / volmächtiger a.
; gunst des a.
; a. des herzogs / bruders / bundes, der gegend, der gotteshausleute.
Wortbildungen:
anwaltsetzung.
Belegblock:
Toeppen, Ständetage Preußen
3, 149, 21
(preuß.
, 1453
): Auff das antwurt des bunts anwelten redner: diser artickl sey nit anders gesatzt, dann [...].
Schoop, Qu. Düren
30, 39
(rib.
, 1604
): eine verstendige, bequeme Person mit genugsamer Vollmacht [...] welcher constituirter Anwald sich auch anderer Gestalt nit [...] verhalten.
Aubin, Weist. Köln/Brühl
184, 5
(rib.
, 1635
): mit erlaubnus des richters selbsten oder durch seinen anwald.
Schwartzenbach B VIr (
Frankf.
1564
): Anwald. Gewalthaber. Befelchhaber. Einer der ein vollmacht hat/ das ist/ der auß gegebnem gewalt eines andern sachen vnd geschefft handelt/ vñ in Recht vertritt.
Köbler, Ref. Wormbs
121, 27
(Worms
1499
): W Ann auch wider einen Procurator oder Anwalt vßgezogen vñ gesagt würde. er hette nit gewalt.
Doubek u. a., Schöffenb. Krzemienica
453
(schles. inseldt.
, 1470
): ap sÿ ÿm das erbe [...] freÿ vnd ledig geloen von ÿn und awch von iren kinder vnd awch von iren anwaldern.
Chron. Nürnb.
4, 430, 18
(nobd.
, 15. Jh.
): was dem selben anwallten also in antwurt entsteet, das sollen sie protestiern.
Kohler u. a., Bamb. Halsger.
240, 3
(Bamb.
1507
): es sol der beclagt in disem fall an der Zent durch keinen Anwalt sein verantworttung thun moͤgen.
zu Dohna u. a., Staupitz/Scheurl
2, 232
(Nürnb.
1517
): der anwalt im gericht stets handelt und procedirt, der keinen termin versoumet.
Graf-Fuchs, Ämter Interl./Unterseen
263, 8
(halem.
, 1491
): das ettlich der unsern [...] vogthoͤrige guͤter mit úberzinsen [...] beladen, aͧn desselben lobwirdigen gottzhus und ir anwaͤllt wússen.
Müller, Alte Landsch. St. Gallen
245, 27
(halem.
, 1525
): der gmeind [...] vollmechtig gwalthaber, namlich Claus Riser und Hans Jäck von Tübrunnen als vollmechtig anwält mit bistand der andern geginen und gotzhuslüten machtboten.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu.
1, 154, 32
(schwäb.
, 1699
): Mag und kan eine gaistliche person, wann sie vor ambt waß zu verrichten hat, einen anwalt schicken.
Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 700, 31
(schwäb.
, um 1585
): wa dann der hauptsacher oder sein anwald, mit sonderer gewalt deßhalben verfast, solchen ayd der expenß thete.
Chron. baier. Städte. Regensb.
47, 14
(noobd.
, 1522
): der pischoff und ein rath sollen ire anwelden und potschafften mit ganzem volmechtigen gwaldt gein München khomen.
Mollay, Ofner Stadtr.
369, 4
(ung. inseldt.
, 1. H. 15. Jh.
): Alle vrtail, dÿ auff dem Rathauß gesprochen werden, schol der Richter ader seÿn an waldt verfuren.
Grothausmann, Stadtb. Karpfen
57, 17
(mslow. inseldt.
, 1571
): so haben śie dieśe śach [...] vor einem Erbaren Rechten Zue handeln, dem Herr Jacob Lym Perkh vnnd Linhart [...] als Vollmechtigen Anwaldten vbergeben.
Toeppen, a. a. O.
34, 18
; Laufs, Reichskammergo.
107, 8
; Weizsäcker, Graupn. Bergb.
63, 4
; Kohler u. a., a. a. O.
176, 9
; Merk, Stadtr. Neuenb.
79, 23
; Graf-Fuchs, a. a. O.
262, 9
; Müller, a. a. O.
161, 2
; 199, 26
; Müller, Lands. St. Gallen
32, 17
; Gehring, a. a. O.
58, 28
; Chron. Augsb.
7, 317, 14
; Leidinger, V. Arnpeck
687, 16
; Brunner, Rechtsqu. Krems u. Stein
184, 11
; Koller, Reichsreg. Albr. II.
157, 9
; Siegel u. a., Salzb. Taid.
18, 7
; Winter, Nöst. Weist.
2, 967, 26
; 3, 122, 36
; Uhlirz, Qu. Wien
2, 1, 1595, 2
; Wopfner, Bauernkr. Tirol
8, 11
; 13, 2
; Bretholz, Liechtenst. Herrsch.
339, 20
; Schöpper
90b
; Maaler
28r
; 476r
; Hulsius 5v;
Henisch
87
; Trübner, Dt. Wb.
1, 111
/12; Dietz, Wb. Luther
106
/7; Haltaus
47
; Pfälz. Wb.
1, 296
; Bad. Wb.
1, 65
; Schwäb. Wb.
1, 281
; Rwb
1, 774
; Wmu
1, 123
; Goertz, Liturgie.
1977, 194
.2.
an 1 anzuschließen: der bœsen anwalt, der sünden anwalt
›Teufel‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. ackerman
anfechter
Belegblock:
Karsten, Md. Paraphr. Hiob
1846
(omd.
, 1338
): di armen di hi muzen | Liden betrubnis manicvalt | Von der bosen anewalt.
Kochendörffer, Tilo v. Kulm
684
(preuß.
, 1331
): Darzu hat dich erwecket | Dez menschen bild beclecket, | Gar vorschaffen und vorstalt | Von der sunden ane walt.
3.
›Beamter, eingesetzter Hoheitsträger (auf allen Stufen der Exekutive vom herrschaftlichen Kanzler bis zum Dorfschultheiß)‹.Bedeutungsverwandte:
amptman
diener
gebietiger
hauptman
pfleger
richter
schultheis
vikar
vogt
anwalter
Syntagmen:
a. verbieten etw. / pfänden / stillen aufrur
; dem a. antworten / etw. anzeigen / untertan sein / gehorsam sein / dienstbar sein
; etw. mit dem a. schaffen, durch den a. zins kaufen, durch den a. gebüst / gestraft werden, sich gegen den a. abfreien
; a. der keiserlichen majestät, des königs / bischofs / reiches
; ane wissen / willen des a., rat des a.
Wortbildungen:
anwaltstube
Belegblock:
Toeppen, Ständetage Preußen
2, 621, 36
(preuß.
, 1444
): mit rathe der hirschaft ader erer anwalden.
Ziesemer, Proph. Cranc Dan.
3, 94
(preuß.
, M. 14. Jh.
): do samenten sich satrapen, meistir, richter und anwalden des kunigis.
Loersch, Weist. Boppard
186, 2
(mosfrk.
, 17. Jh.
): der sal zuvorn [...] des gruntherns anwalt und diener rufen.
Behrend, Magd. Fragen
203, 28
(omd.
, um 1400
): des worde her angesprochen von des herren anewalden.
Röhrich u. a., Cod. Dipl. Warm.
4, 435, 23
(1432
): daß er durch sein anwalde in seinem bischthumb wolde semlichenn zinß uff einenn widerkauff lassen keuffenn.
Bindewald, Texte schles. Kanzl.
33, 22
(schles.
, 1372
): sullen keyner vns’r hoferichtere, lantfoͤgete, richtere adir Anewalden yn vnd uff demselbñ gute siczen.
Wutke, Schles. Bergb., Cod. Sil.
20, 127, 14
(schles.
, 1497
): des konigkreichs zu Bemen oberster schenke der lande und sechssstete Budissen Gorlitz Sitaw etc. voit und anwalt.
Müller, Grafsch. Hohenb.
2, 249, 12
(schwäb.
, 1449
/50
): Michel Lendly gen Rinvelden ze löffend zu mins heren von Österrich anwälden = 38 ₰ h.
Wintterlin, Würt. Ländl. Rechtsqu.
1, 782, 14
(schwäb.
, 1598
): welcher solches nit thuet, soll [...] yedem schätzer, schuldtes und anwalt ain maß wein und ain prot für sein mühe bezahlen.
Leidinger, V. Arnpeck
688, 46
(moobd.
, v. 1495
): der kayserlichen majestat anwald margraf Fridrich von Brandeburg [...] sind komen in di stat Rengspurg.
Turmair
4, 352, 11
(moobd.
, 1522
/33
): Antipatrus, der anwalt Alexanders, schluegs, lag ob und stilt die aufruer.
Ebd.
5, 19, 27
(moobd.
, 1522
/33
): der kaiserisch und des heiligen römischen reichs vogt, vicari und anwalt, Dieterich von Bern.
Mell u. a., Steir. Taid.
264, 48
(m/soobd.
, 1359
): gebieten wir allen unsern haubtleuten, anwälden, pflögern, richtern und ambtleuten.
Siegel u. a., Salzb. Taid.
111, 4
(smoobd.
, Hs. 1405
): welcher meiner gnedigen frawen ambtman und iren anwalden nicht gehorsam wer.
Bischoff u. a., Steir. u. kärnt. Taid.
35, 29
(m/soobd.
, 1508
): der meins herrn von Admund phleger, ambtleuten oder iren anbalten und dienern weren wolt zu phenden.
˹Zur Wbg.: Siegel u. a., a. a. O..
5, 30
(smoobd.
, Hs. 17. Jh.
): der soll dingen von erst auf unser anwaltstuben.
˺
Kochendörffer, Tilo v. Kulm
2418
; 4142
; Toeppen, a. a. O.
4, 71, 9
; 310, 10
; 631, 27
; Leman, Kulm. Recht
3, 46
; Kollnig, Weist. Schriesh.
306, 3
; Brinkmann, Bad. Weist.
168, 5
; Röhrich u. a., a. a. O.
209, 23
; Gille u. a., M. Beheim
309a
, 167; 453, 1361
; Müller, Lands. St. Gallen
7, 24
; Gehring, Würt. Ländl. Rechtsqu.
3, 42, 6
; Grossmann, Unrest. Öst. Chron.
150, 7
; Leidinger, a. a. O.
634, 24
; Winter, Nöst. Weist.
1, 33, 36
; Bischoff u. a., a. a. O.
27, 13
; 367, 18
; Rwb
1, 766
-772.4.
›Anstifter, Urheber von etw. als j., der aus eigener Kraft handelt‹.Bedeutungsverwandte:
vgl. anfänger
anstifter
Belegblock:
Strehlke, Nic. Jerosch. Chron.
19866
(preuß.
, um 1330
/40
): dô sus dî gemeine dît | sach ir anewaldin | sich zu den brûdrin haldin.